Aus Kammern und Verbänden

Mut zur Veränderung, Nein zur Beschränkung

Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) freut sich über die positive Resonanz seiner "Roadshow" durch das gesamte Verbandsgebiet. Der Vorstand mit dem Vorsitzenden Dr. Klaus Michels und die Geschäftsführung mit Dr. Sebastian Schwintek an der Spitze stellten sich auf zwölf Informationsveranstaltungen Anfang und Mitte Juli den Fragen und Anregungen der Mitglieder. Im Mittelpunkt standen das im Frühjahr verabschiedete Leitbild des AVWL zur Zukunft der Apotheke, die künftige Apothekenbetriebsordnung und die AVWL -Vertragsstrategie.

In jeder Veranstaltung erhielten die Teilnehmer Stimmzettel, um in geheimer Abstimmung über die Positionen der AVWL-Spitze ihr Urteil zu fällen. Die abgegebenen Stimmkarten zeigten, dass die Verbandsspitze vom Vertrauen der Basis getragen wird: 96,8% Ja-Stimmen für das Leitbild, 96,4% für die Position zur Apothekenbetriebsordnung und 93,5% für die Vertragsstrategie.

Zustimmung und Ermunterung der Mitglieder gab es für die klare Haltung der AVWL-Führung, die Apotheken in ihren Aktionsfeldern nicht weiter zu beschränken und dafür auch überall entschlossen einzutreten. Dr. Klaus Michels hatte sich energisch gegen jede weitere Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung von Apotheken ausgesprochen:

"Für Patienten und Kunden sind Gesundheit und Wohlbefinden untrennbar verbunden. Wir sind und bleiben Arzneimittelfachleute und wollen in der Versorgung und in allen unseren anderen Handlungsfelder Qualitätsführer sein. Das geht im Bereich der Arzneimittelversorgung nur mit einer angemessenen Honorierung, die auch neue und gesetzlich bedingte Zusatzaufgaben trägt. Unsere Kunden erwarten aber oft viel mehr: Unsere Gesundheitsexpertise und Sozialkompetenz ohne Termine und Wartezeiten ist gefragt. Nur wenn wir uns dem weiter öffnen, wird das noch gute Netz an Apotheken auch in Zukunft Bestand haben."

Gegen Wettbewerbsverzerrungen

Sorgen bereiten den Verbandsmitgliedern die Pläne zur Novellierung der Apothekenbetriebsordnung. Entsprechend klar fiel das Votum aus: Nein zu Wettbewerbsverzerrungen durch Pick-up-Stellen und Light-Apotheken ohne Labor und Notdienst. Mit Blick auf die Belastungen durch das AMNOG sei hier, so mehrere Teilnehmer, eine "Denkpause" der Politik nötig: Jede Neuregelung gehöre im Hinblick auf mögliche Zusatzkosten auf den Prüfstand.

Mut zur Veränderung zeigten die Mitglieder auch mit ihrem starken Votum für die Grundpositionen des Verbandes im Vertragsgeschäft mit den Krankenkassen. Hier stellen sich die Fragen: Wie auf die schrittweise Rationierung von Leistungen durch das Gesundheitssystem reagieren? Wie Patienten versorgen, wenn gesetzliche Krankenkassen über Versorgungspauschalen ihr berechtigtes Interesse an einer Planbarkeit mit einer Preispolitik verbinden, die nur noch die nötigste Grundversorgung abdecken kann?

Anhand zahlreicher Beispiele der Nicht-Erstattung wie OTC-Arzneimittel, Zahnersatz, Brillen und Diabetes-Teststreifen für nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker zeigten die Referenten die Entwicklung der Leistungseinschränkungen auf. Aktuell und noch "schleichend" greife dieser Trend auf den Hilfsmittelbereich über. Statt zu kapitulieren und sich aus der Versorgung zu verabschieden, müsse es nun darum gehen, Patienten und Kunden auf diesem Weg mitzunehmen, wo Politik und Krankenkassen oft schweigen.

"Keine Aktenknechte des Gesundheitssystems"

Die Apotheke stehe vor neuen fachlichen, kommunikativen und auch kaufmännischen Herausforderungen, weil sie stärker nach der medizinischen Notwendigkeit von Produkten hinsichtlich Art und Menge fragen muss und einen besonderen Versorgungskomfort in der Regel nur mit einer Eigenbeteiligung der Versicherten leisten kann.

"Wir werden alles dafür tun, dass unsere Mitglieder die darin liegenden Chancen auch nutzen können", sagte Michels. Der Verband mache sich u. a. stark für eine Entrümpelung der Verträge von bürokratischem Ballast und ihre verbesserte Abbildung durch die Apotheken-Software; zudem will er das Angebot an Kommunikationstrainings- und betriebswirtschaftlichen Seminaren weiter ausbauen.

Ein wesentlicher Kritikpunkt an der aktuellen Situation besteht für die Apotheken in der ständig steigenden Flut an Bürokratie (Reimportquote, Packungsgrößenverordnung, Rabattverträge usw.). "Wir wollen hochqualifizierte Arzneimittelberater und pharmazeutische Helfer unserer Patienten und Kunden bleiben und nicht Aktenknechte des Gesundheitssystems werden", formulierte ein Apotheker.


Ludger Baumeister



DAZ 2011, Nr. 30, S. 65

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