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Fortbildung
Intrinsische und idiosynkratische Schäden
Beim Zustandekommen einer Arzneimittel-induzierten Leberschädigung spielen zahlreiche Faktoren wie etwa Wirkung und Dosis des Wirkstoffs, Komorbiditäten des Betroffenen, seine genetische Disposition sowie Umwelteinflüsse eine Rolle. Daraus wird ersichtlich, dass es keine aussagekräftigen Parameter für eventuelle lebertoxische Schädigungen durch ein Arzneimittel gibt oder – wie von Strassburg anschaulich formuliert – "der eine Patient verträgt Großpackungen an Paracetamol und der andere muss nach therapeutischen Dosen transplantiert werden". Die unsichere Vorhersage einer potenziellen Lebertoxizität spiegelt sich auch in der Einteilung der Medikamenten-induzierten Leberschäden wider. So unterscheidet man bei der Hepatotoxizität drei Reaktionsmuster:
- die direkte oder intrinsische Toxizität
- die idiosynkratische (nicht vorhersehbare) Toxizität mit immunallergischen Zeichen und
- die idiosynkratische, nicht immunallergische Toxizität.
Idiosynkratische Reaktionen sind nicht dosisabhängig und können im Tierversuch nicht reproduziert werden. Ferner ist ihre Latenzzeit deutlich höher als bei intrinsischen Reaktionen (siehe Tabelle). Daraus ergibt sich, dass die Diagnose einer direkten Toxizität leicht zu stellen ist, eine idiosynkratische – aber weitaus häufiger auftretende – Toxizität schwierig zu erfassen ist.
Unterschiede zwischen intrinsischen und idiosynkratischen Toxizitäten | |||
direkt (intrinsisch) |
idiosynkratisch |
||
immunallergisch |
nicht immunallergisch |
||
Vorhersage |
ja |
schlecht |
schlecht |
Dosiseffekt |
hohe Dosis – hohe Toxizität |
nicht dosisabhängig |
nicht dosisabhängig |
Tierversuch |
ja |
nein |
nein |
assoziierte Symptome |
an Niere und Pankreas |
Fieber, Hautausschlag, Lymphadenopathie, Eosinophilie, Autoantikörper
Hypergammaglobulinämie
|
untypisch |
Schädigung |
akut hepatozellulär |
akut hepatozellulär, selten cholestatisch, gemischt |
akut hepatozellulär, selten cholestatisch, gemischt |
Latenzzeit |
< 1 Woche |
1 bis 5 Wochen |
1 bis 100 Wochen |
Reexposition |
verlässlich und prompt |
sehr schnell (1 bis 3 Dosen) |
variabel |
Medikamente |
Paracetamol
Halothan
Chloroform
|
Amoxicillin/Clavulansäure
Diclofenac
Doxycyclin
Fenofibrat
Halothan
Hydralazin
Phenytoin
Statine (selten)
Penicilline
Chinidin
Methyldopa
|
Amoxicillin/Clavulansäure
Chlorpromazin
Enfluran
Fluorouracil
Glitazone
Isoniazid
Penicilline
Sulfonylharnstoffe
Phenylbuatzon
Propylthiouracil
|
Die Rolle der Genetik
Für das Auftreten einer Leberschädigung kann auch die genetische Ausstattung eines Individuums entscheidend sein. Strassburg führte hierzu einige Beispiele auf. So kann eine CYP2C19-Defizienz die Toxizität von Troglitazon begünstigen und N-Acetyltransferase-Genotypen mit verschieden stark ausgeprägter Acetylierungsrate reagieren auf Sulfonamide, Hydralazin und Isoniacid unterschiedlich.
Praktisches VorgehenBei einer vermuteten Medikamenten-induzierten Hepatotoxizität empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
|
Mutationen im UDP-Glucuronosyltransferase(UGT)-1A1-Gen haben eine zentrale Bedeutung in der Genese des Morbus Gilbert-Meulengracht. Ferner spielt UGT1A1 eine Rolle beim Abbau mehrerer Medikamente, so etwa bei der Metabolisierung des Zytostatikums Irinotecan. Aktive Irinotecan-Metaboliten (SN 38) werden durch UGT1A1 inaktiviert, also entgiftet. Genetische Varianten der UGT1A1-Aktivität, die beim Morbus Gilbert-Meulengracht vorliegen, können zu verstärkten toxischen Wirkungen führen. Diese Patienten sollten vor einer Behandlung mit Irinotecan präventiv untersucht werden (UGT1A1-Diagnostik).
pj
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