Arzneimittel und Therapie

Serotonin-Rezeptoragonist Prucaloprid aktiviert den Darm

Prucaloprid (Resolor®) ist ein Serotonin(5-HT4 -)-Rezeptoragonist, der die Motilität des Darms erhöht und zur Behandlung der Obstipation eingesetzt wird. Prucaloprid führt zu einer Steigerung der Darmmotilität und verstärkt die motorische Aktivität des Darms. Als Folge kommt es zu einem physiologischen peristaltischen Reflex und einer beschleunigten Darmpassage, die Bewegung des Darminhalts im Dickdarm und dessen Entleerung werden gefördert.

Das Präparat Resolor® ist nur zur Behandlung der schweren chronischen Verstopfung bei Frauen zugelassen, bei denen Abführmittel keine ausreichende Wirkung gezeigt haben. Der Wirkstoff wird derzeit außerdem zur Behandlung der opioidinduzierten Obstipation klinisch geprüft sowie für die Behandlung der chronischen Obstipation bei Männern und Kindern.

Enterokinetische Aktivität

Prucaloprid, ein Dihydrobenzofurancarboxamid-Derivat, ist ein neuer hoch selektiver Serotonin(5-HT4)-Rezeptoragonist mit starker enterokinetischer Aktivität. Prucaloprid löst im Dickdarm durch die Stimulierung der 5-HT4 -Rezeptoren in den Darmwandnerven einen physiologischen, peristaltischen Reflex aus. 5-HT4 -Rezeptoren sind im gesamten Magen-Darm-Trakt vorhanden und spielen offenbar eine Schlüsselrolle bei der Modulation der Motilität des Gastrointestinaltrakts. Prucaloprid besetzt und stimuliert spezifisch und hochselektiv den auf der Längsmuskulatur des Kolons exprimierten 5-HT4 -Rezeptor und führt so zu einer Steigerung der Darmmotilität und verstärkten motorischen Aktivität des Darms. Dadurch beschleunigt die neue Substanz die Darmpassage entlang des Magen-Darm-Traktes, fördert die Bewegung des Darminhalts im Dickdarm und verbessert signifikant dessen Entleerung.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Die Filmtabletten können mit oder ohne Nahrung zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Tages eingenommen werden. Für Erwachsene wird eine Dosis von 2 mg einmal täglich empfohlen. Für ältere Patientinnen (> 65 Jahre) beträgt die Anfangsdosis 1 mg einmal täglich, im Bedarfsfall kann die Dosis auf 2 mg einmal täglich erhöht werden. Durch eine Erhöhung der Tagesdosis auf über 2 mg wird voraussichtlich keine verstärkte Wirksamkeit erreicht.

Bei leichter bis moderater Beeinträchtigung der Leber- und Nierenfunktion ist keine Dosisanpassung erforderlich, bei starker Beeinträchtigung wird eine Dosis von 1 mg einmal täglich empfohlen.

Wegen fehlender Daten wird Prucaloprid nicht für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren empfohlen.

Unveränderte Ausscheidung über die Nieren

Prucaloprid wird rasch absorbiert; nach einer oralen Einzeldosis von 2 mg wird Cmax innerhalb von zwei bis drei Stunden erreicht. Die absolute orale Bioverfügbarkeit beträgt über 90%. Prucaloprid wird hauptsächlich über die Nieren als unveränderter Wirkstoff ausgeschieden. Eine beeinträchtigte Leberfunktion hat voraussichtlich keinen maßgeblichen Einfluss auf die Pharmakokinetik von Prucaloprid. Die terminale Halbwertszeit beträgt etwa einen Tag.

