Gesundheitspolitik

Weiterhin offen: Sind Vertragsärzte Amtsträger?

Der Große Senat für Strafsachen am Bundesgerichtshof ist erneut angerufen worden

Karlsruhe/Leipzig (ks). Die Frage, ob Vertragsärzte Amtsträger sind, treibt die Gerichte weiterhin um. Wenn ja, dann könnten Ärzte sich der Amtsdelikte der Vorteilsannahme/-gewährung und der Bestechlichkeit bzw. Bestechung strafbar machen. Beantworten soll die Frage der Große Senat für Strafsachen. Diesem liegt seit gestern ein entsprechender weiterer Vorlagebeschluss eines Strafsenates vor.

Unter Bezugnahme auf den inhaltsgleichen Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats vom 5. Mai 2011 hat der 5. Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen ebenfalls die Frage vorgelegt, ob Vertragsärzte Amtsträger oder – hilfsweise – Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs sind. Der Große Senat für Strafsachen ist für die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen unter anderem dann zuständig, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist. Das Landgericht (LG) Hamburg hatte im Dezember 2010 einen Vertragsarzt wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und eine für Ratiopharm tätige Pharmareferentin wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr jeweils zu Geldstrafen verurteilt (siehe hierzu auch AZ 6/2011, S. 3). Lediglich die Pharmareferentin ging hiergegen in Revision.

Nach den Feststellungen des LG betrieb Ratiopharm spätestens seit dem Jahr 1997 ein "Verordnungsmanagement", auf dessen Basis Vereinbarungen mit niedergelassenen Ärzten geschlossen wurden. Danach erhielten diese Ärzte Prämien von 5 Prozent des Herstellerabgabepreises für sämtliche in einem Quartal verordneten Ratiopharm-Arzneimittel. Die Pharmareferentin übergab in Ausführung dieser Vereinbarung dem mitangeklagten Arzt mehrfach Schecks in Höhe von insgesamt über 10.000 Euro. Auch andere Ärzte erhielten aufgrund entsprechender Vereinbarungen derartige Schecks von ihr. Mit diesen Schecks, die zum Schein als Honorare für tatsächlich nicht gehaltene Vorträge deklariert wurden, erfolgte die Zahlung der Prämien. Das LG hatte die Auffassung vertreten, dass ein Vertragsarzt nicht die Anforderungen an eine Amtsträgerstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB erfülle, weshalb auch die Amtsdelikte der Vorteilsannahme/ -gewährung, Bestechlichkeit bzw. Bestechung ausschieden. Er sei aber im Hinblick auf die gesetzlichen Krankenkassen als Beauftragter eines geschäftlichen Betriebs im geschäftlichen Verkehr i.S.d. § 299 StGB anzusehen. Da auch hier die Frage entscheidungserheblich ist, ob Vertragsärzte, wenn sie ihren GKV-Patienten Arzneimittel verordnen, als Amtsträger oder Beauftragte im geschäftlichen Verkehr tätig werden, hat der 5. Strafsenat dieses Verfahren gleichfalls dem Großen Senat vorgelegt. Da die Fallkonstellation gewisse Unterschiede zu der des 3. Strafsenats aufweist (hier ging es um die Verordnung von Hilfsmitteln), erweitert die Vorlage für den Großen Senat zudem die Entscheidungsgrundlage.



AZ 2011, Nr. 30-31, S. 2

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