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Gesundheitspolitik
Mehr Packungen, mehr pharmazeutische Mitarbeiter – aber der Rohertrag bleibt weit zurück
Der genannte Anstieg der Packungszahlen ist gut zu erklären. Zu verweisen ist auf
die demografische Entwicklung der Bevölkerung;
eine zunehmende Multimorbidität;
die verstärkte Verlagerung von der stationären zur ambulanten ärztlichen Behandlung;
ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung, das sich auch in einem höheren Anspruchsdenken äußert;
neue, verbesserte Möglichkeiten der Arzneitherapie von Krankheiten;
mehr Vertragsärzte (+2,6% von 2004 bis 2009).
Verbunden mit dem Anstieg der Packungszahlen erhöhte sich zwischen 2004 und 2009 auch die Zahl der in öffentlichen Apotheken beschäftigten Personen (+7,3%; einschließlich Leiter). Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die Zahl der nicht-pharmazeutischen Mitarbeiter ("back-office") stagnierte bzw. sogar leicht zurückging. Der Anstieg konzentriert sich also ganz auf die, die in den Apotheken pharmazeutisch tätig sind: auf Approbierte, Pharmazeuten im Praktikum, Apotheker-Assistenten/Pharmazieingenieure und PTA. Darin zeigt sich: Die Apothekenleiter haben auf den zunehmenden Beratungsbedarf (Folge vor allem der Rabattverträge, aber auch der wachsenden Zahl gesundheitsbewusst-kritischer Arzneiverwender) angemessen reagiert – sie haben sich mit Mitarbeitern verstärkt (+10,0%), die für die zunehmenden Beratungsaufgaben die notwendige Qualifikation mitbringen. Damit sind die Apotheken in beeindruckender Weise ihrer Verantwortung im Rahmen der Beratung und Abgabe (als letzter, kompetenter Kontrolleur vor der Einnahme) von Arzneimitteln an die Patienten nachgekommen. Das bedeutet zugleich, dass die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM je pharmazeutische Kraft in den letzten sechs Jahren so gut wie unverändert geblieben ist.
Vergleicht man die Entwicklung je Rx-FAM, das zulasten der GKV abgegeben wurde, innerhalb der Wertschöpfungsstufen (von der Herstellung bis zur Abgabe), so sind die öffentlichen Apotheken bis zum Jahre 2008 ertragsmäßig von der allgemeinen Entwicklung vollständig abgekoppelt worden. Mit der Absenkung des Kassenabschlages (von 2,30 Euro auf 1,75 Euro) konnten die Apotheken im Jahre 2009 zwar erstmals (mit +5,9% gegenüber 2004) ein wenig Boden gut machen. Dennoch konnten sie die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten (+8,6%) auch weiterhin nur aus der Ferne beobachten. Die Anhebung des Kassenabschlages auf 2,05 Euro je Rx-FAM ab 2011 versetzt sie beim Fixzuschlag (8,10 Euro abzgl. Kassenrabat je Rx-FAM) in den Stand des Jahres 2004 zurück. Selbst die nach oben zeigende Entwicklung der kaufmännischen Komponente (3% auf den Apothekeneinkaufspreis) mit +23,9% bringt kaum eine betriebswirtschaftliche Entlastung. Denn der gesamte Apothekenrohertrag je Rx-FAM, das zulasten der GKV abgegeben wird, wird in 2011 gegenüber 2004 doch nur um 2,8% gestiegen sein (geschätzt auf Basis der Entwicklung, wie unter [1] beschrieben). Die Belastung der Versichertengemeinschaft durch Ausgaben für Arzneimittel wird demgegenüber im gleichen Zeitraum 2004 bis 2011 achtmal so schnell (um 22,6%) gestiegen sein, die Einnahmen des Staates (über die Mehrwertsteuer) sogar fünfzehnmal so schnell (um 41,9%).
Wenn die unzureichende Entwicklung beim Apothekenrohertrag für Rx-FAM zulasten der GKV nicht bald korrigiert wird, dürfte die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in naher Zukunft ernsthaft gefährdet sein. Denn: Auf Dauer können nur rentabel betriebene Apotheken ihren Versorgungsauftrag erfüllen.
Korrespondenzadresse: Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Unternehmensberater, Bremerstr. 30, 45239 Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de
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