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Wenn in der Medizin Fehler unterlaufen: Reden ist Gold
Nach der viel beachteten Broschüre "Aus Fehlern lernen" (2008) hat das APS nachgelegt. Mit finanzieller Unterstützung des AOK-Bundesverbandes, der Deutschen Ärzteversicherung und der Allianz entstand "Reden ist Gold". Die Broschüre soll insbesondere Ärzte, aber auch Apotheker und Pflegekräfte anregen, sich verstärkt mit dem Thema Fehlerkommunikation zu beschäftigen. Dies sei in der Vergangenheit noch nicht so gut gelungen, betonte die APS-Vorsitzende Hedwig François-Kettner. Die neue Broschüre soll nun helfen, dies zu ändern. Explizit wird den Akteuren geraten, auf Zwischenfälle vorbereitet zu sein – und zwar schon ehe etwas passiert. Gut wäre es, wenn bereits vor einem Schadensfall ein Leitfaden existiert. Sobald ein Zwischenfall – etwa eine falsche Medikation – bemerkt wird, müsse zügig mit dem Patienten bzw. seinen Angehörigen gesprochen werden. Ebenso allerdings mit den eigenen Mitarbeitern bzw. Vorgesetzten. Ein proaktiver Umgang ist gefragt. François-Kettner betonte, dass es wichtig sei, sein Bedauern zu zeigen und Klärung zuzusagen – all dies offen, ehrlich, faktenorientiert und verbindlich. Im Fokus müsse dabei stehen, die Ursachen zu ergründen und nicht etwa einen Schuldigen zu suchen. Insbesondere Ärzte sollten auch nicht als zuvörderst an ihre Haftpflichtversicherung denken und ihren Verlust fürchten: Eine Entschuldigung bedeutet nicht zwangsläufig den Verlust des Versicherungsschutzes.
Auch für den Projektautor Dr. Jörg Lauterberg, der sonst als beratender Arzt beim AOK-Bundesverband tätig ist, war die Zeit für "Reden ist Gold" reif: "Gravierende Zwischenfälle lösen regelhaft auch bei betroffenen Mitarbeitern Ängste und Unsicherheit aus." Lange habe ein Null-Fehler-Mythos in der Medizin geherrscht – und auch heute ist dieser noch nicht überwunden. Doch wenn Fehler ein Tabu sind, ist man auch nicht vorbereitet, wenn sie passieren. Die hierdurch entstehende Verunsicherung führe häufig zu einer unprofessionellen und gestörten Kommunikation mit den betroffenen Patienten. Auch Lauterberg betont: "Es geht nicht darum, wer schuld ist, sondern was schuld ist." Einige Fehler könnten immer mal unterlaufen: Etwa, wenn ein Chirurg müde ist oder das Pflegepersonal die falsche Tablette rausgedrückt. Aber das APS blickt vor allem auf die abstellbaren Fehler im System. Risiko-Management und Fehlerlernsysteme können hier helfen. Für Lauterberg ist zudem zentral, dass Vorgesetzte und Führungskräfte den offenen und konstruktiven Umgang mit Fehlern vorleben. Nicht zuletzt plädiert das APS dafür, die Patientensicherheit als Thema in die Curricula aller Gesundheitsberufe und deren Fort- und Weiterbildung aufzunehmen. Dies sei auch ein strategisches Hauptziel des Bündnisses für die nächsten fünf Jahre.
Die Broschüre beschreibt unter anderem die Rechtslage, gibt Beispiele für die Kommunikation, Handlungsempfehlungen und bietet eine Checkliste für den Umgang mit Zwischenfällen. Sie hat eine Auflage von 10.000 Stück und wird nun über verschiedene Partner verteilt. Etwa über Krankenkassen, die ihre Versicherten informieren wollen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kammern der Heilberufe und Fachgesellschaften. Auch der größte Versicherer im Krankenhausmarkt – Ecclesia – ist als Verteiler mit an Bord. Überdies kann die Broschüre gegen eine Schutzgebühr (zwei Briefmarken à 1,45 Euro) beim Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. c/o Institut für Patientensicherheit der Universität Bonn, Stiftsplatz 12, 53111 Bonn bestellt werden. Sie kann aber auch auf der Webseite des APS (www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de) kostenlos heruntergeladen werden. Auf der Internetseite finden sich überdies eine Reihe weiterer Informationen und Handlungsempfehlen. Beispielsweise eine "Checkliste zur Arzneitherapiesicherheit im Krankenhaus".
DAZ 2011, Nr. 35, S. 24
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