Arzneimittel und Therapie

Wer trägt die Kosten für medikamentöse Hilfen?

Rauchen ist unstrittig gesundheitsschädlich. Es fördert das Auftreten verschiedenster Erkrankungen. Umso erstaunlicher ist es, dass bislang keine Kostenübernahme für die medikamentöse Unterstützung der Rauchentwöhnung durch die gesetzlichen Krankenkassen erfolgt, hieß es beim 52. Deutschen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. in Dresden.
Eine Verschlechterung der Lungenfunktion durch Rauchen ist belegt. Rauchen in der Jugend reduziert das normale Lungenwachstum, der Effekt ist während des ­weiteren Lebens nachweisbar. In der späten Erwachsenenphase und insbesondere im Alter beschleunigt Rauchen den jährlichen Abfall der Lungenfunktion, und zwar umso stärker, je länger und je stärker geraucht wurde. Doch zum Aufhören ist es nie zu spät: nach Beendigung des Rauchens gleicht sich die jährliche Abnahme der Lungenfunktion denen von Nichtrauchern an.

Knapp 34% der deutschen Bevölkerung sind Raucher, allerdings ist die Rate inzwischen etwas rückläufig. Das Rauchen bleibt dennoch eines der zentralen Gesundheitsrisiken und das nicht nur im Hinblick auf die COPD und den Lungenkrebs. Es gibt auch eindeutige Hinweise darauf, dass Rauchen allgemein das Krebsrisiko steigert und mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Demenz assoziiert ist. Raucher werden außerdem überproportional häufig frühberentet und weisen eine erhöhte Inzidenz an Schenkelhalsfrakturen auf.

Wirksam ist nur der komplette Rauchverzicht

Vor diesem Hintergrund ist die Tabakentwöhnung ein für die Raucher selbst wie auch die Gesellschaft vordringliches Ziel. Denn der Rauchverzicht wirkt sich günstig auf die Lungenfunktion aus, bessert Husten, Luftnot und Sputumproduktion sowie die Exazerbationsrate und reduziert die Mortalität. Ziel der Maßnahmen muss dabei immer ein kompletter Rauchverzicht sein. Weniger zu rauchen, mindert das Gesundheitsrisiko praktisch nicht, da der Rauch dann meist stärker inhaliert wird.

Dass auch Raucher den Rauchverzicht wollen, belegt die Tatsache, dass 90% von ihnen auf Befragen erklären, bereits einen Abstinenzversuch hinter sich zu haben. Nur 3 bis 5% der Raucher aber schaffen den Rauchverzicht aus eigener Kraft. Dagegen sind rund 30% mit entsprechender medizinischer Unterstützung bei der Tabakentwöhnung erfolgreich. Als effizient hat sich ein Entwöhnungskonzept erwiesen, das auf einer umfassenden psychosozialen wie auch medikamentösen Unterstützung basiert. Sinnvoll sind zum Beispiel Kurzinterventionen, bei denen dem Betreffenden deutlich gemacht wird, welche positiven Folgen der Rauchverzicht hat. So kann dargestellt werden, dass sich schon innerhalb von nur 20 Minuten nach dem Rauchen der Blutdruck wieder erholt, dass sich nach acht Stunden der CO-Gehalt im Blut normalisiert und nach zwei Tagen der normale Geruchs- und Geschmackssinn wieder zurückkehren. Nach drei Monaten hat sich die Lungenfunktion im Allgemeinen um bis zu 30% gesteigert und neun Monate nach der letzten Zigarette hat sich meist auch der Raucherhusten gelegt. Ein Jahr aber dauert es, bis das durch das Rauchen erhöhte KHK-Risiko um die Hälfte zurückgegangen ist. Statistisch dauert es sogar zehn Jahre, bis sich das Lungenkrebsrisiko halbiert hat und 15 Jahre, bis der Ex-Raucher wieder das Herzinfarktrisiko wie ein Nichtraucher aufweist.


EQUIPP-Report


Der Europe Quitting: Progress and Pathway-Report, kurz EQUIPP-Report, analysiert erstmalig die Maßnahmen und Fortschritte der europäischen Länder bei der Rauchentwöhnung und zeigt die unterschiedlichen Entwicklungen und Erfolge bei der Umsetzung des Nichtraucherschutzes auf. Der Report, der gemeinsam von Experten für Suchterkrankungen, Rauchentwöhnung und Tabakkontrolle erstellt wird, erlaubt außerdem Empfehlungen dazu, wie in den einzelnen Ländern die Infrastruktur der Rauchentwöhnung verbessert werden kann. Für Deutschland wird zu folgenden Maßnahmen geraten:

  • allgemeines Rauchverbot in der Öffentlichkeit

  • Werbeverbot für Tabakprodukte

  • Erhöhung der Tabaksteuer

  • Erstattung von Rauchentwöhnungsprogrammen und -therapien

  • Hausärzte als Zentrum der Rauchentwöhnung

  • Aufbau von regionalen Rauchentwöhnungsnetzwerken

  • Aufnahme der Rauchentwöhnung in die Ausbildung von Medizinstudenten und medizinischem Fachpersonal

Vareniclin steigert die Erfolgsrate

Bei der medikamentösen Unterstützung hat sich die Nicotinersatztherapie bewährt. Eine weitere Option stellt die Behandlung mit Vareniclin dar, dessen klinische Wirksamkeit in Studien mit mehr als 5000 Rauchern dokumentiert wurde. So wurde unter anderem in einer Studie bei 499 Patienten mit COPD über 52 Wochen eine mit 18,6% signifikant höhere Abstinenzrate als unter Placebo (5,6%) erzielt. Die Daten belegen damit, dass sich die medikamentöse Unterstützung lohnt.

Das hat Niederschlag in einer Resolution des Deutschen Ärztetages 2010 gefunden, in der gefordert wurde, dass Medikamente, die die Erfolgschancen eines Tabakentzugs verbessern, in die Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden sollten. Diese Forderung gründet sich auf die positiven gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchverzichtes, die bei Weitem die Wirkungen von Acetylsalicylsäure, von Statinen sowie von Betablockern übersteigen, heißt es in den Beschlüssen des Ärztetages. Die Rauchentwöhnung ist für verschiedene Volkskrankheiten eine hochwirksame und auch kosteneffektive Therapieform und es ist nunmehr "an der Zeit, Barrieren und Hindernisse für die Tabakentwöhnung als Therapie dieser Erkrankungen aus dem Weg zu räumen", so die Forderungen beim Pneumologenkongress in Dresden.


Zum Weiterlesen


Raucherentwöhnung

Guter Vorsatz? So gelingt der Abschied vom Glimmstängel

Hilfe durch Coach und Nicotinersatztherapie.

DAZ 2011, Nr. 1, S. 74– 79.



Quelle

Prof. Dr. Stefan Andreas, Immenhausen; Dr. Thomas Hering, Berlin: Symposium "Medikamentös unterstützte Rauchentwöhnung – Lifestyle oder medizinische Notwendigkeit?" beim 52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., Dresden, 8. April 2011, veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Berlin.


Medizinjournalistin Christine Vetter



DAZ 2011, Nr. 17, S. 39

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