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- DAZ 30/2011
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Praxis aktuell
Präqualifizierung – hoher Aufwand und Kosten
Präqualifizierung – warum?
Durch zahlreiche gemeldete Unfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von Hilfsmitteln, teilweise mit Todesfolge, sah der Gesetzgeber sich gezwungen, das Zulassungsverfahren zur Abgabe von Hilfsmitteln zu Lasten der GKV neu zu strukturieren. Bereits mit dem GKV-WSG wurden die Weichen für eine Neuordnung des Zulassungsverfahrens gestellt und schließlich mit dem GKV-OrgWG konkretisiert. Als Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung der Hilfsmittel sind
• berufliche,
• allgemeine,
• organisatorische,
• räumliche und
• sachliche Voraussetzungen
zu erfüllen. Diese Voraussetzungen wurden unter Leitung des GKV-Spitzenverbandes mit Vertretern aller Leistungserbringergruppen kontrovers diskutiert und vom GKV-Spitzenverband verabschiedet. Sie haben Gültigkeit für alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die an der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligt sind. Mit diesem Präqualifizierungsverfahren wird damit kassenübergreifend die generelle Eignung des Leistungserbringers für die Abgabe definierter Hilfsmittel überprüft und attestiert. Die Prüfung übernehmen sogenannte Präqualifizierungsstellen, die durch den Spitzenverband der Krankenkassen zugelassen werden müssen. Die Zielsetzung der PQ ist also eine Qualitätsverbesserung der Hilfsmittelversorgung auch durch Ausschluss von Leistungserbringern, die die geforderten Nachweise nicht erbringen können.
GKV-Spitzenverband veröffentlicht Listen
Als Ergebnis der Diskussionen hat der GKV-Spitzenverband mit Verspätung Listen veröffentlicht, aus denen die Anforderungen und Voraussetzungen für die Präqualifizierung von Hilfsmitteln bezogen auf einzelne Leistungserbringergruppen hervorgehen. Neu ist, dass ein fachlicher Leiter definiert wird, der für die Durchführung aller Maßnahmen verantwortlich ist. Die Erfüllung der geforderten Kriterien muss jeweils durch Eigenerklärung, Fotokopie oder Fotodokumentation nachgewiesen werden. Die Präqualifizierung gilt dann kassenübergreifend für fünf Jahre. Anschließend ist eine "Re-Präqualifizierung" erforderlich, deren Umsetzung noch offen ist.
Abkehr von der Einteilung in die Hilfsmittelgruppen
In der Vergangenheit wurden die Hilfsmittel in drei Gruppen unterteilt: Gruppe 1 für individuell gefertigte Hilfsmittel (beispielsweise Prothesen), Gruppe 2 für Hilfsmittel mit individueller Anpassung (beispielsweise Rollatoren) und Gruppe 3 für Hilfsmittel ohne weitere Zurichtung. Für die Hilfsmittel der Gruppe 3 galten die Apotheker aufgrund ihrer Ausbildung in den meisten Kassenverträgen als zugelassen. Für Hilfsmittel der Gruppe 2 wurden teilweise Zusatzqualifikationen wie Zertifizierungsseminare verlangt, um eine Zulassung zu erreichen. Für Hilfsmittel der Gruppe 1 galten Apotheker aufgrund ihrer Ausbildung als nicht zugelassen. Im Rahmen der PQ ist man von diesem Verfahren gänzlich abgewichen. Vielmehr wurden Versorgungsbereiche mit unterschiedlichen Hilfsmittelnummern definiert. Davon abhängig hat man dann die beruflichen, allgemeinen, organisatorischen, räumlichen und sachlichen Anforderungen definiert. So wurden beispielsweise die Bandagen in unterschiedliche Versorgungsbereiche (VB’s) untergliedert, für die die Apotheker teilweise qua Ausbildung die beruflichen Anforderungen erfüllen. Für Hilfsmittel der Gruppe 2, für die der Apotheker bislang durch Zertifizierungsseminare bei einigen Kassen eine Zulassung erhalten hatte, kann er jetzt ggf. Bestandsschutz für drei Jahre beantragen.
PQ allein reicht nicht …
Allein die Präqualifizierung für einen Versorgungsbereich berechtigt noch nicht zur Versorgung mit Hilfsmitteln. Hierfür sind zusätzlich kassenvertragliche Voraussetzungen zu erfüllen. Im Hilfsmittelbereich gibt es immer mehr sogenannte Beitrittsverträge nach § 127 (2), denen der Leistungserbringer aktiv beitreten kann. Ein praktisches Beispiel: Ist der Leistungserbringer für den Versorgungsbereich Inkontinenz präqualifiziert, so bedeutet dies nicht, dass er automatisch alle entsprechenden Verträge bedienen muss. Vielmehr entscheidet er selbst, ob er es für sinnvoll hält, Verträgen beizutreten und seine Patienten zu versorgen. Andererseits ist jedoch eine Versorgung mit Beitritt zum Kassenvertrag in der Regel ohne Präqualifizierung künftig nicht mehr möglich. Die PQ ist also als Grundlage für die Versorgung mit Hilfsmitteln zu sehen.
