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Arzneimittel und Therapie
Ticagrelor zur Behandlung eines akuten Koronarsyndroms
Ticagrelor wird in Kombination mit Acetylsalicylsäure zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei erwachsenen Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom angewendet, und zwar sowohl bei medikamentös behandelten Patienten als auch bei Patienten, bei denen eine perkutane Koronarintervention (PCI) oder eine aortokoronare Bypass-Operation (CABG) durchgeführt wurde.
Hemmung der Thrombozytenfunktion
Wie die Thienopyridine Clopidogrel, Prasugrel und Ticlopidin blockiert auch das ATP-Analogon Ticagrelor ADP-Rezeptoren vom Subtyp P2Y12 auf der Thrombozytenoberfläche und verhindert so deren Aggregation. Dabei wirkt das Cyclopentyltriazolopyrimidin Ticagrelor als selektiver Adenosindiphosphat (ADP)-Rezeptorantagonist auf den P2Y12-ADP-Rezeptor auf Thrombozyten und unterbindet reversibel die Signaltransduktion und damit die durch ADP vermittelte Thrombozytenaktivierung und -aggregation.
Reversible Wirkung
Im Gegensatz zu Clopidogrel ist die Wirkung von Ticagrelor nach dem Absetzen rasch innerhalb von drei bis vier Tagen reversibel, was bei Blutungskomplikationen von Vorteil sein kann. Im Gegensatz zu Clopidogrel ist Ticagrelor kein Prodrug und benötigt für seine Aktivierung keine Leberenzyme. Dadurch tritt die Wirkung schneller ein und ist besonders zu Beginn auch stärker. Außerdem ist die Gefahr von Wirkungsschwankungen und Wechselwirkungen bei Ticagrelor geringer als bei Clopidogrel.
Zweimal tägliche Einnahme
Die einmalige Initialdosis von Ticagrelor beträgt 180 mg (zwei 90-mg-Tabletten), anschließend wird die Therapie mit 90 mg zweimal täglich fortgesetzt, zusammen mit Acetylsalicylsäure in einer Dosis von 75 bis 150 mg. Ticagrelor kann zusammen mit oder unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen werden. Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Es wird empfohlen, die Therapie bis zu zwölf Monate fortzuführen, sofern nicht ein Abbruch der Therapie mit Ticagrelor klinisch indiziert ist.
Metabolisierung durch CYP3A4
Ticagrelor wird schnell absorbiert und wird hauptsächlich durch CYP3A4 metabolisiert, wobei der Hauptmetabolit ebenfalls aktiv ist. Seine systemische Konzentration liegt zwischen 30 und 40% der von Ticagrelor. Die Bildung des wirksamen Hauptmetaboliten erfolgt schnell mit einer medianen tmax von ungefähr 2,5 Stunden. Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von Ticagrelor liegt bei 36%. Ticagrelor und sein aktiver Metabolit werden beim Menschen in hohem Maße an Plasmaproteine gebunden (> 99,7%).
Ticagrelor und seine Metaboliten werden zu rund 60% in dem Fäzes und zu rund 30% im Urin ausgeschieden. Die mittlere Halbwertszeit beträgt ungefähr sieben Stunden für Ticagrelor und 8,5 Stunden für den aktiven Metaboliten.
Die gleichzeitige Anwendung von Ticagrelor mit starken CYP3A4-Inhibitoren (z. B. Ketoconazol, Clarithromycin, Nefazodon, Ritonavir und Atazanavir) ist kontraindiziert, da dies zu einem erheblichen Anstieg der Ticagrelor-Konzentration führen kann.
Von der gleichzeitigen Anwendung von Ticagrelor und starken CYP3A4-Induktoren (z. B. Rifampicin, Dexamethason, Phenytoin, Carbamazepin und Phenobarbital) wird abgeraten, da sie zu einer Verringerung der Konzentration und der Wirksamkeit von Ticagrelor führen kann.