Gute Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Prucaloprid wurde in drei multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien mit einer Dauer von zwölf Wochen bei Patienten mit chronischer Verstopfung (n = 1279 unter Prucaloprid-Behandlung, 1124 Frauen, 155 Männer) in Dosen von 2 und 4 mg täglich untersucht. Die Studienpatienten waren seit mindestens sechs Monaten chronisch obstipiert, mit zwei oder weniger Stuhlgängen pro Woche. Sie hatten einen harten Stuhl, der nur unter starken Anstrengungen abgesetzt werden konnte und häufig das Gefühl einer unvollständigen Entleerung hinterließ. Beide Dosen normalisierten in allen drei Studien die Darmbewegungen statistisch signifikant besser als Placebo überlegen, dabei waren 4 mg nicht besser wirksam als 2 mg.

In allen drei Studien waren beide Dosierungen Placebo signifikant überlegen. So wurde das Ziel der Behandlung, drei oder mehr komplette Stuhlgänge pro Woche, unter Placebo von 12% der Patienten erreicht, unter der Einnahme von 2 mg Prucaloprid stieg die Erfolgsrate auf 28,4%, unter 4 mg auf 30,9%. Insgesamt führte die Behandlung mit Prucaloprid zur signifikanten Verbesserung von Symptomen im Abdominalbereich und in Verbindung mit dem Stuhlgang und rektalen Symptomen sowie der regelmäßigen Darmtätigkeit. Prucaloprid verursacht kein Rebound-Phänomen und keine Abhängigkeit.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen in den zulassungsrelevanten Studien waren Kopfschmerzen und gastrointestinale Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall.

Nicht bei Dialyse und Darmerkrankungen

Bei einer dialysepflichtigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion und schweren Darmerkrankungen ist Prucaloprid kontraindiziert. Dazu gehören Darmperforation oder Verstopfung infolge einer strukturellen oder funktionellen Erkrankung der Darmwand, obstruktiver Ileus, schwere entzündliche Erkrankungen des Darmtraktes wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa und toxisches Megakolon/Megarektum.

Ungeklärt scheint momentan die Frage nach den kardiovaskulären Nebenwirkungen. Der 5-HT4 -Rezeptoragonist Cisaprid wurde aufgrund seiner kardiovaskulären Effekte vom Markt genommen. Bisher zeigten sich unter der Therapie mit Prucaloprid zwar keine derartigen Nebenwirkungen, dennoch sollte der neue Arzneistoff bei Patientinnen, die eine Begleitbehandlung mit das QTc-Intervall verlängernden Arzneimitteln erhalten, mit Vorsicht angewendet werden. Placebokontrollierte Wirksamkeitsdaten für Behandlungen mit einer Dauer von über zwölf Wochen sind nicht verfügbar, und möglicherweise ist dieser Zeitraum zu kurz, um die Sicherheit von Prucaloprid zu belegen. Auf jeden Fall muss Prucaloprid bei Patientinnen, die eine Begleitbehandlung mit das QTc-Intervall verlängernden Arzneimitteln (z. B. Amantadin, Arsentrioxid, Atomoxetin, Budipin, Cisaprid, Dolasetron, Domperidon, Foscarnet, Indapamid, Ivabradin, Probucol, Toremifen, Tropisetron, Vincamin) erhalten, mit Vorsicht angewendet werden.

Bei Patientinnen mit schweren und klinisch instabilen Begleitkrankheiten ist bei der Anwendung von Prucaloprid Vorsicht geboten, insbesondere bei Arrhythmien oder ischämischer Herzkrankheit.

Schwangerschaft und Stillzeit

In klinischen Studien sind Fälle von Spontanaborten aufgetreten, deren Zusammenhang mit der Anwendung von Prucaloprid jedoch nicht geklärt ist. Tierexperimentelle Studien lassen nicht auf direkte oder indirekte schädliche Auswirkungen auf Schwangerschaft, embryonale/fetale Entwicklung, Geburt oder postnatale Entwicklung schließen. Prucaloprid wird während einer Schwangerschaft nicht empfohlen. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Prucaloprid eine wirksame Empfängnisverhütung anwenden.

Prucaloprid wird in der Muttermilch ausgeschieden. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass es in therapeutischen Dosen Auswirkungen auf gestillte Neugeborene/Säuglinge hat. Aufgrund fehlender Humandaten wird von der Anwendung von Prucaloprid während der Stillzeit abgeraten.


