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Neuer Angriff auf das Apothekenprivileg
Im Zusammenhang mit einem Wachstumsprogramm für die Wirtschaft schlug die Regierung kürzlich eine Liberalisierung des dänischen Apothekensystems vor. Seit über 400 Jahren besteht dort eine strenge Niederlassungsbeschränkung. Dänemark hat die geringste Apothekendichte in der EU, doch betreiben die Apotheken Arzneimittelabgabestellen in Geschäften.
Mögliche Folgen auf dem Land
Ein Schwerpunkt der Diskussion über die jüngsten Vorschläge bezieht sich auf das Ausgleichssystem, mit dem kleine Apotheken in ländlichen Regionen durch Zahlungen großer Stadtapotheken subventioniert werden. Danmarks Apotekerforening, der Verband der dänischen Apothekenleiter, fürchtet, dass viele Apotheken in dünn besiedelten Landesteilen schließen müssten, falls die jüngsten Pläne der Regierung umgesetzt würden. Davon wären Apotheken in 26 Kommunen betroffen, die fast die Hälfte der Landesfläche umfassen. Die dortigen Bewohner wären dann weitgehend auf Versandapotheken oder Abgabestellen ohne pharmazeutisches Personal angewiesen, in denen auch heute schon vorbestellte Arzneimittel abgeholt werden können. Niels Kristensen, Vorsitzender von Danmarks Apotekerforening, betont daher den Vorteil des bisherigen Systems, bei dem alle Bürger schnell mit den nötigen Arzneimitteln und der nötigen Beratung versorgt werden. In der Wirtschaftszeitung "Børsen" (Ausgabe vom 23. November) wurde der dänische Gesundheitsminister Bertel Haarder allerdings mit der Aussage zitiert, die flächendeckende Versorgung mit Apotheken solle erhalten bleiben, es solle eine Unterstützung für die Apotheken in dünn besiedelten Regionen bestehen bleiben. Daher solle es nur eine begrenzte Liberalisierung geben.
… und in den Städten
Damit würde ein anderer Aspekt der Liberalisierung zunehmend interessant, die erwartete Zunahme der Apothekenzahl in den Städten. Befürworter erwarten dadurch kürzere Wartezeiten und niedrigere Preise in den Apotheken. Doch Danmarks Apotekerforening entgegnet, die Arzneimittelpreise und die Apothekenaufschläge in Dänemark lägen im EU-Vergleich bereits im unteren Bereich. Außerdem seien die preisgebundenen Arzneimittel in dänischen Apotheken seit 2000 um 33 Prozent billiger geworden, insbesondere wegen der konsequenten Anwendung der preisgünstigsten Generika. Dagegen seien die nicht preisgebundenen OTC-Arzneimittel, die auch außerhalb von Apotheken erhältlich sind, um 18 Prozent teurer geworden. Die Preise würden daher bei einer Liberalisierung eher steigen, argumentieren die Apotheker. Ole Holm Iversen, stellvertretender Vorsitzender von Pharmadanmark, dem dänischen Verband der angestellten Akademiker im Arzneimittelbereich, sieht zudem die Gefahr, dass eine größere Apothekenzahl zu einer schlechteren Ausstattung mit qualifiziertem Personal führen würde. Dies würde die fachliche Kompetenz in den Apotheken verringern. Diese Kompetenz sei zugleich das entscheidende Argument für das bestehende System.
Drogerien sind vorbereitet
Ein weiterer Aspekt der jüngsten Diskussion über das dänische Apothekensystem ist der mögliche Fall des strengen Fremdbesitzverbots. So meldete "Danmarks Radio" am 24. November, dass die Drogeriekette Matas vorbereitet sei, im Falle einer Liberalisierung auch rezeptpflichtige Arzneimittel abzugeben. Trotz der geringen Margen auf Arzneimittel verspreche sich Matas Vorteile durch zusätzliche Frequenz in seinen Geschäften. Matas-Manager Terje List verspricht sich dabei "in jedem Fall 20 Prozent des Marktes". Matas steht in Dänemark seit Jahrzehnten für einen bestimmten Typ von Drogerie- und Kosmetikgeschäften, die Traditionsmarke gehört mehrheitlich einem britischen Finanzinvestor. Gegen alle derzeitigen Diskussionen über die Zukunft des dänischen Apothekensystems bleibt jedoch einzuwenden, dass weitreichende Änderungen schon oft vorgeschlagen wurden, die Niederlassungsbeschränkungen aber stets erhalten geblieben sind.
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