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Aus Kammern und Verbänden
Künftige Positionierung der Apotheke
Die gesetzgeberische Trias im Jahr 2010 – GKV-Änderungsgesetz, AMNOG und GKV-Finanzierungsgesetz – belastet die Hersteller, die Leistungserbringer und die Versicherten, so Schmitz. Die deutlich gesunkenen Arzneimittelausgaben der GKV, der Apothekenabschlag und das Verhalten des Großhandels haben den Rohgewinn der Apotheken deutlich vermindert.
Versorgung und Pflege
In diesem Jahr stehen gesetzgeberisch das GKV-Versorgungsgesetz, die Pflegereform und die Apothekenbetriebsordnung auf der politischen Tagesordnung. Allerdings warnte Schmitz davor, zu erwarten, dass Fragen der Versorgungsqualität hier im Fokus stehen werden. Kostendämpfung bleibe das politische Kernthema. Das Versorgungsgesetz soll die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten sichern. Der Referentenentwurf wird in Kürze erwartet, und voraussichtlich wird das Gesetz noch in diesem Jahr beschlossen. Derzeit wird diskutiert, mit diesem Gesetz den Krankenkassen individuelle Satzungsleistungen zu erlauben, die auch apothekenpflichtige Arzneimittel betreffen könnten; eine ebenfalls diskutierte Erweiterung der Datenströme könnte Auswirkungen auf die Datenbearbeitung in den Apothekenrechenzentren haben.
Apotheker und Ärzte versuchen gemeinsam, die Rahmenbedingungen für die Umsetzung des ABDA-KBV-Konzeptes in das Versorgungsgesetz zu integrieren, damit man über einen Zeitraum von mehreren Jahren Schritt für Schritt Arbeitsabläufe und Qualifikationen anpassen kann, so Schmitz. Durch die Stärkung der Wirkstoffverordnung erwarten ABDA und KBV eine bessere Compliance der Patienten und – unter Berücksichtigung einer angemessenen Honorierung von Arzt und Apotheker – eine Einsparung von 2,1 Mrd. Euro für die GKV.
Neue Apothekenbetriebsordnung
Die Pflegereform verzögert sich wohl bis Mitte 2012; hier dürfte lediglich das Thema Verblisterung für die Apotheken von Interesse sein. Wichtiger ist jedenfalls die Überarbeitung der Apothekenbetriebsordnung, zu der die Bundesregierung im April ein Positionspapier veröffentlicht hat.
Laut Schmitz ist die ABDA bei den Aspekten der Beratung und Vertraulichkeit weitgehend im Einklang mit der Politik, sieht aber Nachbesserungsbedarf bei den geplanten Erleichterungen für Filialapotheken (Notdienst, Rezeptur u. a.), bei der Aufhebung des Genehmigungsvorbehalts von Rezeptsammelstellen und bei der Anhebung der Herstellungsqualität von Rezepturen auf Industrieniveau.
Die ABDA lehne eine selektive, an bestimmte Leistungen gebundene Qualitätssicherungspflicht ab und befürworte qualitätssichernde Maßnahmen in allen Apotheken und über alle Bereiche ohne Zertifizierung. Die Nachrangigkeit des Nebensortiments sei keine deutliche Veränderung zur bisherigen Regelung, so Schmitz.
Entwicklungen, die möglicherweise die Positionierung des Apothekers in der Gesundheitsversorgung schwächen, sind nach Schmitz unter anderem
der direkte Zugriff der pharmazeutischen Industrie durch Selektivverträge,
die auf europäischer Ebene erlaubte Patienteninformation der Hersteller zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln,
spezielle apothekenunabhängige Beratungs- und Dienstleistungsangebote wie zum Beispiel durch Celesio.
Es sei die Aufgabe von Apothekern und auch Ärzten, die Patienten vor einer einseitigen Interessenpolitik zu schützen.
