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Zukunft der Apotheker – mit dem ABDA/KBV-Modell
Mit dem AMNOG hätte eine Gesundheitsreform erstmals besonders die Vielzahl der typischen Apotheken in große Schwierigkeiten gebracht, erklärte Schmidt. Die strukturellen Maßnahmen der Gesundheitsreformen seit 2004 hätten zerstörerisch gewirkt. Trotz des Regierungswechsels bestehe hier eine perfekte Kontinuität der Politik, die die Apotheker gerade bei dieser Koalition nicht erwartet hätten. "Es sind zwei verlorene Jahre gewesen", konstatierte Schmidt für die Entwicklung der Apotheken. Doch sollten die Apotheker auch an ihrem Selbstbild arbeiten. Dies sei zu sehr am Arzneimittel als Produkt, an der Tradition und an der juristischen Haltung orientiert. Es mangele an Selbstbewusstsein. Als großes Risiko drohe die Deprofessionalisierung des Berufs durch die Trennung von Apotheke und Patient sowie von Produkt und Beratung. Die Zukunft des Berufs sieht Schmidt in Leistungen, "die nur wir können", also in der Nutzung der Alleinstellungsmerkmale. Die Apotheker sollten unbedingt ihre Freiberuflichkeit bewahren, die auf einer geistig-ideelen Kernleistung beruht. Freiberufliche Leistungen können nur individuell erbracht werden und sind nicht vollständig standardisierbar, so Schmidt.
Aufbau des ABDA/KBV-Modells
Typisch für die Freiberuflichkeit sei auch die selbstständige Entwicklung der Leistungen durch die Berufsangehörigen. Als derzeit einziges Projekt zur Verbesserung der Versorgung sieht Schmidt das ABDA/KBV-Modell. Es setzt bei der Non-Compliance und der Polypharmazie an, die allgemein als Problemfelder anerkannt seien. Denn etwa die Hälfte aller Arzneimittel würden nicht ordnungsgemäß angewendet und die Polypharmazie erhöhe das Risiko unerwünschter Effekte enorm. Zielgruppe für das Projekt sollen die 26 Prozent der GKV-Versicherten sein, die fünf oder mehr Wirkstoffe anwenden, also etwa 6,8 Millionen Patienten. Das Konzept beruht auf dem Medikationskatalog und der Wirkstoffverordnung als Säulen. Darauf baut das gemeinsame Medikationsmanagement von Arzt und Apotheker auf.
Der Ablauf beginnt wahlweise beim Arzt oder Apotheker mit einer vollständigen Arzneimittelanamnese. Dann soll ein Medikationsplan mit den wirklich verwendeten Arzneimitteln erstellt, zwischen den Heilberuflern ausgetauscht, hinsichtlich der Arzneimitteltherapiesicherheit überprüft und optimiert werden. Das Projekt soll nur durchgeführt werden können, wenn sich der Patient für ein Jahr an einen Arzt und einen Apotheker bindet und beide an definierten Schnittstellen zusammenarbeiten. Schmidt betonte die wesentliche Neuerung, dass hier erstmals eine GKV-Leistung nur abgerechnet werden kann, wenn Arzt und Apotheker dies gemeinsam tun. Arzt und Apotheker sollen dann jeweils 180 Euro pro Jahr erhalten.
Der von der Ärzteseite gewünschte Medikationskatalog für das Projekt solle sich am Bremer Arzneimittelregister orientieren. Die ebenfalls von der Ärzteseite gewünschte Wirkstoffverordnung biete den Apothekern die Chance, die Kommunikation bei der Ersteinstellung eines Patienten zu verbessern, weil sich dann ein Austausch des verordneten Präparates erübrigen würde. Die Rabattverträge müssten jedoch weiterhin beachtet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhoffe sich von der Wirkstoffverordnung, die Fixierung der Patienten auf Fertigarzneimittel durch die Fixierung auf Wirkstoffe zu ersetzen.
Erwartete Ergebnisse
Als Ergebnis des Projekts seien aufgrund von ausländischen Erfahrungen jährliche Einsparungen von 2,8 Mio. Euro, insbesondere durch weniger Krankenhauseinweisungen zu erwarten. 700 Mio. Euro würden als Honorar gefordert, sodass den Krankenkassen Einsparungen von 2,1 Mio. Euro verblieben. Nachdem das Konzept nicht als bundesweite Regelleistung in das neue Versorgungsgesetz aufgenommen werden soll, erwartet Schmidt nun eine Verankerung als Modellprojekt in großen Regionen. Dann würden 2012 die Voraussetzungen geschaffen, sodass die Umsetzung 2013 beginnen könne, nach Einschätzung von Schmidt wohl eher im zweiten Halbjahr 2013. Für den Erfolg sei es wichtig, genügend viele Patienten zu erreichen. Rainer Töbing, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, betonte, dass hier im Gegensatz zu früheren Projekten der ABDA erstmals von Anfang an eine Vergütung vorgesehen sei.
Beiträge und Struktur der ABDA
Im Rahmen der anschließenden Diskussion ging es auch um die Beiträge für die ABDA. Diese würden seit Jahren nicht stärker steigen als die Umsätze der Apotheken, erklärte Schmidt. Doch in Hamburg werden feste und nicht umsatzbezogene Beiträge erhoben. Daher wurde in der Kammerversammlung gefordert, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage der Apotheken solle auch die ABDA sparen und auf Beitragsanhebungen verzichten. Schmidt und Töbing entgegneten, die Landesorganisationen würden immer mehr Aufgaben auf die ABDA übertragen, sodass die Zentrale mehr Geld benötige. Außerdem wurde über die Struktur der ABDA diskutiert. Wegen der immer stärkeren Ausdifferenzierung von Apothekentypen wurde vorgeschlagen, den unterschiedlichen Interessengruppen Gehör und Stimme in der ABDA zu geben. Schmidt entgegnete, die ABDA wolle die Mehrheitstypen der Apotheken vertreten. Bei Abstimmungen nach Köpfen sei es schwer, die speziellen Interessen von Minderheiten einzubeziehen. Außerdem sei seine grundsätzliche Vorstellung von der Arzneimittelversorgung nicht mit dem Arzneimittelversand vereinbar.
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