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- AZ 51/2011
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Gesundheitspolitik
Liebes Christkind
Nein, ich halte das bald nicht mehr aus. Heute war der Großhandelsvertreter da und hat mir meine neuen Konditionen präsentiert. Ich hätte mich fast unfein von ihm verabschiedet.
1 Prozent Rabatt hat er mir geboten, in Worten: ein Prozent. Dazu noch Gebühren für Dispos, Kühlketten-Artikel und Zytos – ich fragte ihn, was ich dem Großhandel wohl im nächsten Jahr bezahlen muss, wenn ich ihn um eine Belieferung bitten darf. So kann das doch nicht weitergehen. Es stimmt natürlich: Am besten wäre es, wenn wir Apothekers nicht mehr auf den Großhandelsrabatt angewiesen wären. Ein vernünftiges Honorar, deutlich über 8,10 Euro – das wäre mein größter Wunsch an Dich. Gib doch dem Heinz-Günter und dem Fritz von der ABDA gute Ideen, damit sie das endlich mal durchboxen. Wir brauchen mehr Geld, sonst gehen in meiner Apotheke die Lichter aus.
Wie Du weißt, liebes Christkind, kommt im nächsten Jahr die neue ApBetrO auf uns zu mit vielen Auflagen. Ich muss diskrete Beratungsplätze bauen, dafür brauche ich Geld. Und ich möchte auch weiterhin eine kleine Defektur machen dürfen. Wenn mein Hautarzt zehnmal die gleiche Salbe rezeptiert, möchte ich die auf Vorrat herstellen können, ohne viel QMS-Brimborium. Ich bin doch keine Pharmaindustrie. Noch einen Wunsch zur ApBetrO: Zeig unserer ABDA, dass wir noch lange keine Drogerie sind, wenn eine edle Gesichtscreme und ein Duschgel im Regal stehen – das ist nicht der Untergang der Apotheke. Und Arzneimittel möchte ich meinen Kunden auch mit unserem Fahrer nach Hause schicken dürfen, zur Not mit Versandhandelserlaubnis.
Und sag dem Daniel im BMG, Camembert light und Cola light sind genug, eine Apotheke light braucht kein Mensch. Weil wir gerade bei der Politik sind, wie wärs, wenn Du den SPD-Genossen ein bisschen Hirn mitbringst – ich glaube, die wissen gar nicht, was sie in ihrem Leitantrag beschlossen haben. Mach ihnen bitte klar, dass Liberalisierung der Arzneiversorgung nur eins bedeutet, nämlich Ketten. Und das ist das Aus für kleine Apotheken. Jetzt die schwarz-gelbe Regierung mit AMNOG, Light-Apo und Pick up, danach eine rot-grüne mit Liberalisierung, Ketten und OTC im Supermarkt – dann sind wir tot. Das kannst Du doch nicht wollen.
Ich weiß, das sind jede Menge Wünsche, ich hoffe, ich habe nichts vergessen.
Damit Du sie alle erfüllen kannst, hab ich auch peinlich genau mein Wunschzettelformular ausgefüllt. Nach dem Affenzirkus mit den Novitas- und Big-gesund-BKKen kenn ich mich jetzt aus: Meine Unterschrift ist handschriftlich, das Datum und alle Kreuzchen sind an der richtigen Stelle. Ich möchte doch nicht, dass Du meinen Wunschzettel auf Null retaxierst.
Dein Apothekerlein Peter
AZ 2011, Nr. 51-52, S. 1
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