Die gleichzeitige Anwendung von Ticagrelor und CYP3A4-Substraten mit engen therapeutischen Indizes (z. B. Cisaprid und Mutterkornalkaloide) wird nicht empfohlen, da Ticagrelor die Konzentration dieser Arzneimittel erhöhen kann.
Steckbrief: TicagrelorHandelsname: Brilique Hersteller: AstraZeneca GmbH, Wedel Einführungsdatum: 1. Januar 2011 Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 90 mg Ticagrelor. Sonstige Bestandteile: Kern: Mannitol (Ph.Eur.) (E 421), Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) (E 470b), Poly(O-carboxymethyl)stärke, Natriumsalz, Hyprolose (E 463); Überzug: Talkum, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2 O (E172), Macrogol 400, Hypromellose (E 464). Packungsgrößen, Preise und PZN: 56 Filmtabletten, 99,86 Euro, PZN 7560021; 100 Filmtabletten, 169,46 Euro, PZN 7560038. Stoffklasse: Thrombozytenaggregationshemmer, ATC-Code: B01AC24. Indikation: In Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei erwachsenen Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom (instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung [NSTEMI] oder Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung [STEMI]) indiziert, und zwar sowohl bei medikamentös behandelten Patienten als auch bei Patienten, bei denen eine perkutane Koronarintervention (PCI) oder eine aortokoronare Bypass-Operation (CABG) durchgeführt wurde. Dosierung: Zu Beginn einmal 180 mg, anschließend zweimal täglich 90 mg; zusätzlich ASS-Erhaltungsdosis von 75 bis 150 mg. Ticagrelor kann zusammen mit oder unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen werden. Gegenanzeigen: Aktive pathologische Blutung; intrakranielle Blutungen in der Vorgeschichte; mäßige bis schwere Leberfunktionsstörungen; gleichzeitige Anwendung mit starken CYP3A4-Inhibitoren. Nebenwirkungen: Dyspnoe, blaue Flecken, Epistaxis, gastrointestinale Blutungen, subkutane oder dermale Blutungen. Wechselwirkungen: Von der gleichzeitigen Anwendung von Ticagrelor und starken CYP3A4-Induktoren wird abgeraten, da sie zu einer Verringerung der Konzentration und der Wirksamkeit von Ticagrelor führen kann. Die gleichzeitige Anwendung von Ticagrelor und CYP3A4-Substraten mit engen therapeutischen Indizes wird nicht empfohlen, da Ticagrelor die Konzentration dieser Arzneimittel erhöhen kann. Die gleichzeitige Einnahme von Ticagrelor mit Dosen von Simvastatin oder Lovastatin größer als 40 mg wird nicht empfohlen. Eine gleichzeitige Anwendung mit Arzneimitteln, die bekanntermaßen die Hämostase verändern, sollte mit Vorsicht erfolgen. Bei gleichzeitiger Anwendung von SSRI wird zur Vorsicht geraten, da dieses das Blutungsrisiko erhöhen kann. Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Ticagrelor sollte bei Patienten mit Blutungsneigung mit Vorsicht angewendet werden. Vorsicht ist geboten, wenn Patienten, innerhalb von 24 Stunden nach der Anwendung von Ticagrelor gleichzeitig Arzneimittel erhalten, die das Blutungsrisiko erhöhen können. Jeder Arzt oder Zahnarzt muss vor jeglicher geplanter Operation und bevor ein neues Arzneimittel eingenommen wird, über die Einnahme von Ticagrelor informiert werden. Sieben Tage vor einer elektiven Operation sollte Ticagrelor abgesetzt werden, wenn kein thrombozytenfunktionshemmender Effekt erwünscht ist. |
Besser wirksam als Clopidogrel
Die Sicherheit von Ticagrelor bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom wurde in der großen Phase-III-Studie PLATO (PLATelet Inhibition and Patient Outcomes) mit 18.624 Patienten bewertet. Dabei wurden Patienten, die mit Ticagrelor behandelt wurden (Initialdosis 180 mg, Erhaltungsdosis 90 mg zweimal täglich) mit Patienten verglichen, die Clopidogrel erhielten (300 bis 600 mg Initialdosis, Erhaltungsdosis 75 mg einmal täglich). Beide Therapien wurden zusammen mit Acetylsalicylsäure (ASS) und anderen Standardtherapien angewendet.
