ADEXA Info

Viel Arbeit, wenig Gehalt

Eine Filialleitungsposition sei, sollte man meinen, ein echter Karriereschritt: deutlich mehr Verantwortung bei deutlich höherem Gehalt. Eine aktuelle ADEXA-Online-Umfrage zeigt, dass die Realität diesem Anspruch hinterherhinkt: 15 Prozent der teilnehmenden Filialleiter* bekommen nicht einmal eine übertarifliche Bezahlung, von den restlichen 85 Prozent erhält jeder zweite nur sieben bis 14 Prozent über Tarif.

* Zeitraum der Umfrage: Mitte November 2010 bis Mitte Februar 2011; bei den Teilnehmern wurde nicht nach ADEXA-Mitgliedern und -Nichtmitgliedern differenziert. – Die Auswertung finden Sie unter www.adexa-online.de.

Nicht unter Wert verkaufen

Nur jeder vierte Filialleiter erhält eine übertarifliche Bezahlung von über 20 Prozent. Die Empfehlung von ADEXA liegt bei 30 Prozent über Tarif. "Das Ergebnis ist in dieser Hinsicht ernüchternd", so Tanja Kratt, Zweite Vorsitzende von ADEXA. "Wir können nur jedem angehenden Filialleiter raten, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Die Verantwortung und Arbeitsbelastung sind hoch – die Bezahlung muss dem angemessen sein. Alles andere ist Ausbeutung engagierter, oftmals junger Approbierter." Wer bereits bei niedrigem Gehalt tätig ist, dem rät die Tarifexpertin, möglichst bald eine neue Gehaltsverhandlung zu führen.

"Im Rahmen der Rechtsberatung machen wir aber deutlich bessere Erfahrungen", ergänzt ADEXA-Rechtsanwältin Iris Borrmann. "Die Verträge, die von unseren Mitgliedern vorgelegt bzw. abgeschlossen werden, sehen in der Regel 25 bis 35 Prozent über Tarif vor – auch mehr ist keine Seltenheit." Einen Bonus oder eine Gewinnbeteiligung erhalten rund 14 Prozent der Befragten.

Arbeitszeiten

Da es bis heute keine bundesweit einheitlichen Vorgaben für die Arbeitszeiten von Filialleitern gibt, aber inzwischen von den meisten Kammern Vollzeit, tarifliche Arbeitszeit oder Hauptberuflichkeit gefordert wird, ist die Vertragsgestaltung hier noch sehr variabel: Die Angaben bei den Wochenstunden reichen von 20 bis 70 (!). 44 Prozent der Befragten gaben an, die tarifliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu arbeiten. Bis zu 30 Stunden pro Woche sind in neun Prozent der Fälle vereinbart. Bei sechs Prozent liegt die Wochenarbeitszeit höher als die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden!

Weitere Approbierte

In vier von zehn Filialapotheken arbeitet neben dem Filialleiter nur noch ein weiterer Approbierter – und dann vielfach nur stundenweise. Elf Prozent der Befragten gaben sogar an, dass außer ihnen keine weiterer angestellter Apotheker arbeitet. In diesen Fällen ist fraglich, wie die gesetzlichen Anforderungen bzgl. Anwesenheit eines Apothekers praktisch umgesetzt werden.

Personalverantwortung

Lediglich acht Prozent der Befragten dürfen selbstständig Mitarbeiter einstellen und entlassen. Diese Formen der Personalverantwortung sind in Arbeitsverträgen von Filialleitern meist ausgeschlossen und bleiben dem Apothekeninhaber vorbehalten.

Lassen Sie sich beraten!

"Bevor Sie einen Vertrag als Filialleiterin oder Filialleiter unterzeichnen, sollten Sie ihn von unserer Rechtsberatung überprüfen lassen", rät Iris Borrmann allen ADEXA-Mitgliedern, die sich für eine Leitungsfunktion interessieren. Borrmann befasst sich seit Jahren mit den arbeitsrechtlichen Aspekten der Filialleitung. Sie hält Vorträge und Seminare zum Thema und hat darüber ein Buch mitverfasst (s. Kasten).

Literaturempfehlung


I. Borrmann, E. Hoffmann: Filialapothekenleitung – Rechtsfragen, Arbeitsverträge, Praxistipps. Deutscher Apotheker Verlag, 2011, 34,80 Euro, ISBN 978-3-7692-5100-5


Dr. Sigrid Joachimsthaler



DAZ 2011, Nr. 17, S. 73

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.