Arzneimittel und Therapie

Metformin schützt Neuronen vor Zerstörung

Wissenschaftler aus Berlin, Bonn und Dundee entdeckten jetzt eine weitere Anwendungsmöglichkeit für das Antidiabetikum Metformin: Der Wirkstoff könnte den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung beeinflussen.
Die Proteinphosphatase 2A (PP2A) ist eine essenzielle Protein-Serin/Threonin Phosphatase, die normalerweise dafür zuständig ist, Phosphatgruppen vom Tau-Protein zu entfernen. Bei der Alzheimer-Erkrankung ist PP2A nicht aktiv genug, so dass es zu einer Überphosphorylierung und Ablagerung von Tau-Proteinen kommen kann.
Foto: Wikipedia

Schon lange ist bekannt, dass der Zuckerstoffwechsel eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielt. Im Vergleich zu Nicht-Diabetikern haben Typ-II-Diabetiker ein signifikant höheres Risiko, zusätzlich an Alzheimer zu erkranken.

Ablagerung von Tau-Protein

Auf molekularer Ebene zeichnen sich die Alzheimer-Erkrankung sowie einige andere neurodegenerative Erkrankungen unter anderem durch die Bildung von Tau-Protein-Ablagerungen in Nervenzellen aus. Tau ist ein Molekül, das normalerweise an das stützende Zytoskelett bindet und eine Funktion im Transportsystem der Zelle wahrnimmt. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird Tau zu stark mit Phosphatgruppen bestückt. Durch diese Phosphorylierung löst sich Tau vom Zytoskelett und lagert sich in der Zelle ab. Diesem Problem wollten die Wissenschaftler indirekt über eine Regulation des Proteins PP2A entgegenwirken. PP2A ist normalerweise dafür zuständig, Phosphatgruppen vom Tau-Protein zu entfernen. Bei der Alzheimer-Erkrankung ist PP2A nicht aktiv genug – so kommt es dann zu der Überphosphorylierung und Ablagerung von Tau.

Metformin verhindert Phosphorylierung von Tau

Die Wissenschaftler konnten jetzt nachweisen, dass Metformin in Nervenzellen von Mäusen einem der Hauptmerkmale der Alzheimer-Erkrankung, der Phosphorylierung des Zellstrukturproteins Tau, entgegenwirkt. Darüber hinaus ist es ihnen gelungen, den molekularen Mechanismus dieser Wirkungsweise von Metformin aufzudecken.

In Zellkultur-Experimenten an Nervenzellen der Maus zeigten die Forscher, dass Metformin PP2A in Nervenzellen direkt vor der Zerstörung schützt, indem es verhindert, dass PP2A an bestimmte Abbauproteine bindet. Diese Wirkungsweise von Metformin war bisher noch nicht bekannt. Mehr aktives PP2A wiederum führt dazu, dass Tau weniger stark phosphoryliert wird.

In einem weiteren Versuch gaben die Forscher gesunden Mäusen Metformin ins Trinkwasser. Wiederum beobachteten die Wissenschaftler eine Herabsetzung der Tau-Phosporylierung in Zellen des Gehirns. Nun wollen die Wissenschaftler in Maus-Modellen der Alzheimer-Erkrankung untersuchen, ob Metformin tatsächlich die Tau-Ablagerungen im Gehirn verhindern und damit die kognitiven Leistungen der Tiere verbessern kann.

Weitere Studien geplant

Dabei übt Metformin nicht nur bei Patienten mit Typ-II-Diabetes, sondern auch bei gesunden Personen eine Schutzfunktion für die Hirnzellen aus. Wenn Alzheimer-Patienten in einem Frühstadium der Erkrankung mit Metformin behandelt werden, sollten auch hier vielversprechende prophylaktische und therapeutische Effekte auftreten, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Um dieses genauer zu untersuchen, werden die Forscher Metformin zunächst in zwei verschiedenen Tiermodellen für die Alzheimer-Erkrankung prüfen. Anschließend soll die Wirkung beim Menschen in klinischen Studien getestet werden.


Quelle

Kickstein, E., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2010. Online-Vorabpublikation doi:10.1073/pnas.0912793107.

hel

Zum Weiterlesen


Pharmako-logisch! Demenz – Auflösung der gewachsenen Hirnstrukturen

DAZ 2010 Nr. 40, S. 50-77.

www.deutsche-apotheker-zeitung.de

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