- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 35/2011
- DAX: Auf der Hut vor ...
Wirtschaft
DAX: Auf der Hut vor Jackson Hole
Die Marktlage
Voraussetzung für eine nachhaltige Trendwende am Aktienmarkt seien Beweise für eine Haushaltskonsolidierung der hochverschuldeten Euroländer – und zwar bei gleichzeitiger Wiederbelebung der Konjunktur. Das scheint ein frommer Wunsch, der vermutlich lange auf sich warten lässt und lässt darauf schließen, wie tief das Misstrauen der Anleger sitzt. Selbst von der noch vor wenigen Wochen hoch gepriesenen "günstigen Bewertung" am deutschen Aktienmarkt ist inzwischen nicht mehr die Rede. Die Gewinnschätzungen seien schließlich nach unten revidiert worden, heißt es jetzt dazu lapidar. Eine Revision, der schnell eine weitere folgen könnte, fürchten die Profis. Nach Ansicht einiger Ökonomen deutet die Datenlage in den USA inzwischen auf eine Rezession hin – und eine solche sei am Parkett noch lange nicht eingepreist. Die Flucht aus den Risikopapieren treibt unterdessen seltsame Blüten. So ist die Verzinsung von US-Staatspapieren kurzfristig erstmals unter die 2 Prozent-Marke gefallen und Gold schlägt wilde Kapriolen.
Dennoch keimt am Aktienmarkt Hoffnung auf. Jüngst ließ SAP-Co-Chef Hagemann gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" verlauten, was er da im Radio höre, passe so gar nicht mit den realen Erfahrungen bei SAP zusammen. Diese Ansicht dürfte so mancher Firmenlenker teilen. Zumindest fielen die Einkaufsmanagerdaten beim wichtigsten Handelspartner China besser als erwartet aus. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet für 2011 mit einem Plus von 11 Prozent bei den Ausfuhren, für 2012 werden immerhin noch plus 9 Prozent erwartet.
Auch Bundesfinanzminister Schäuble rechnet für 2011 mit guten 3 Prozent BIP-Wachstum. In den USA sind die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter im Juli mit 4 Prozent doppelt so hoch ausgefallen wie erwartet. So schlecht kann es also um die Unternehmensergebnisse nicht bestellt sein, meinen viele Investoren und trauen sich zaghaft aus der Deckung. Gestützt wird der aufkeimende Optimismus durch die Hoffnung auf eine erneute Geldspritze durch die US-Notenbank. Die Spekulation auf billiges Geld überdeckt sogar die Negativschlagzeilen über die Herabstufung Japans durch die Ratingagentur Moody‘s und den schlechten Ifo-Geschäftsklimaindex in Deutschland. Einen Hinweis über die weiteren geldpolitischen Schritte erhoffte man sich von der Rede von US-Notenbankchef Bernanke am 26. August in Jackson Hole, Wyoming.
Bulle & Bär – was bringt die neue Börsenwoche?
Die Kurse purzeln – die Jahresendprognosen auch. Inzwischen erwarten Analysten im Durchschnitt nur noch 6360 DAX-Punkte. Allerdings wittern einige Profis auf kurze Sicht schon wieder Morgenluft, nachdem sich der Boden bei 5400 Punkten dem Anschein nach als tragfähig erwiesen hat und die Kurse seitdem wieder steigen.
Unterdessen sollte man als Anleger nicht automatisch davon ausgehen, dass der DAX seinen Boden bereits gefunden hat und der Kursrutsch damit ausgestanden ist. Aus zweierlei Gründen: Einmal fiel die viertägige Erholungsphase insgesamt vergleichsweise schwach aus. Nach rund 2000 Punkten Verlust im DAX hätte man wesentlich mehr erwarten können. Zum anderen hängt das weitere Schicksal des Marktes scheinbar wieder einmal von der Geldpolitik der Amerikaner ab. Das ist bedenklich, weil das endlos billige Geld volkswirtschaftlich bislang kaum etwas gebracht hat und daher sehr umstritten ist. Im Übrigen ist es sehr wahrscheinlich, dass Ben Bernanke den hohen Erwartungen der Marktteilnehmer nicht gerecht werden wird. Das kann böse enden. Vor diesem Hintergrund scheint ein baldiger Test des bisherigen Tiefs bei rund 5400 DAX-Punkten die wahrscheinlichere Variante zu sein.
