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DAZ aktuell
Versandapotheken dürfen Defekturarzneimittel versenden
Die Klägerin – eine Tochtergesellschaft des zu Novartis gehörenden US-Pharmaherstellers Alcon – vertreibt die gemäß § 21 Abs. 1 AMG zugelassene "Injektionslösung Fluorescein Alcon® 10%" als Fertigarzneimittel. Der Beklagte, ein Kieler Apotheker, stellt ebenfalls Einmalspritzen mit einer 10-prozentigen Fluorescein-Injektionslösung her. Diese versendet er – als Inhaber einer Versanderlaubnis nach § 11a ApoG – deutschlandweit. Das Pharmaunternehmen ging gegen den Apotheker vor, weil es der Auffassung war, er dürfe die Lösung nicht im Versandweg vertreiben. Für die Lösung sei eine Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG erforderlich, die der Apotheker nicht besitze. Dieser ging hingegen davon aus, dass er aufgrund der Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG in Verbindung mit der ihm erteilten Versanderlaubnis zum Versand der Einmalglasspritzen berechtigt sei.
Gesetzgeber will keine statische Regelung
Nachdem das Landgericht München die Klage auf Unterlassung und im Folgenden auch das Oberlandesgericht München die Berufung abgewiesen hatten, blieb letztlich auch die Revision für die Klägerin erfolglos. Die Karlsruher Richter entschieden, dass eine Versandapotheke alle Arzneimittel – auch Defekturarzneimittel – versenden darf. Die Klägerin gehe von einer der Rechtslage nicht entsprechenden Beschränkung der Möglichkeit aus, Defekturarzneimittel im Wege des Versandhandels zu vertreiben, so das Urteil. Die Wendung "üblicher Apothekenbetrieb" (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – Zulassungsfreiheit von Defekturarzneimitteln) enthalte ungeachtet dessen, dass Arzneimittel und daher auch Defekturarzneimittel jahrzehntelang regelmäßig in der Apotheke selbst abgegeben wurden, keine "empirisch-traditionelle Komponente". Die Verwendung des unscharfen Begriffs des "üblichen Apothekenbetriebs" mache vielmehr deutlich, dass es dem Gesetzgeber gerade nicht um eine statische Regelung gehe – in diesem Fall hätte er die bereits feststehenden Voraussetzungen für das Inverkehrbringen benannt, so die Richter. Hätte ein überregionaler Versand von Defekturarzneimitteln tatsächlich den Intentionen des Gesetzgebers widersprochen, hätte es nähergelegen, bei der Änderung dieser Vorschrift nicht auf die bestehende Apothekenerlaubnis, sondern auf die Erlaubnis nach § 2 ApoG Bezug zu nehmen.
Das Merkmal "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" sei zudem sprachlich mit dem Merkmal der Herstellung verknüpft. Es sei daher maßgeblich, welche Herstellungstätigkeit vom Gesetz als "üblich" angesehen werde. Dies lasse sich nach den in der Apothekenbetriebsordnung genannten Tätigkeiten bestimmen. Dort ist die Herstellung von Defekturarzneimitteln ausdrücklich genannt (§ 8 ApBetrO).
Letztendlich sei auch die Qualitätssicherung kein Grund für eine räumliche Begrenzung des Versands von Defekturarzneimitteln: Das Gesetz sehe es als selbstverständlich an, dass die Qualität eines Arzneimittels durch seine Versendung keine Einbußen erleiden darf. Um dies sicherzustellen, ordne es an, dass allein diejenigen Apotheken Arzneimittel versenden dürfen, die das entsprechende Qualitätssicherungssystem (§ 11a Satz 1 Nr. 2 ApoG und § 17 Abs. 2 ApBetrO) vorhalten. Zudem sah das Gericht die Sicherheit von Arzneimitteln, die gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG hergestellt werden, dadurch als gewährleistet an, dass diese vor ihrem Inverkehrbringen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Vertretbarkeit vom Arzt und hinsichtlich ihrer Qualität vom für die Herstellung verantwortlichen Apotheker und damit in zweifacher Hinsicht von einer kompetenten und unabhängigen Stelle geprüft werden müssen.
Auch eine von der Klägerin hilfsweise beantragte Beschränkung des Versandes auf den Raum Kiel lehnten die Karlsruher Richter ab: Aus keinem Gesetz ergäben sich Anhaltspunkte für eine regionale Begrenzung des Versorgungs- und Einzugsbereiches einer Apotheke.
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