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Medizin
Wie sich Besenreiser und Krampfadern entfernen lassen
Chronische Venenerkrankungen werden vor allem durch eine genetische Veranlagung und Bindegewebsschwäche begünstigt. Zusätzlich fördern besondere Lebensumstände, Erkrankungen oder ein gewisser Lifestyle ihre Entstehung. Risikofaktoren sind Übergewicht, Schwangerschaft und überwiegend stehende Tätigkeiten. Aber auch Erkrankungen mit Herzinsuffizienz, eingeschränkter Atmung und Bewegungmangel z. B. bei Lähmungen erhöhen das Risiko, da sie den Rückfluss des venösen Blutes erschweren.
Letztlich weiten sich die Venen und das Blut versackt regelrecht in den erweiterten und geschlängelten Venen. Medizinisch spricht man von einer Varikosis – eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt. Frauen sind etwa dreimal öfter betroffen als Männer.
DefinitionenPrimäre Varikose. 90% der Fälle. Als Ursache wird eine konstitutionelle Venenwandschwäche vermutet. Risikofaktoren triggern die Entstehung von Varizen. Sekundäre Varikose. Spätfolge einer venösen Abflussbehinderung, z. B. nach einer tiefen Beinvenenthrombose. Anterograde Strömungsinsuffizienz. Im häufigeren Fall ist der Abtransport über die tiefen Venen gestört und es fließt wesentlich mehr Blut über die oberflächlichen Venen. Im selteneren Fall ist die tiefe Vene komplett verschlossen, z. B. bei und nach einer tiefen Beinvenenthrombose, und sämtliches Blut muss über die oberflächlichen Venen abtransportiert werden. Retrograde Strömungsinsuffizienz. Die Venenklappen der tiefen Venen sind so insuffizient, dass das venöse Blut retrograd über die Perforansvenen in die oberflächlichen Venen und über sie Richtung Herzen fließt. |
Schauplatz Venensystem
Im Bein sind die oberflächlich verlaufenden Venen über Verbindungsvenen (Perforansvenen) mit dem tiefen Venensystem verbunden. In intakten Venen sorgen Venenklappen für einen gerichteten Fluss: von außen nach innen und zum Herzen. Wenn die Venenklappen strukturell degenerieren, steigt im betroffenen Venenabschnitt der Druck. Die Venen weiten sich und die Klapen schließen schlechter. So werden distale Venenabschnitte belastet, sie weiten sich ebenfalls. Die Erkrankung schreitet also zentripedal fort.
Ein wichtiger Punkt ist – neben den Stellen, an denen die Perforansvenen in die Tiefe gehen – die sogenannte Krosse. Dort fließen mehrere oberflächliche Venen zusammen, vor allem aber mündet die größte, die Vena saphena magna, in die tiefe Vene.
Besenreiser
Besenreiser sind erweiterte, kleine intradermale Venen. Optisch erinnern sie an Reisig, aus dem früher Besen gebunden wurde – davon leitet sich ihr Name ab. Besenreiser sind im medizinischen Sinne keine Krankheit. Oft stören sie die Betroffenen aber ästhetisch erheblich. Besenreiser deuten auf eine Neigung zu Krampfadern hin, es muss jedoch nicht immer ein Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen bestehen.
Varizen
Anders als Besenreiser sind Varizen (Krampfadern) immer Symptome einer chronischen Venenerkrankung. Die Varikose ist eine degenerative Erkrankung der Venenwand im oberflächlichen Venensystem der Beine. Epifasziale Venen oder Perforansvenen sind dabei irreversibel sackförmig oder zylindrisch erweitert. Je nach Lokalisation spricht man von
- Stammvarizen der Vena saphena magna (VSM) und der Vena saphena parva (VSP),
- Seitenastvarizen,
- Perforansvarizen und
- retikulären (netzförmigen) Varizen subkutaner Nebenastvenen.
Die Stammvarikosis verläuft zumeist über viele Jahre beschwerdefrei. Liegen typische Symptome vor (Tab. 1), handelt es sich mindestens um eine Varikose zweiten Grades.
