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Arzneimittel und Therapie
Selbstmordgefahr unter Vareniclin besonders hoch?
Um zu ermitteln, ob Depressionen und suizidales Verhalten unter Vareniclin und Bupropion in gleichem Ausmaß auftreten, wurden die im Adverse-Event-Reporting-System in der Zeit zwischen 1998 und September 2010 erfassten Meldungen zu Nebenwirkungen unter einer Raucherentwöhnung ausgewertet. Dabei wurden 3249 Fälle identifiziert. 2925 betrafen Vareniclin (90%), 229 (7%) Bupropion und 95 (3%) eine Nicotin-Ersatztherapie. Insgesamt wurden 295 Suizidfälle registriert. 272 standen in Zusammenhang mit Vareniclin, 19 mit Bupropion und vier mit einer Nicotin-Ersatztherapie.
Im Vergleich zur Nicotin-Ersatztherapie war das Risiko für Depressionen, suizidales Verhalten oder Suizid unter Vareniclin (Odds Ratio 8,4) deutlich größer als unter Bupropion (OR 2,9). Die Autoren empfehlen daher, Vareniclin aufgrund dieser und weiterer Risiken nicht als Mittel der ersten Wahl zur Raucherentwöhnung einzusetzen [1].
Einige der Autoren der AERS-Studie hatten vor kurzem in einer Metaanalyse ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko für Vareniclin ermittelt [2]. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hatte jedoch Zweifel an der Aussagekraft der Analyse, so unter anderem wegen der geringen Zahl der Ereignisse, einer höheren Drop-out-Rate in der Placebogruppe und fehlender Informationen zum Zeitpunkt der Ereignisse.
Pfizer kritisiert Schlussfolgerungen
Pfizer erklärte auf Anfrage, dass man die Interpretation der AERS-Daten durch die Autoren nicht teile. Die veröffentlichte Analyse der Post-MarketingBerichte von Moore et al. biete keine belastbaren medizinischen Informationen. Sie basiere ausschließlich auf Post-Marketing-Berichten, das heißt auf nach der Markteinführung eingegangenen Meldungen über unerwünschte Ereignisse. Diese Meldungen seien der FDA bereits seit Längerem bekannt. Die Datenbasis, auf der die Auswertung von Moore et al. beruht, seien reine Nebenwirkungsmeldungen. Es sei deshalb nicht möglich, einen Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme eines Medikamentes und dem Auftauchen einer Arzneimittelnebenwirkung herzustellen. Häufig würden in diesen Berichten ausreichende medizinische Informationen für eine aussagekräftige Beurteilung fehlen. Aufgrund dieser Einschränkungen seien Schlussfolgerungen, die auf Vergleichen zwischen unterschiedlichen Medikamenten und unterschiedlichen Meldeziffern basieren, nicht verlässlich.
Pfizer betont, dass die Schlussfolgerung der Autoren aktuellen wissenschaftlichen Analysen sowohl der FDA und der EMA als auch den Daten aus klinischen Studien widersprechen. Beide Behörden hätten auf Basis aller aktuell vorliegender Sicherheits- und Studiendaten von Vareniclin wiederholt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für Champix® bescheinigt. Die FDA habe noch am 24. Oktober 2011 die Ansicht vertreten, dass auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Daten der Nutzen des Präparats die Risiken überwiegt und dass die Warnhinweise in aktuellen informierenden Texten zu Champix® angemessen seien. Im Juli 2011 hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA ebenfalls eine positive Nutzen-Risiko-Bewertung für Vareniclin abgegeben.
Studien zur Klärung laufen
Die zu Champix® durchgeführten klinischen Studien haben laut Pfizer bislang nicht gezeigt, dass Vareniclin die beschriebenen schwerwiegenden neuropsychiatrischen Ereignisse verursacht. Pfizer führt aktuell Studien zur Anwendung von Vareniclin bei Patienten mit neuropsychiatrischen Vorerkrankungen durch. So läuft derzeit eine Studie zur Untersuchung der Sicherheit und der Wirksamkeit der Raucherentwöhnung mit Champix® bei depressiven Patienten. Die Ergebnisse werden für Ende 2012 erwartet. Zudem läuft eine groß angelegte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie zur Sicherheit von Vareniclin, in deren Rahmen die neuropsychiatrische Sicherheit bei Patienten mit und ohne psychische Erkrankungen beurteilt wird. Die Ergebnisse werden für das Jahr 2017 erwartet.
Quelle[1] Moore TJ et al: Suicidal Behavior and Depression in Smoking Cessation Treatments. PLOS one 6 (11): e27016. doi: 10.1371/journal.pone.0027016[2] Singh S et al.: Risk of Serious Andverse Cardivascular Events associated with Varenicline. CMAJ 2011; 183: 1359 – 1366.
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