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- DAZ 48/2010
- 17. Jahrestagung der GAA
Aus Kammern und Verbänden
17. Jahrestagung der GAA
Arzneimittel, die für Senioren ungeeignet sind
Insgesamt neun Referenten sprachen besondere Aspekte geriatrischer Patienten an. Prof. Gabriele Meyer, Witten-Herdecke, kritisierte, dass Neuroleptika und einige andere Psychopharmaka weiterhin in Pflegeheimen eingesetzt werden, obwohl die Leitlinien sie nicht als Mittel der ersten Wahl bei geriatrischen Patienten empfehlen. Meyer hatte ihre Erkenntnisse in Hamburger Einrichtungen gewonnen und mit einem Heim in Vorarlberg verglichen, wo noch mehr ungeeignete Arzneimittel verordnet wurden.
Auch Prof. Petra Thürmann und Dr. Stefanie Holst, beide Witten-Herdecke, sowie Dr. Ingrid Schubert, Köln, forderten eine Verbesserung der Verordnungen. Holst erläuterte, welche Arzneimittel potenziell ungeeignet für geriatrische Patienten sind und wie die deutsche Priscus-Liste zustande gekommen ist.
Viele Hausärzte verordnen falsch
Schubert hat die Verordnungen ungeeigneter Arzneimittel (gemäß Priscus-Liste) für die über 65-jährigen Versicherten bei der AOK Hessen recherchiert, wobei sich vor allem eine Fehlversorgung mit Amitriptylin, Acetyldigoxin, Doxepin, Doxazosin und Benzodiazepinen gezeigt hat. Dabei fiel auf, dass diese Wirkstoffe zu 75 Prozent von Hausärzten verordnet werden.
Dass diese Arzneistoffe häufig unerwünschte Arzneimittelwirkungen verursachen, bestätigte Thürmann in ihrem Vortrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen. Zur Abhilfe sei interdisziplinäres Handeln erforderlich. Die Schulung des Pflegepersonals zum Monitoring von Arzneimittelwirkungen und -nebenwirkungen reiche nicht aus, wenn die Verordner nicht "mitziehen".
Da es sich bei ihnen zumeist um Hausärzte handelt, werde die Priscus-Arbeitsgruppe eine spezielle Empfehlung für Hausärzte erarbeiten, so Holst. Dabei soll insbesondere auf die zehn häufigsten Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen eingegangen werden wie Diuretika, Herzglykoside und Psychopharmaka.
Schulung des Pflegepersonals
In der Region Fulda wurde das Kompetenznetz Pflege und Pharmakotherapie (KomPP) errichtet, das Prof. Henny Annette Grewe, Fulda, vorstellte. Durch Befragungen des Pflegepersonals (insbesondere von ambulanten Pflegediensten) wurde der Bedarf nach Schulungen in den Bereichen Pharmakologie, Dokumentation sowie Zusammenarbeit mit den Ärzten und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ermittelt. Darauf wurden entsprechende Angebote geschaffen, in denen auch über die zwölf am häufigsten verordneten Arzneistoffe informiert wird. Der Fachbereich Pflege und Gesundheit an der Fachhochschule Fulda nimmt bei KomPP vor allem eine moderierende Rolle ein und wirkt erst in zweiter Linie bei der Ausgestaltung mit.
Auch Dr. Gabriele Müller-Mundt, Bielefeld, beschäftigt sich mit der Fortbildung des Personals in der ambulanten Pflege. Sie hat ein 40 Stunden umfassendes Schulungsprogramm mit Schwerpunkten in geriatrischer Pharmakologie, Kommunikation, Adhärenz und Medikation im Alltag sowie Empowerment von Patienten mit chronischen Erkrankungen entwickelt. Das geschulte Personal soll chronisch kranke ältere Menschen beim Selbstmanagement komplexer Medikamentenregime besser unterstützen können.
Welche Unterstützung das Pflegepersonal in Pflegeheimen von den versorgenden Apotheken im Kreis Wesel wünscht, berichtete Amtsapotheker Torsten Wessel aufgrund einer Umfrage: vor allem Unterstützung in der Kommunikation mit den verordnenden Ärzten, Hilfe bei der Dokumentation und Dosierung sowie Aufkleber zur schnelleren Orientierung über Nebenwirkungen, Wechselwirkungen oder auch Kontraindikationen auf den Arzneimittelpackungen. Keinen Vorteil sehen die Pfleger darin, wenn pharmazeutische Fachkräfte die Heimbewohner beraten.
Wie wichtig die Beratung der Pflegekräfte ist, betonte auch Dr. Lilla Landeck, Osnabrück; sie berichtete, dass Pflegekräfte Tetrazepam im Mörser zerkleinert und sich dadurch allergische Hautreaktionen vom Typ 4 zugezogen haben.
Apotheker Matthias Kohlhof, Bad Münstereifel, stellte eine algorithmusgesteuerte Software vor, mit der die Medikation, die Dosierung und zahlreiche patientenindividuelle Daten wie Diagnose und Laborwerte miteinander verknüpft und ausgewertet werden können. Dadurch soll zum einen eine pharmazeutisch-geriatrische Beurteilung, zum anderen die Kommunikation mit Ärzten und Pflegeeinrichtungen über standardisierte Informationsbögen erleichtert werden.
Viele weitere interessante Themen für Apotheker
Das Deutsche Arzneimittelprüfungsinstitut (DAPI) hat die Verordnung von Valproinsäure im Zusammenhang mit den Rabattverträgen untersucht. Karin Schüssel erläuterte, dass bei retardierten und nicht retardierten Präparaten durchaus Generikawechsel stattgefunden haben. Lediglich ein Präparat mit einer speziellen Freisetzungskinetik wurde selten ausgetauscht.
Über ein Projekt einer großen Apothekenkooperation zur Optimierung der Beratung berichtete Dr. Oliver Schwalbe, Bonn. Es ist ein dynamisches System, in dem die beteiligten Apotheken selbst Einfluss auf die Optimierung nehmen. Der gewünschte Schwerpunkt richtet sich im ersten Schritt auf den Interaktionscheck, der per EDV über eine spezielle Maske dokumentiert und damit auswertbar wird.
Apotheker Manfred Krüger informierte über das Projekt zum Home Medication Review von Typ-2-Diabetikern. Dafür wurden geeignete Instrumente entwickelt und sowohl Zeit und Kosten als auch Umsetzbarkeitskriterien untersucht. Vor allem beim Vergleich der durch die Apotheker erstellten Medikationspläne konnten deutliche Unterschiede zu den in der Arztdokumentation hinterlegten Informationen festgestellt werden.
Dr. Constanze Schäfer
InternetGAA: www.gaa-arzneiforschung.de Priscus-Liste: http://priscus.net |
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