Tab. 1: Klinische Stadien des Krampfaderleidens | |
Grad 1 geringfügige Varikosis |
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Grad 2 Varizen |
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Grad 3a deutliche Varikosis |
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Grad 3b ausgedehnte Varikosis |
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Diagnose und Indikation
Bleiben medizinisch bedeutsame Varikosen unbehandelt, führen sie mitunter zu schweren Komplikationen (Tab. 1). Deswegen ist eine therapeutische Behandlung immer indiziert, wenn beim Patienten Beschwerden vorliegen, meist also ab dem zweiten Grad. Mit verschiedenen invasiven und konservativen Methoden ist es zwar möglich, die Beschwerden zu lindern, nicht jedoch zu heilen. Auch die Rezidivrate nach Eingriffen ist hoch.
Oberflächliche oder primäre Varizen können auf verschiedene Weise entfernt werden. Voraussetzung dafür ist stets, dass das tiefe Venensystem funktionsfähig ist. Aufschluss hierüber geben eine gründliche körperliche Untersuchung mit Funktionstests, eine farbkodierte Duplexsonografie und ggf. eine Phlebographie mit Kontrastmittel. Liegt zudem keine Kontraindikation wie eine schwere Systemerkrankung vor, gilt es möglichst frühzeitig einzugreifen: Mit zunehmender Einschränkung der venösen Pumpleistung entwickeln sich eine ambulatorische venöse Hypertonie und damit Folgeschäden.
Methoden
Venenleiden werden nach dem Grundsatz "so wenig invasiv wie möglich" therapiert. Meist werden daher unterschiedliche Methoden kombiniert, etwa eine Operation mit Nachveröden der Seitenäste. Die Mehrzahl der Eingriffe findet ambulant statt.
Operative Verfahren. Bereits seit über hundert Jahren gehören Ligaturen und Strippings der Venen zum Therapiekonzept bei Varizen. Operative Techniken können grundsätzlich bei allen Formen der Varikose eingesetzt werden. Ziel der Behandlung ist es stets, den pathologischen Rückfluss des Bluts (Reflux) zu unterbrechen und so den Blutfluss zu normalisieren. Dazu werden die insuffizienten Venen des epifaszialen Venensystems entfernt. Die Operation kann aus einem oder mehreren der folgenden Schritte bestehen:
Krossektomie der VSM: Die gesamte Krosse, also der Venenstern an der Oberschenkelbeuge und alle einmündenden Seitenäste werden entfernt.
mündungsnahe Ligatur der VSP
Ausschaltung der Perforansvenen. Dieser Eingriff kommt nur bei fortgeschrittenen Stadien mit Hautveränderungen infrage.
Entfernung erkrankter Stammvenenabschnitte mit Stripping oder Phlebektomie. Beim Venenstripping werden kleine Hautschnitte am Anfang und Ende der Varize gesetzt. Eine eingeführte Sonde "fädelt" die Varize in ihrer gesamten Länge auf und unterbindet und kappt alle Seitenäste. Die Ader kann daraufhin herausgezogen werden. Auch bei der Phlebektomie werden ganze Venenabschnitte entfernt. Kleine Stichinzisionen von 1 bis 2 mm Länge durchtrennen die Vene am Anfang und Ende des insuffizienten Teilstücks, das mithilfe kleiner Häkchen entfernt wird.
Die Entfernung erkrankter Seitenäste erfolgt über kleine Hautinzisionen.
Die Verträglichkeit und Ergebnisse der invasiven Therapie sind gut. Als Risiken bestehen Infektions- und Nachblutungsgefahr – wie nach jeder Operation. Tiefe Venenthrombosen und Gefäß- oder Nervenverletzungen sind sehr selten.
Sklerotherapie. Insuffiziente Venen können durch Sklerosierung oder Verödung mithilfe von Flüssigkeit oder Schaum entfernt werden. Dazu wird eine gewebetoxische Flüssigkeit – meist Polidocanol in Konzentrationen von 0,25 – 3% – in die Varize injiziert. Wichtig ist, Verbindungsstellen zum tiefen Venensystem auszusparen. Die Venenwände verkleben, oder es bildet sich ein Blutgerinnsel, das dann mit Bindegewebe durchzogen wird. Lokal wird also ein Gefäßwandschaden erzeugt, in dessen Folge das Gefäß verschlossen wird. Das Ergebnis entspricht funktionell einer operativen Venenentfernung, denn das verödete Gefäß wird vom Körper mit der Zeit abgebaut.
