Praxis

Reduktion der Medikamentengabe auf zweimal täglich?

Eine Patientin hat häusliche Pflege mit folgender Begründung verordnet bekommen: schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und Restless-legs-Syndrom. Sie erhält die laut Medikamentenplan (s. u.) aufgeführten Arzneimittel. Kann bei den bestehenden Diagnosen ohne eine Gefährdung oder Verschlechterung der medizinischen Versorgung die Medikamentengabe auf zweimal täglich (morgens und abends) reduziert werden?
Die Antwort gibt Apothekerin Dr. Carolin Schuhmacher, Regionales Arzneimittel-informationszentrum der LAK Baden-Württemberg, Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen

Auffällig ist, dass die Patientin für die Diagnose "schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome" keine Medikamente verordnet bekommt. Daher ist ganz besonders zu prüfen, ob die Reduktion der persönlichen Betreuung auf morgens und abends anstelle eines dreimal täglichen Pflegebesuchs aus psycho-sozialen Gesichtspunkten vertretbar ist.

Requip® 2 mg ist das einzige Medikament aus dem Medikamentenplan der Patientin, das für eine der beiden oben genannten Diagnosen zur Anwendung kommt. Der Wirkstoff Ropinirol – in Requip® enthalten – wird als Dopaminagonist beim Restless-legs-Syndrom eingesetzt. Die Dopaminagonisten Ropinirol und Pramipexol gelten momentan neben der Therapie mit L-Dopa als Mittel der Wahl bei der Behandlung des Restless-legs-Syndroms. Zugelassen ist Requip® jedoch nur für die Behandlung des Morbus Parkinson, nicht für die Therapie des Restless-legs-Syndrom.

Bei der Reduktion der Medikamentengabe auf eine zweimal-tägliche Gabe geht es in erster Linie um die Gabe von Requip® 2 mg (1/2-1/2-1). Bei der Patientin liegt die Gesamttagesdosis von Ropinirol bei 4 mg. Prinzipiell bestehen zwei Möglichkeiten, die Einnahmehäufigkeit des Wirkstoffs Ropinirol zu reduzieren.


Medikationsplan

Medikament
morgens
mittags
abends
zur Nacht
Ramipril® plus
5 mg/25 mg
1
0
0
Requip® 2 mg
½
½
1
Pantoprazol 20 mg
1
0
0
Folsan® 5 mg
1
0
0
Vigantoletten® 1000 IE
1
0
0
Tardyferon®
1
0
1
Baldrian Dispert®
0
0
2
Macrogol Btl
1
(1)
0
Vitamin B12 Injektion s.c.
1 x wöchentlich
Zopiclon 3,75 mg
0
0
1
Melperon 25 mg
1 – 2

Umstellung auf Requip® Modutab

Requip® Modutab ist eine Retardtablette, die einmal täglich gegeben wird. Sie ist in der 4 mg-Stärke im Handel, was der Tagesgesamtdosis der Patientin entspricht. Requip® Modutab ist wie Requip® nur für die Behandlung des Morbus Parkinson zugelassen, die Behandlung des Restless-legs-Syndroms mit Requip®-Modutab ist ein Off-label-Gebrauch.

Umstellung auf Adartrel®

Adartrel® ist eine Filmtablette, die für die Behandlung des Restless-legs-Syndroms zugelassen ist. In klinischen Studien betrug die durchschnittliche Dosis bei Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Restless-Legs-Syndrom 2 mg (1 Tablette) einmal täglich. Bei einigen Patienten kann es jedoch notwendig sein, die Dosis schrittweise bis zu einer Höchstdosis von 4 mg (2 Tabletten) einmal täglich zu erhöhen, um eine optimale Wirkung zu erreichen.

Adartrel® sollte einmal täglich, kurz vor dem Zubettgehen, eingenommen werden, die Einnahme ist jedoch auch bis zu drei Stunden vorher möglich. Vorteil der abendlichen Gabe ist die eventuelle Verhinderung einer übermäßigen Müdigkeit und Schlafattacken untertags, beides sind bekannte Ropinirol-Nebenwirkungen.

Dosis anpassen!

Jedoch muss bei einer evtl. Umstellung auf Requip® Modutab oder Adartrel® auf eine sorgfältige Dosisanpassung geachtet werden, was eine engmaschige Beobachtung und Betreuung der Patientin zu Beginn der veränderten Medikation erfordert.

Umstellung auf Rotigotin-Pflaster

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Umstellung auf den Dopaminagonisten Rotigotin in Form der transdermalen Pflaster Leganto® oder Neuro®. In den Dosierungen 1 mg/24 h, 2 mg/24 h und 3 mg/24 h sind die Arzneimittel auch für die Indikation Restless-legs-Syndrom zugelassen. Das transdermale Pflaster wird einmal täglich angewendet mit dem Vorteil einer kontinuierlichen Wirkstofffreisetzung über 24 Stunden. Ein Pflasterwechsel sollte täglich etwa zur gleichen Zeit erfolgen.

Bedarfsmedikation Macrogol

Die weitere mittägliche Medikamentengabe betrifft die Verabreichung von Macrogol-Beuteln zur Behandlung oder Prophylaxe der chronischen Obstipation. Macrogol bindet Flüssigkeit im Darmlumen, das Stuhlvolumen wird vergrößert, aufgrund des Wirkmechanismus ist der Wirkeintritt stets verzögert. Bei der Patientin ist die mittägliche Gabe nicht regelmäßig verordnet, sondern nur bei Bedarf. Diese Gabe könnte evtl. auf den Abend verschoben werden, wenn mit Arzt und Pflegepersonal die Empfindlichkeit der Patientin auf Macrogol abgeklärt ist, denn die Nachtruhe sollte keinesfalls gestört werden.


Die Antwort kurz gefasst


  • Die Medikamentengabe der Patientin könnte aus pharmazeutischer Sicht auf eine zweimal tägliche Gabe umgestellt werden.

  • Hierzu wäre die Umstellung von Requip® auf Requip® Modutab, Adartrel® oder ein Ropinirol-Pflaster notwendig.

  • Die Möglichkeit der Verschiebung der Macrogol-Bedarfsmedikation auf eine abendliche Gabe muss geprüft werden.

  • In Unkenntnis der klinischen und sozialen Situation der Patientin können diese Umstellungen nur dann empfohlen werden, wenn mit dem behandelnden Arzt die patientenindividuelle Situation abgeklärt wurde und die Umstellung insbesondere der Ropinirol-Medikation unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt wird.


Autorin
Dr. Carolin Schuhmacher, Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen, Vöhrenbacher Str. 23, 78050 Villingen Schwenningen



DAZ 2011, Nr. 46, S. 63

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