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Wo bleibt die Dynamisierung des Apothekerhonorars?

Peter Ditzel

So kann es nicht mehr weitergehen! Seit 2004, seit der Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) von der degressiven Staffelung auf einen Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,10 Euro Fixhonorar erfolgte keine weitere Anpassung der Apothekervergütung. Mir ist keine Dienstleistungsbranche bekannt, die heute noch einen Honorarsatz auf der Basis von 2004 in Rechnung stellt. Und die heute sogar noch wesentliche Mehrleistungen gegenüber 2004 erbringt, Stichwort Rabattarzneimittelauswahl. Jährlich steigen die Kosten auf nahezu allen Gebieten: Gehälter, Energie, Mieten. Die Inflation nimmt an Fahrt auf. Aber die Apothekerhonorierung ist eingefroren. Da die Anzahl der Arzneimittelpackungen das Honorar des Apothekers mitbestimmen und die Menge der abgegebenen Arzneimittel nahezu konstant geblieben ist, konnte die Apotheke auch über diesen Mechanismus keine Zuwächse erwirtschaften. Hinzu kommt der Kassenzwangsabschlag, der von anfangs 2 auf 2,30 Euro noch erhöht wurde und nach einer kurzen Absenkung auf 1,75 (über die noch gestritten wird) sich nun bei 2,05 Euro befindet – auch darüber waren dem Apotheker keine höheren Einkünfte beschieden.

Dennoch, die Mehrheit der Apothekerinnen und Apotheker empfindet die heutige Form der Apothekerhonorierung, losgelöst vom Arzneimittelpreis, prinzipiell als richtig. Denn mit dieser Ausgestaltung der Honorierung ist dem Apotheker kein Vorwurf zu machen, er verdiene an der Abgabe teurer Arzneimittel. Aber man hört mittlerweile auch kritische Stimmen, die davon sprechen, dass man die AMpreisV 2004 ohne große Not auf den "Müll der Geschichte" geworfen habe, wie es Jörn Graue, Präsident des Hamburger Apothekervereins, unlängst formulierte. Die jetzige Honorierungsform könne sich nun als "Sargnagel der Apotheken" erweisen, meinte er. Ob man gleich soweit gehen muss, sei dahingestellt.

Aber er legt den Finger in die Wunde: Warum ist bis heute noch keine Anpassung dieser Apothekervergütung erfolgt? Warum wurde seinerzeit keine automatische Anpassungsklausel in das Gesetz aufgenommen, so wie es für die Ärzte vorgesehen ist? Deren GKV-Einkommen ist an die Steigerung der Grundlohnsumme gekoppelt. Jetzt hört man immer mehr Stimmen, die vehement eine Anpassung, am besten eine Dynamisierung der Apothekervergütung ähnlich dem Mechanismus der Ärztevergütungen, fordern.

Wir sollten es bei dieser Forderung nicht bewenden lassen: Im Apothekenbereich gibt es noch weitere Honorare, die unbeweglich wie Blei und Beton zu sein scheinen. Wie sieht es eigentlich mit den Vergütungen für Rezepturen aus? Nur fünf Euro für das Anfertigen einer Salbe ist nicht mehr tragbar. Wie sieht es mit einer Anpassung der Notdienstgebühr aus? 2,50 Euro für diese Dienstleistung ist hoffnungslos unterbezahlt. Auch für die zunehmenden Dokumentationspflichten sollten wir Gebührenforderungen erheben. Ganz zu schweigen von einer Handlingsgebühr für Rabattarzneimittel, die längst überfällig ist. Ist die Apotheke mittlerweile eine Institution geworden, die auf caritativer Basis arbeitet?

Dass das an die Packungsanzahl gekoppelte Apothekerhonorar unbedingt dynamisiert werden muss, ist auch aufgrund der beschlossenen Änderung der Packungsgrößenverordnung notwendig. Die Normgrößen werden ab 2013 auf Reichweiten umgestellt mit der Folge, dass es Packungen geben wird, die für einen Vierteljahresbedarf ausgelegt sind. Im Klartext: Die Apotheken sehen den Chroniker nur einmal im Vierteljahr statt monatlich und geben dementsprechend nur eine Packung statt drei Packungen ab – eine Kürzung des Apothekerhonorars durch die Hintertür. Es ist höchste Zeit, unsere berechtigten Forderungen laut und deutlich der Politik zu unterbreiten. Glaubt man den Aussagen der Politik, dann will keine Partei auf die heutige bestens funktionierende und flächendeckende Arzneimittelversorgung durch die Apotheken verzichten, wie beispielsweise die Gesundheitspolitikerinnen auf dem Sächsischen Apothekertag in ihren Grußworten betonten (Bericht siehe hier). Jetzt können sie zeigen, ob dies nur Floskeln waren oder ob sie sich auch für die Apotheken einsetzen. Die Politik muss wissen: Leistung hat ihren Preis. Wenn die Apothekervergütung nicht angepasst wird, wenn den Belastungen durch das AMNOG nicht gegengesteuert wird, dann will die Politik eine Ausdünnung des Apothekennetzes – und dann soll sie dies sagen.


Peter Ditzel



DAZ 2011, Nr. 14, S. 3

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