Bei retikulären Varizen und Besenreisern kann mit der Sklerosierung eine bis zu 90%ige Besserung erzielt werden. Hilfreich ist die Methode auch zur Korrektur von Restvarizen nach operativer Therapie.
Bei größeren Varikosen und Stammvarizen hat sich die Sklerosierung mit Schaum als signifikant effektiver erwiesen als jene mit Flüssigkeit.
Bei Anwendungsfehlern, etwa wenn die Flüssigkeit neben die Vene gespritzt wird, sind Hautnekrosen sowie allergische Reaktionen möglich.
Endovenöse thermische Verfahren. Techniken sind die Radiofrequenzobliteration (RFO) und die Endovenöse Lasertherapie (ELT). Beide sind bei der Stammvarikose der VSM und VSP angezeigt. Über Schleusensysteme wird eine Sonde in die insuffiziente Stammvene bis kurz vor den Übergang zur tiefen Vene eingeführt. Während die Sonde zurückgezogen wird, gibt sie hochfrequenten Wechselstrom (RFO) oder Laserlicht (ELT) ab. Die Venenwand wird auf bis zu 120 °C erhitzt und das Gefäß irreversibel verschlossen. Wie bei der Sklerotherapie wird das geschädigte Gefäß vom Körper abgebaut. Während dem Eingriff schützt ein perivenöser Flüssigkeitsmantel mit Tumeszenzlösung das umliegende Gewebe vor Hitzeschäden. Zusätzlich verbessert die erhöhte Gewebespannung den Kontakt zwischen Katheter und der Venenwand.
In der Regel wird keine zusätzliche Krossektomie vorgenommen. Dadurch unterscheiden sich endovenöse Verfahren grundsätzlich von den Prinzipien der klassischen Varizenchirurgie.
Transkutane Lasertherapie. Die Laserkorrektur von Varizen macht sich die koagulierende Eigenschaft des Lasers zunutze. Kleinere Besenreiser werden mit einem gepulsten Farbstofflaser verdampft. Die Lichtenergie zielt dabei nur auf den roten Blutfarbstoff in den Gefäßen und verschweißt die Varizen, ohne anderes Gewebe zu gefährden. Bei kleinen Behandlungen ist eine Anästhesie mit Salben ausreichend. Aufgrund der vergleichsweise hohen Kosten in Bezug auf die Erfolgsraten kommt das Verfahren seltener als die Sklerosierung zum Einsatz.
Venöse BlutpumpenVerschiedene Mechanismen unterstützen den venösen Rückfluss aus den Beinen. Immerhin müssen im Stehen bis zu 1,5 m Höhenunterschied überwunden werden. Muskelpumpe. Bei Bewegung werden Muskeln an- und entspannt. Die Venen in und an den Muskeln werden dadurch komprimiert. Der Rücktransport des Bluts zum Herz wird so mechanisch unterstützt. Entsprechend wirken sich Lähmungen und Bewegungsmangel ungünstig aus. Arterieller Puls. Oft verlaufen Arterie und Vene dicht nebeneinander. Der arterielle Puls unterstützt die Kompression der Venen, er ist bei zu niedrigem Blutdruck eingeschränkt. Atmung. Beim Einatmen entsteht ein Unterdruck, der nicht nur die Luft in die Lungen saugt, sondern auch den venösen Rückstrom in den Thorax fördert. Herzklappenebene. In der Systole sorgt die Kontraktion der Ventrikel dafür, dass sich die Herzklappenebene etwas senkt.Dieser Mechanismus unterstützt die Füllung der Vorhöfe. |
Nachbehandlung
Postoperativ erhält der Patient einen Kompressionsverband. Die Kompressionstherapie wird bis zur vollständigen Resorption der Hämatome und entzündlichen Indurationen weitergeführt. Weitere Bestandteile der postoperativen Nachsorge sind eine schnelle Mobilisierung des Patienten und der Gelenke.
Quellen
Noppeney, T. et al: Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Krampfadererkrankung. Gefäßchirurgie 2010 15: 523 – 541.
Mang, W.L: Venenchirurgie, in: Mang, W.L, Schönheitsoperationen, Hippokrates 2001.
Autoren:
Hans Reuter, Martina Schramm, Schäffler & Kollegen, Augsburg, www.schaeffler.cc
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