Quelle

Fachinformation zu Resolor® , Stand Oktober 2010.

Camilleri, M., et al.: A placebo-controlled trial of prucalopride for severe chronic constipation. N. Engl. J. Med. 2008; 358: 2344 – 2354.

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Steckbrief: Prucaloprid


Handelsname: Resolor 1-/2 mg Filmtabletten

Hersteller: Movetis NV, Turnhout (Belgien)

Einführungsdatum: 15. Januar 2010

Zusammensetzung: 1 Tablette enthält 1 bzw. 2 mg Prucaloprid als Prucalopridsuccinat. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Lactose-Monohydrat, mikrokristalline Cellulose, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat. Beschichtung: Hypromellose, Lactose-Monohydrat, Triacetin, Titandioxid (E171), Macrogol (3000). Die 2-mg-Filmtablette enthält außerdem: rotes Eisenoxid (E172), gelbes Eisenoxid (E172), Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132).

Packungsgrößen, Preise und PZN: Resolor 1 mg: 28 Tabletten, 61,65 Euro, PZN 5541568; Resolor 2 mg: 28 Tabletten, 89,68 Euro, PZN 5541597.

Stoffklasse: Laxantia; Serotoninrezeptoragonist. ATC-Code: A03AE04.

Indikation: Zur symptomatischen Behandlung der chronischen Verstopfung bei Frauen, bei denen Laxativa keine ausreichende Wirkung erzielen.

Dosierung: 1 bis 2 mg einmal täglich

Gegenanzeigen: Dialysepflichtige Beeinträchtigung der Nierenfunktion; Darmperforation, Verstopfung infolge einer strukturellen oder funktionellen Erkrankung der Darmwand, obstruktiver Ileus, schwere entzündliche Erkrankungen des Darmtraktes, toxisches Megakolon/Megarektum.

Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfschmerzen; Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen; häufig: Schwindelgefühl; Erbrechen, Dyspepsie, Rektalblutung, Flatulenz, anormale Darmgeräusche; Pollakisurie; Müdigkeit.

Wechselwirkungen: Prucaloprid muss bei Patientinnen, die eine Begleitbehandlung mit das QTc-Intervall verlängernden Arzneimitteln erhalten, mit Vorsicht angewendet werden. Die Anwendung atropinähnlicher Substanzen kann die über den 5-HT4 -Rezeptor vermittelten Effekte von Prucaloprid abschwächen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Prucaloprid wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden; bei starker Beeinträchtigung der Nieren- oder Leberfunktion wird eine Dosis von 1 mg empfohlen. Bei Patientinnen mit schweren und klinisch instabilen Begleitkrankheiten ist bei der Anwendung von Prucaloprid Vorsicht geboten, insbesondere bei Arrhythmien oder ischämischer Herzkrankheit. Bei starkem Durchfall kann die Wirksamkeit oraler Empfängnisverhütungsmittel vermindert sein, und es wird empfohlen, eine zusätzliche Empfängnisverhütungsmethode anzuwenden. Prucaloprid kann insbesondere am ersten Tag der Behandlung Schwindel und Müdigkeit hervorrufen, was sich auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen auswirken kann.

2 Kommentare

Erfahrung mit diesem Medikament

von Roland Thomas am 11.12.2019 um 19:51 Uhr

Die Wirkung setzt sehr schnell ein. Ich musste sehr oft zur Toilette. ohne wirklich das Gefühl der vollständigen Entleerung zu haben. Die auf dem Beipackzettel angegebenen Nebenwirkungen traten nicht auf. Ich überlege, ob ich das Medikament absetze und bitte um Tipps.

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AW: Erfahrung mit diesem Medikament

von Jurij Masej am 12.12.2019 um 21:03 Uhr

Hallo, ich würde dann dringend empfehlen eine Coloskopie (Darmspiegelung) machen zu lassen. Hier muss dann unbedingt eine organische Erkrankung ausgeschlossen werden.
J.Masej

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