Eckdaten zum 25. August 2011 (alle Angaben ohne Gewähr) | |
DAX (25. 8., 11.30 h) |
5722 Punkte |
Dow Jones (24. 8., Schluss) |
11.320 Punkte |
Gold (Feinunze) |
1727,90 Dollar |
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt) |
1,79% |
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
1,28%
2,50% (NBC Direkt)
|
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
|
1,90%
3,00% (Bank of Scotland, IKB direkt AG, NBC Direkt)
|
Thema der Woche: Eurobonds
Die Euroländer mit guter Bonität fürchten sie, für die Staaten mit schlechtem Rating scheinen sie die einzige Hoffnung zu sein: Die gemeinsame EU-Anleihe, kurz: Eurobonds. Damit nähmen die EU-Staaten gemeinsame Kredite am Finanzmarkt auf und würden auch gemeinsam für Rückzahlung und Zinsen haften. Für Staaten wie Portugal, Irland, Griechenland oder Spanien ("PIGS-Staaten"), die gar keinen Zugang zum Kapitalmarkt mehr haben oder diesen nur zu sehr teuren Zinsen anzapfen können, wäre die Einführung von Eurobonds die Rettung. Dadurch wäre für sie der Zugang zu besseren Kreditbedingungen gewährleistet, sämtliche Spekulationen gegen die Defizitsünder liefen ins Leere. Für das gefürchtete Rating der US-Agenturen wäre nur noch eine Größe maßgeblich: Die Kreditwürdigkeit der EU insgesamt. Die ist nicht schlecht – dank relativ solider Staatsbilanzen in Deutschland, Österreich, Frankreich und den Niederlanden. Diese Länder genießen eine Top-Bonität und zahlen deshalb an den Kapitalmärkten sehr geringe Zinsen. Sie haben naturgemäß keinerlei Interesse an der Einführung einer Gemeinschaftsanleihe. Sie fürchten dabei nicht nur eine Erhöhung ihrer Zinslast durch die zusätzlich übernommenen Bürgschaften für die wirtschaftlich schwächeren Staaten. Bedenken ergeben sich auch in Hinblick auf die Kontrollmöglichkeiten der Defizitsünder. Schließlich entfiele dadurch der Druck auf diese Länder zu einer soliden Haushaltsführung. Doch jenseits aller Debatten und ungeklärten Details – der politische Druck auf die Schuldner mit Spitzenbonität in der EU wächst. Die Befürworter der Eurobonds argumentieren zu Recht, dass die Spekulation gegen die "PIGS-Staaten" nur durch eine Gemeinschaftsanleihe zu beenden sei. Außerdem vereitle die hohe Zinslast der Defizitsünde die angestrebte Haushaltskonsolidierung. In jedem Fall dürfte die Schaffung eines gemeinsamen EU-Anleihenmarktes gravierende Konsequenzen für den gesamten Kapitalmarkt nach sich ziehen. Denn das Volumen eines solchen Marktes wird von Experten auf rund 5600 Milliarden Euro geschätzt. Zum Vergleich: Der Markt für US-Staatsanleihen umfasst ca. 8300 Milliarden US-Dollar. Mit einem Eurobond-Markt stünde also großen Gläubigerstaaten wie China und Japan eine Alternative zum US-Anleihenmarkt zur Verfügung. Dies würde mit Sicherheit zur Auflösung und Umschichtungen von großen Positionen am US-Rentenmarkt führen und sehr wahrscheinlich auch zu einer massiven Schwächung des US-Dollars. Der Platzhirsch am Anleihenmarkt, der weltgrößte Rentenfonds PIMCO, hat sich bereits sehr positiv zu einer eventuellen Einführung von Eurobonds geäußert. PIMCO hatte vor einigen Monaten sämtliche US-Staatsanleihen in seinen Fonds liquidiert.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.