Feuilleton

Neues Buch über das Apothekenwesen der DDR

Am 15. November 2010 wurde in Magdeburg das von Dr. Ulrich Vater und Prof. Dr. Christoph Friedrich herausgegebene Werk "Die Entwicklung des Apothekenwesens in der DDR" vorgestellt.

Ulrich Vater, Christoph Friedrich (Hrsg.):

Die Entwicklung des Apo­thekenwesens in der DDR

504 S., zahlr. s/w Abb.,
Geb. 29,90 Euro

Verlag Bussert & Stadler, Jena/Quedlinburg 2010
ISBN 978-3-942115-05-6

Vater berichtete, er sei von vielen Seiten, darunter auch von den Professoren Rudolf Voigt, Thorsten Beyrich und Christoph Friedrich, ermutigt worden, dieses Werk in Angriff zu nehmen. Er dankte allen Autoren und Zeitzeugen und stellte dann die einzelnen Kapitel des Buches vor, wobei er seine Ausführungen mit eindrucksvollen und anschaulichen Zitaten illustrierte.

Großherstellung in pharmazeutischen Zentren

Auf die Entwicklung des Apothekenwesens von 1945 bis 1958 anhand der Schilderungen von Dr. Hans Feldmeier, Prof. Dr. Joachim Richter und Prof. Dr. Werner Fürtig folgte die Entstehung der pharmazeutischen Zentren, über die in der DDR-Führung zunächst keine einheitliche Meinung herrschte. Neben der Standardisierung der Individualrezepturen bildete hier die quasi industrielle Großherstellung von Augentropfen, Augensalben, Salben, Tabletten, Zäpfchen, Infusionslösungen usw. einen Arbeitsschwerpunkt. Dazu gehörten auch Dialysekonzentrate, deren Herstellung Dr. sc. nat. Manfred Falk am Beispiel der Apotheke der Medizinischen Akademie Magdeburg erläuterte, sowie Labordiagnostika, die Bruno Olms am Beispiel der Universitätsapotheke Rostock schilderte. Werner Fürtig hat die DDR-Krankenhauspharmazie aus persönlicher und historischer Sicht eindrucksvoll dargestellt.

Hoher fachlicher Standard im Apothekenwesen

Zu den besonderen Vorzügen der DDR-Pharmazie gehörten gut aus-, fort- und weitergebildete Apothekenmitarbeiter. Das Alltagsleben in den Apotheken stellte Vater anhand schöner Beispiele plastisch dar. Im Apothekenwesen habe die SED-Führung mit nur 1 bis 2,5% SED-Mitgliedern ihre Ziele nicht erreicht. Die "von oben" verordnete gesellschaftliche Arbeit wurde nur notgedrungen und ohne größere Begeisterung geleistet, während die eigentliche Aufgabe der Apotheken, die Arzneimittelversorgung, im Mittelpunkt stand.

Auch die Aufgaben der Abteilung Qualitätssicherung, die Buchhaltung und die Arzneimittelinformation erwähnte Vater anhand der von den Autoren vorgelegten Texte. Zu den nicht immer sehr geliebten Arbeitsgebieten der DDR-Apotheker gehörten die Medizintechnik und die "materiell-medizinische Sicherstellung" für die Zivilverteidigung.

Apothekenmuseum in Cottbus

Für Pharmaziehistoriker besonders erfreulich ist, dass in diesem Werk die Entstehung des Brandenburgischen Apothekenmuseums in Cottbus von seinem ersten Leiter, Ulrich Gerasch, beschrieben wird.

Erforschung der DDR-Pharmaziegeschichte

Der zweite Herausgeber, Prof. Dr. Christoph Friedrich, Marburg, gab anschließend einen kurzen Überblick über den Forschungsstand und die Perspektiven der Geschichte der Pharmazie der DDR. Dabei betonte er, dass 1990 zunächst nur ein geringes Interesse an der Aufarbeitung dieser Geschichte bestand, nicht nur vonseiten der Pharmaziehistoriker in den alten Bundesländern, sondern auch der Mitglieder der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie der DDR, die zunächst überwiegend mit der Privatisierung ihrer Apotheken befasst waren.

Die Einrichtung einer Abteilung für Geschichte der Pharmazie und Sozialpharmazie an der Universität Greifswald, 1992, bot dann allerdings gute Voraussetzungen für die Bearbeitung speziell der DDR-Pharmaziegeschichte. Für erste Studien wurden zunächst noch die in DDR-Zeiten entstandenen "Zeittafeln für Geschichte der Pharmazie in der Deutschen Demokratischen Republik (1945 – 1989)" als Grundlage herangezogen. Zusätzlich begann eine intensive Sammlung von Material. Die von einem bayerischen Apotheker angeregte Untersuchung über Privatapotheken in der ehemaligen DDR konnte als ein erstes Ergebnis vorgestellt werden.

Themen von Dissertationen und Diplomarbeiten

In einigen der in den folgenden Jahren in Greifswald vergebenen Dissertationsthemen, von denen viele nach 2000 in Marburg fortgeführt und abgeschlossen wurden, wurde die DDR-Zeit im Vergleich zur Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland mitbehandelt. Hier erwähnte Friedrich die Dissertationen über die Geschichte der Antiallergika (Ulrich Meyer), über die pharmazeutischen und nichtpharmazeutischen Berufe (Daniela Schierhorn) sowie über die Geschichte der apothekerlichen Weiterbildung (Christiane Staiger). Daneben entstanden – auch an der Universität Halle-Wittenberg – Diplomarbeiten und Dissertationen zur Apothekengeschichte sowie Werke von Apothekern der ehemaligen DDR, die sich als Rentner mit großer Hingabe ihren Studien zur Geschichte des Apothekenwesens in Neubrandenburg (H. G. Lürmann) oder in Potsdam und Brandenburg (P. Biela) zuwandten.

Während das Buch "45 Jahre Pharmazie in Deutschland Ost" (2008) überwiegend von ehemaligen Verantwortlichen der DDR-Pharmaziebereiche verfasst worden war, hat das nun erschienene Werk den Vorzug, dass die Kollegen, die in der Praxis in Apotheken oder Herstellungsabteilungen tätig waren, ihren eigenen Berufsalltag schildern, so Friedrich.

Als dritter Redner leitete Martin Kuminek, der nicht nur als Autor, sondern auch in finanzieller Hinsicht die Entstehung des Werkes sowie die Buchpremiere in besonderer Weise förderte, in humorvoller Weise zu einem kleinen Empfang über.


Prof. Dr. Christoph Friedrich

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