Redundanz von Nach-weisen – ein Ärgernis
Insbesondere im Bereich der beruflichen und allgemeinen Anforderungen werden Nachweise, wie beispielsweise eine Kopie der Approbation, verlangt, die Apotheker bereits im Rahmen der Betriebserlaubnis vorlegen mussten. Natürlich wurde hier diesbezüglich im Vorfeld interveniert. Der Spitzenverband der Krankenkassen argumentierte jedoch, dass diese Nachweise im Sinne der Gleichbehandlung von allen Leistungserbringern vorgehalten werden müssen.
Umsetzung für Apotheken
Apotheken versorgen meist ein typisches Hilfsmittelspektrum. Ausnahmen sind homecare-aktive Apotheken oder Apotheken mit entsprechenden Schwerpunkten. Es lag deshalb nahe, speziell für diesen Hilfsmittelbereich eine Präqualifizierungsstelle zu beantragen, die über eine Zulassung zur Präqualifizierung für die entsprechenden Hilfsmittelbereiche verfügt. Die Agentur für Präqualifizierung GmbH (AfP) wurde als Tochter der MGDA Anfang des Jahres gegründet. Selbstverständlich steht es allen Leistungserbringern im Gesundheitswesen frei, eine geeignete Präqualifizierungsstelle zu wählen.
Unterstützung durch die Apothekerverbände
Die wirtschaftenden Töchter der Apothekerverbände in Baden-Württemberg und Bayern haben sich entschlossen, ein EDV-gestütztes Modul zur Unterstützung der PQ zu entwickeln. Hier werden die Anwender gezielt durch das PQ-Verfahren geführt, Eigenerklärungen wurden automatisiert und eine speziell auf den Antrag bezogene Checkliste erleichtert die Durchführung dieses aufwändigen Verfahrens. In Baden-Württemberg beispielsweise wurde das PQ-Online-Verfahren in fünf Großveranstaltungen vorgestellt, Tipps für die Durchführung gegeben und Fragen beantwortet. Zwischenzeitlich wollen auch weitere Verbände diese Leistungen als Unterstützung anbieten.
Das Verfahren in Baden-Württemberg
Der Apotheker kann als Unterstützung zur Durchführung des PQ-Verfahrens das PQ-Online-Modul verwenden. Hierzu stehen im Verband auch Ansprechpartner zur Beratung und Unterstützung zur Verfügung. Der fertige Antrag wird dann an die sogenannte Externe Stelle", die LAV-Service GmbH, die vertraglich geregelt der AfP zuarbeitet, gesendet. Hier wird nochmals geprüft und unter Einhaltung von Fristen ggf. fehlende Nachweise angefordert. Die Anträge und die erforderlichen Nachweise werden dann an die AfP gesendet, wo sie unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Aspekte gespeichert werden. Lediglich das Ergebnis dieser Prüfung wird an den GKV-Spitzenverband weitergeleitet. Der GKV-Spitzenverband veröffentlicht das Ergebnis der PQ ausschließlich für Krankenkassen in Listen. Diese Listen können per Intranet, wiederum datengeschützt, von Krankenkassen nur eingesehen werden. Die vom Leistungserbringer eingebrachten Daten verbleiben also bei der jeweiligen PQ-Stelle.
Ohne PQ keine Hilfsmittelversorgung
Sobald eine Krankenkasse die PQ in Verträgen voraussetzt, können Hilfsmittel nur noch zu Lasten der GKV abgegeben werden, wenn der Leistungserbringer für den Versorgungsbereich präqualifiziert ist oder seine Eignung per Einzelnachweis erbracht hat. Vereinzelt haben Krankenkassen die PQ bereits vertraglich etabliert. Es ist davon auszugehen, dass bis Anfang 2012 die PQ weitestgehend gefordert wird. Insofern ist es sinnvoll, dass sich die Apotheker zeitnah daran machen, die PQ umzusetzen. Trotz allem Ärger über den Aufwand – es geht um die Umsetzung eines Gesetzes, das für alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen, die Patienten mit Hilfsmitteln zu Lasten der GKV versorgen, gleichermaßen gilt.
Thomas Krohm, Landesapothekerverband Baden-Württemberg
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