Das Alleinstellungsmerkmal der Apotheken sei die unabhängige Beratung. Die Mitarbeiter in Apotheken seien qualifiziert, Patienten das notwendige Wissen zu vermitteln und sie in ihrer Therapie zu begleiten. Dies leisten weder Versandhändler noch externe Beratungsstellen. Damit sich die pharmazeutische Kompetenz im Markt durchsetzen kann, sei jedoch eine wirtschaftliche Absicherung notwendig. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Apothekenabschlag in den vergangenen Jahren sei hier von der Politik Rechts- und Planungssicherheit einzufordern.
Einsparungen auf Kosten der Qualität?
Kammerpräsident Lutz Engelen ergänzte die Ausführungen von Dr. Schmitz und betonte, dass es durchaus Mängel in der Arzneimitteltherapie gebe wie schlechte Compliance und falsche Dosierungen bei Kindern oder älteren Patienten. Aber in der Arzneimitteldistribution könne er keine Mängel feststellen. Die Politik beurteile dies jedoch anders. Warum sonst habe sie Versandhandel und Pick up erlaubt? Die Politik verfolge einzig die wirtschaftliche Entlastung der GKV, nicht jedoch eine qualitativ bessere Arzneimittelversorgung. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Belastungen veranlassen manche Apotheken, sich in den vermeintlichen Schutz von Kooperationen zu flüchten oder merkwürdig anmutende Dienstleistungen wie Piercing anzubieten.
Damit die Apotheken auch zukünftig die Erwartungen und Anforderungen von Patienten und Gesellschaft seriös umsetzen können, habe der Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein Pilotprojekte zur Optimierung der Beratungsqualität und zur Steigerung der Arzneimitteltherapiesicherheit angestoßen. Eine weitere Chance biete das ABDA-KBV-Modell, das eventuell als Modellprojekt in Nordrhein-Westfalen erprobt wird.
Schärfere Forderungen
Engelen hält es an der Zeit, gegenüber der Politik das freundliche Miteinander und das verständige Entgegenkommen zu beenden, da dieses Verhalten eher als Schwäche verstanden werde. Die Forderung, eine ordentliche Leistung auch ordentlich zu honorieren, müsse mit mehr Nachdruck vorgetragen werden. Immerhin nehmen die Apotheker ihren Versorgungsauftrag ernst und lehnen unrentable Dienstleistungen nicht einfach ab, wie dies heute schon bei einigen Krankenhäuser in kommerzieller Trägerschaft zu beobachten sei.
Es folgte eine sehr lebhafte Diskussion zur angemessenen Honorierung der Apotheker und zur Positionierung der Apotheke in der Gesellschaft.
Dr. Constanze Schäfer MHA
Ehrung von Walter Frie
Kammerpräsident Lutz Engelen überreichte Walter Frie die Ehrengabe der Apothekerkammer Nordrhein und betonte in seiner Laudatio dessen Verdienste für die Apothekerschaft in Nordrhein und im Bund. Nach dem Studium der Pharmazie und der Lebensmittelchemie war Frie zunächst Pharmaziedezernent in Arnsberg, bevor er ab 1992 im Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen als Referatsleiter für Pharmazie, Arzneimittel und Apothekenwesen großen Einfluss auf die Steigerung und Stärkung der Qualität in der Überwachung des Arzneimittelmarktes nahm. Dort hat er stets den versorgungs- und nicht den kapitalorientierten Weg verfolgt. Er kritisierte Versandhandel und Pick-up-Stellen und gab Impulse, die Rezepturqualität zu steigern oder die Diskretion der Beratung zu implementieren. Dabei erlebten Geschäftsführung und Vorstand der Apothekerkammer Nordrhein Frie als diskussionsbereiten, sach- und zielorientierten Gesprächspartner.
Walter Frie bedankte sich für die Ehrengabe und sagte, ohne seine Wegbegleiter hätte er seine Ideen und Hoffnungen sowie die Anforderungen und Erwartungen, die an seine Position gebunden waren, kaum erfüllen können. Den nordrheinischen Apothekern wünschte er für die Zukunft, dass ihre Dienstleistungen und Beratungen die Patienten ebenso begeistern wie das Spiel der Borussia Dortmund ihre Fans. Grundlage dafür sei natürlich eine angemessene Vergütung.
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