Gesundheitspolitik

OLG: Vitalsana verstößt gegen Apothekenrecht

Stuttgart (ks). Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat der niederländischen Versandapotheke Vitalsana untersagt, in Deutschland eine Apotheke zu betreiben – jedenfalls solange sie nicht über eine Apothekenbetriebserlaubnis verfügt.

Selbst wenn sie nur einzelne Arbeitsgänge, die dem pharmazeutischen Bereich unterfallen, in Deutschland durchführe, bedürfe sie einer deutschen Betriebserlaubnis – eine Teilbetriebserlaubnis gibt es schließlich nicht. Zudem darf die Schlecker-Apotheke dem Urteil zufolge ihre pharmazeutische Beratung nicht nur über eine kostenpflichtige Telefon-Hotline zur Verfügung stellen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin, die Wettbewerbszentrale, freut sich über den Etappensieg, ist aber sicher, dass der Bundesgerichtshof das letzte Wort in diesem Fall sprechen wird.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Ulm noch entschieden, dass die Schlecker-Tochter keiner deutschen (Teil-)Betriebserlaubnis bedürfe (AZ 21/2010). Das OLG Stuttgart sieht das jedoch anders. Grundsätzlich räumen die Richter zwar ein, dass eine niederländische Versandapotheke keine deutsche Betriebserlaubnis benötige, da die Niederlande auf der für die Gerichte bindenden BMG-Übersichtsliste stehen. Zugleich betonen sie aber auch, dass man die Zulässigkeit des Versandhandels nicht unabhängig davon festschreiben könne, welche Tätigkeiten über eine gewerbliche Niederlassung in Deutschland erledigt werden. Dies könne zu "Schutzlücken" führen, da eine lückenlose Kontrolle nach dem Maßstab des deutschen Apothekenrechts wegen der Aufspaltung der Kontrolle auf Behörden zweier Staaten nicht gewährleistet wäre. Dies wäre mit dem Grundgedanken des deutschen Apothekengesetzes unvereinbar, so das OLG. Dieses knüpft die Befugnis zum Apothekenbetrieb an eine personengebundene Erlaubnis. Dabei gehe der Gesetzgeber davon aus, dass der Erlaubnisinhaber die ihm als Apothekenleiter obliegende pharmazeutische Tätigkeit nicht aus der Hand geben dürfe. Wenn aber eine ausländische Versandapotheke Arbeitsgänge, die dem pharmazeutischen Betrieb zuzurechnen sind, in Deutschland ausführen lasse, bedürfe sie dazu einer deutschen Betriebserlaubnis. So hat die Beklagte etwa eingeräumt, dass sie Anrufe zur Bestellannahme und Beratung von einer deutschen Drittfirma entgegennehmen und bearbeiten lässt, wenn die Kapazitäten in Holland erschöpft sind. Das OLG betont, dass es sich dabei um pharmazeutisch bedeutsame Tätigkeiten handele, auf die Zahl der tatsächlich in Deutschland abgearbeiteten Anrufe komme es nicht an. Vielmehr berühre jeder einzelne Anruf den Schutzzweck der hier in Rede stehenden Normen, nämlich die Arzneimittelsicherheit und damit die Volksgesundheit zu wahren.

Was die Telefon-Hotline betrifft, für die Kunden Entgelte zu zahlen haben, so führt das OLG aus, dass diese nicht mit der in der Apothekenbetriebsordnung verankerten Beratungspflicht vereinbar sei. Zwar bestehe für Versandapotheken eine Ausnahme von der Beratungspflicht, um ihren tatsächlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Jedoch dürfe eine Versandapotheke keinerlei Hürden aufrichten, die geeignet sein könnten, den Kunden davon abzuhalten, sich den Rat einzuholen, den er sich einholen möchte. Dies ist auch bedeutsam für deutsche Versandapotheken, die zum Teil ebenfalls kostenpflichtige Beratungs-Hotlines anbieten.

Das Urteil des OLG Stuttgart vom 17. Februar 2011 (Az.: 2 U 65/10) finden Sie hier (bitte hier klicken).



AZ 2011, Nr. 8, S. 1

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