Primärer Endpunkt war die Kombination von kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt und/oder Schlaganfall nach einem Jahr. Ticagrelor war Clopidogrel überlegen. Patienten, die Ticagrelor erhielten, starben seltener an Gefäßerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall: In der Ticagrelor-Gruppe erlitten 9% der Patienten einen primären Endpunkt, unter der Behandlung mit Clopidogrel betrug diese Rate 11%, war also um 16% höher. Bei den mit Ticagrelor behandelten Patienten traten signifikant weniger kardiovaskuläre Todesfälle auf als unter der Clopidogrel-Therapie (9,8 vs. 11,7%, p = 0,4), auch Gesamtsterblichkeit, Herzinfarkte und Stentthrombosen waren geringer. Dabei war das Risiko für Blutungskomplikationen unter der Ticagrelor-Behandlung nicht signifikant höher als unter der Therapie mit Clopidogrel (12% vs. 11%, p = 0,4).
Nach diesen Daten kann Ticagrelor im Vergleich zu Clopidogrel bezogen auf ein Jahr Therapie und 1000 Patienten elf Todesfälle, 13 Herzinfarkte sowie sechs Stentthrombosen verhindern, und zwar ohne Zunahme an schweren Blutungen.
In den USA und Kanada hat Ticagrelor allerdings bisher keine Zulassung erhalten, weil dort die Arzneimittelbehörden die bisherigen Daten hier nicht als ausreichend gut beurteilt haben.
Erhöhte Blutungsgefahr
Die häufigsten Nebenwirkungen von Ticagrelor waren Dyspnoe (Kurzatmigkeit), blaue Flecken und Epistaxis (Nasenbluten); diese Reaktionen waren häufiger als bei den mit Clopidogrel behandelten Patienten. Häufige (≥ 1/100, < 1/10) Nebenwirkungen waren außerdem eine erhöhte Blutungsneigung, gastrointestinale Blutungen, subkutane oder dermale Blutungen sowie blaue Flecken.
Ticagrelor ist kontraindiziert bei Patienten mit aktiver pathologischer Blutung, bei Patienten mit einer intrakraniellen Blutung in der Vorgeschichte und bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Leberfunktionsstörung. Sofern klinisch indiziert, sollte Ticagrelor bei Patienten mit Blutungsneigung (z. B. aufgrund eines kürzlich zurückliegenden Traumas, einer kürzlich durchgeführten Operation, Blutgerinnungsstörungen, einer aktiven oder vor Kurzem aufgetretenen gastrointestinalen Blutung) mit Vorsicht angewendet werden.
Vorsicht ist ebenfalls geboten, wenn Patienten, innerhalb von 24 Stunden nach der Anwendung von Ticagrelor gleichzeitig Arzneimittel erhalten, die das Blutungsrisiko erhöhen können, wie nicht-steroidale antiinflammatorische Arzneimittel (NSAR), orale Antikoagulanzien und/oder Fibrinolytika.
Jeder Arzt oder Zahnarzt muss vor jeglicher geplanter Operation und bevor ein neues Arzneimittel eingenommen wird, über die Einnahme von Ticagrelor informiert werden. Wenn bei einem Patienten eine elektive Operation vorgesehen ist und kein thrombozytenfunktionshemmender Effekt erwünscht ist, sollte Ticagrelor sieben Tage vorher abgesetzt werden.
Quelle
Fachinformation zu Ticagrelor, Stand Dezember 2010.
Wallentin, L., et al.: Ticagrelor versus clopidogrel in patients with acute coronary syndromes. N. Engl. J. Med. (2009) 361(11): 1045 – 1057.
hel
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