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Apotheker wollen Versorgungskonzept entwickeln

AUGSBURG (daz). Sind inhabergeführte Apotheken fähig und bereit, weitere Effizienzreserven im Gesundheitssystem zu heben, indem sie kostenintensive Chroniker (Typ 2-Diabetiker) in besonderem Maße betreuen? Rund 400 Apotheken der Kooperation "Guten-Tag-Apotheken" wollen ihre Diabetes-Patienten intensiver betreuen und deren Bereitschaft eruieren. Ein Patientenforschungsprojekt hierzu, durchgeführt von Prof. Riegl, Institut für Management im Gesundheitsdienst, wird Befragung und Auswertung der Daten vornehmen.
Foto: DAZ/diz
Prof. Dr. Gerhard F. Riegl

Wir sprachen mit Prof. Dr. Gerhard F. Riegl, wie das Projekt abläuft und welche Intentionen hiermit verbunden sind.


DAZ:

Herr Professor Riegl, Sie haben einen Auftrag der Kooperation "Guten Tag Apotheken" erhalten, eine Befragung bei Diabetikern dieser Apotheken durchzuführen. Was ist das Ziel dieser Befragung?

Riegl: Wir wollen mit dieser Befragung herausfinden, ob die Patienten bereit sind, bei einem Programm für eine intensive Betreuung mitzumachen. Zugleich möchten wir auch ermitteln, in welchem Gesundheitszustand sich die Patienten befinden, konkret: wie häufig sie beispielsweise ins Krankenhaus müssen, wie häufig sie einen Notdienst aufsuchen müssen. Daraus sollen Fakten abgeleitet werden, wie man bestimmte Kosten vermeiden könnte, wenn diese Patienten intensiv betreut werden.


DAZ: Wonach fragen Sie in der Befragung konkret?

Riegl: Es dreht sich darum, ob die Apotheke die ideale Betreuung für Diabetiker leisten kann, selbstverständlich in Ergänzung zum Arzt. Weitere Fragen drehen sich darum, wie der Patient sich bisher versorgt, ob es bei seiner Versorgung durch eigenes Verschulden eventuell gewisse Lücken gegeben hat. Wir wollen letztlich feststellen, welche Entgleisungspotenziale möglich sind. Und wie oft er im Quartal seinen Hausarzt aufsucht, um sich dort betreuen zu lassen. Durchschnittlich besuchen Diabetiker vier bis fünf Mal im Quartal ihren Hausarzt. Wir fragen dies auch vor dem Hintergrund der Prognose, dass in den nächsten zehn Jahre nur noch die Hälfte der Hausärzte vorhanden sein könnte. Da erhebt sich die Frage: Wie läuft die Versorgung ab, wenn diese Hausärzte dann doppelt so viele Kranke betreuen müssen?


DAZ:

Wie läuft die Befragung im Einzelnen? Erhalten die Patienten einen Fragebogen, den sie zuhause ausfüllen oder zusammen mit dem Apotheker in der Apotheke?

Riegl: Der Datenschutz ist absolut gewährleistet. Die Apotheken mit einer entsprechend großen Anzahl an Diabetikern – wir rechnen damit, dass jede der teilnehmenden Apotheken etwa 200 bis 300 Diabetiker hat – geben den Fragebogen mit nach Hause. Die Diabetiker füllen diesen Bogen aus und schicken ihn an unser Institut zurück, wo er dann ausgewertet wird. Wir können dann feststellen, inwieweit in manchen Apotheken die Betreuung stärker ausgeprägt ist als in anderen. So lässt sich auch eine Benchmark finden.


DAZ: Wie viele Apotheken werden an der Untersuchung teilnehmen?

Riegl: Etwa 400 Apotheken werden bei dieser Untersuchung mitmachen, im Prinzip also alle Guten-Tag-Apotheken.


DAZ:

Neben dem Ziel herauszufinden, wie gut die Diabetiker-Betreuung in diesen Apotheken ist und wie die Patienten von einer guten Betreuung durch die Apotheke profitieren können, gibt es noch weitere Ziele?

Riegl: Ja, wir wollen auch den Krankenkassen zeigen, ob Diabetiker durch eine apothekerliche Betreuung einen Nutzen haben und wenn ja, welchen. Immer wieder wird von verschiedenen Seiten angeregt, die Apotheken sollten Studien vorlegen, mit denen sie nachweisen können, welche Effekte sie mit einer intensiven Betreuung von Patienten erzielen wollen und können. Wir können natürlich keine Langzeitstudie über fünf Jahre durchführen, aber wir wollen durch die Einstufung der Patienten in bestimmte Gruppen mit unterschiedlichen Risikopotenzialen und mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden zeigen, dass die Arzneimittelkosten von Patienten, die in entsprechenden Compliance-Programmen sind, reduziert werden können. Gelingt es zum Beispiel aufgrund der intensiven Betreuung durch die Apotheke, einen Noteinsatz eines Arztes oder eine Notaufnahme in ein Krankenhaus zu verhindern oder zu reduzieren, dann rechnet sich diese Betreuung.


DAZ:

Die Intention dieser Untersuchung geht auch in Richtung ABDA/KBV-Konzept, mit dem ebenfalls die Vorteile einer intensiven Patientenbetreuung durch die Apotheke gezeigt werden sollen. Sind hier Überschneidungen zu erwarten?

Riegl: Nein, in keiner Weise. Auch von Seiten der ABDA wird diese Untersuchung nicht kritisiert mit dem Hinweis, es sei eine gute Sache, wenn man auch auf diesem Weg positive Ergebnisse vorlegen könnte. Unsere Studie beschränkt sich zudem auf Diabetiker und stellt kein Medikationsmanagement-Programm dar. Es soll lediglich nachgewiesen werden, was der Apotheker bei der Betreuung von Diabetikern leisten kann. Diese Nachweise sollen dann in Verhandlungen mit den Krankenkassen einmünden. Die Guten-Tag-Apotheken wollen also erst den Nachweis erbringen, dass die Betreuung etwas bringt, erst dann mit den Krankenkassen über Möglichkeiten einer Honorierung dieser Leistungen sprechen. Insoweit hoffen wir, dass sich auch nach diesem Interview Krankenkassen mit anspruchsvollen Wünschen und Forderungen melden.


DAZ:

Wie sieht der Zeitplan der Untersuchung aus? Wann kann man mit ersten Ergebnissen rechnen?

Riegl: Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, Anfang des nächsten Jahres startet die Studie. Wir gehen davon aus, dass wir dann erste Ergebnisse ein, zwei Monate später vorlegen können.


DAZ: Vielen Dank für dieses Gespräch.



DAZ 2011, Nr. 45, S. 42

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