Gesundheitspolitik

OLG Stuttgart: Skonti auf Rx-Rezepte sind stets unzulässige Barrabatte

Nach den Boni-Entscheidungen des BGH: Wie ist mit Barrabatten umzugehen?

Stuttgart (ks). Die Gewährung von Skonti auf Privatrezepte und Patientenzuzahlungen stellt eine unzulässige Umgehung des durch die Arzneimittelpreisverordnung bewirkten Barrabattverbotes dar. Einen wettbewerbsrechtlich relevanten "Geringwertigkeitsvorbehalt" wie bei Boni, Talern oder ähnlichen Vergünstigungen gibt es bei Barrabatten nicht. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem aktuellen Urteil entschieden. (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 25. August 2011, Az.: 2 U 21/11)

In dem Fall ging es um einen Apotheker, der in seinem Kundenmagazin damit geworben hatte, dass er zusätzlich zu anderen Vergünstigungen 3 Prozent Skonto auf Privatrezepte und Rezeptgebühren gewähre. Dies rief die Wettbewerbszentrale auf den Plan. Schon das Landgericht Tübingen folgte deren Bedenken und untersagte dem Apotheker die Gewährung besagter Skonti. Nun hat das OLG Stuttgart diese Entscheidung bestätigt. Das Landgericht habe zu Recht unter Berufung auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zu Apothekenboni vom 9. September 2010 angenommen, dass die Einräumung der Skonti gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung verstoße. Wenn die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung bereits verletzt seien, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt werde, der Kunde aber gekoppelt mit dem Arzneimittelerwerb Vorteile wie Einkaufsgutscheine oder Boni erhält, die ihm den Erwerb wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen, so müsse dies erst recht gelten, wenn eine vom Kunden zu erbringende Zahlung unmittelbar reduziert werde, so wie dies hier durch die Skonti geschehe. Die Annahme eines Verstoßes gegen die arzneimittelpreisrechtlichen Vorgaben sei auch weder verfassungswidrig noch bestünden europarechtliche Bedenken.

Spürbar beeinträchtigte Mitbewerber

Das beanstandete Verhalten sei überdies geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG). Gerade weil durch die Preisbindung ein Wettbewerb über den Preis grundsätzlich ausgeschlossen wird, seien auch relativ geringfügige Rabatte geeignet, auf das Kundenverhalten Einfluss zu nehmen, so das Gericht. Zumal ein Großteil der Kunden bekanntlich zwischen mehreren Apotheken in ihrer Nähe wählen könne.

Die Skonti seien weiterhin als Zuwendung nicht von § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) gedeckt. Der "Geringfügigkeitsvorbehalt", wie ihn der BGH bei Talern und Boni angenommen hat, greife nur ein, wenn die in der Norm genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nur dann besteht die Notwendigkeit, Wertungswidersprüche zwischen der wettbewerbsrechtlichen Betrachtung in Verbindung mit den Vorschriften der Arzneimittelpreisbindung einerseits und dem Heilmittelwerberecht andererseits zu vermeiden. Anders sehe es bei Barrabatten aus: Diese seien gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 HWG generell unzulässig, soweit sie entgegen den Vorschriften des Arzneimittelpreisrechts gewährt werden.

Revision zugelassen

Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Es wird sich zeigen, ob der Bundesgerichtshof auch hier das letzte Wort sprechen wird – das OLG hat die Revision jedenfalls zugelassen. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinen wegweisenden Entscheidungen vor einem Jahr nämlich lediglich mit Apothekentalern und Boni befasst, die gerade keine Barrabatte darstellen.

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