Interpharm 2011

Individuelle Dosierung und Medikationsfehler bei Kindern

Die Dosierung von Arzneimitteln ist bei Kindern oftmals schwierig, da für diese Altersgruppe nur wenige zugelassene Medikamente mit ausgewiesenen Dosierungsangaben existieren. Aus dem Off-label-use ergeben sich häufig Über- oder Unterdosierungen, die zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führen.

Physiologische Besonderheiten im Säuglings- und Kindesalter bedingen große pharmakodynamische und pharmakokinetische Unterschiede, die bei einer altersgerechten Dosierung berücksichtigt werden müssen. Da sich die Parameter zudem sehr schnell verändern können, ist zumindest in den ersten Lebenswochen und -monaten eine ständige Dosisanpassung notwendig. Dabei ist es aber nicht möglich, die Dosis für ein Kind einfach linear nach dem Körpergewicht aus der Erwachsenendosis abzuleiten. Vielmehr muss auf Angaben aus der Literatur zurückgegriffen werden (siehe Kasten) oder eine individuelle Berechnung erfolgen, bei der die Körperoberfläche (Bestimmung mithilfe von Nomogrammen) eine besondere Rolle spielt.

Physiologische Besonderheiten beachten

Bei Früh- und Neugeborenen (< 36. Schwangerschaftswoche, 0 bis 27 Tage) ist die Metabolisierung noch wenig entwickelt und die Nierenfunktion verringert. Die Halbwertszeiten nahezu aller Arzneimittel sind daher verlängert. Neben der Arzneimittelelimination unterscheidet sich auch die Arzneimittelverteilung deutlich von der älterer Kinder. Insbesondere bei den Frühgeborenen sind das Gesamtkörperwasser sowie der Extrazellularraum deutlich erhöht, so dass wasserlösliche Arzneistoffe höher dosiert werden müssen. Solche, die sich im Fettgewebe verteilen, bedürfen hingegen einer niedrigeren Dosierung.

Bei den Säuglingen und Kleinkindern (28 Tage bis 23. Lebensmonat) ist ein rasches Wachstum und schnelle Reifung der Organe zu beobachten. Die Körperzusammensetzung ähnelt spätestens am Ende des zweiten Lebensjahres der von Erwachsenen. Auch entspricht die Bindung der Arzneistoffe an Plasmaproteine weitgehend den Verhältnissen beim Erwachsenen. Falsche Dosierungen sind im zweiten Lebensjahr nicht mehr so schlimm wie anfangs, wie Frey betonte.

Im Kindesalter (3. bis 11. Lebensjahr) verlangsamen sich Wachstum und Gewichtszunahme, so dass eine Dosisanpassung in größeren Intervallen erfolgen kann. Bei den Jugendlichen (12. bis 17. Lebensjahr) entspricht die Dosierung von Arzneimitteln weitgehend der bei Erwachsenen. Die größte Herausforderung stellt in dieser Altersgruppe die Sicherstellung der Compliance dar.

Geeignete Arzneiformen auswählen

Bei Früh- und Neugeborenen werden Arzneimittel in der Regel i. v. gegeben. Flüssige Oralia können auch appliziert werden, vorzugsweise mit Oralspritzen. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Gabe flüssiger Oralia (Oralspritze, geeignete Dosierhilfe) der Normalfall. Feste Oralia sind erst ab dem Vorschul- bzw. Schulalter empfehlenswert. Inhalationen erfolgen bis zu einem Alter von ca. drei Jahren über eine Inhalierhilfe mit Maske. Kinder und Jugendliche können sowohl Dosieraerosole als auch Pulverinhalatoren (ab ca. sechs Jahren) verwenden.

Nützliche Literatur mit Angaben zu Kinderdosierungen


  • von Harnack, G.-A.; Janssen, F.: Pädiatrische Dosistabellen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2009.

  • Bruhn, C.; Frey, O.; Wagner, R.: Das Kind in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2005.

  • Schilcher, H.; Dorsch, W.: Phytotherapie in der Kinderheilkunde. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2006.

  • Pediatric Dosage Handbook.

  • BNF for children.

  • Medikationsfehler bei Kindern, Dr. Otto Frey, Heidenheim.

Medikationsfehler vermeiden helfen

Der Apotheker kann dazu beitragen, dass eine für das jeweilige Alter geeignete Darreichungsform in der richtigen Dosierung beim Kind zur Anwendung kommt. Bei der Herstellung einer Rezeptur, sollte eine zweite Person die Berechnung kontrollieren. Auch sollten ärztliche Dosierungen grundsätzlich überprüft werden. Beim Bestehen von Unklarheiten empfahl Frey, immer beim Arzt Rücksprache zu halten und nicht eigene Vermutungen anzustellen. Trockensäfte sollten in der Apotheke angefertigt werden, um Herstellungsfehler zu Hause zu vermeiden. Am besten wird zudem die Dosierung auf der Dosierhilfe mit einem Permanentmarker markiert. Schließlich sollte bei der Abgabe den Eltern nicht nur Dosierung, Art und Dauer, sondern auch das Anwendungsgebiet des Medikamentes genannt werden, um eventuelle Irrtümer in der Verordnung aufzudecken.


Gode Meyer-Chlond



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DAZ 2011, Nr. 14, S. 100

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