Arzneimittel und Therapie

FSH-Rezeptoren als universelle Tumormarker?

Das follikelstimulierende Hormon (FSH), ein Glykoprotein und Sexualhormon (Gonadotropin), wird bei beiden Geschlechtern im Vorderlappen der Adenohypophyse gebildet. Rezeptoren für das Hormon kommen bei gesunden Erwachsenen nur in Hoden und Eierstöcken vor. Mit spezifischen Antikörpern konnten diese Proteine jetzt in den Blutgefäßwänden ganz unterschiedlicher Tumorarten nachgewiesen werden. Als universelle Tumormarker könnten die FSH-Rezeptoren neue Diagnostik- und Therapieoptionen eröffnen.

Mithilfe molekularbiologischer Methoden können im Blut von Krebspatienten zahlreiche Stoffe nachgewiesen werden, die die Tumorzellen selbst bilden oder aber deren Bildung sie anregen. Über eine lange Zeit setzten Wissenschaftler große Hoffnungen darauf, solche spezifischen oder universellen charakteristischen Tumormarker im Blut aufzufinden. Ein einfacher Bluttest könnte so zum "Krebstest" werden. Bislang haben sich diese Erwartungen jedoch nicht erfüllt und der Stellenwert derartiger Marker ist umstritten. Zur Früherkennung von Krebs sieht das gesetzliche Programm bislang auch keine Bestimmungen von Tumormarkern vor.

FSH-Rezeptorproteine in unterschiedlichen Tumoren

Französische und US-amerikanische Wissenschaftler haben jetzt Gewebeproben von 1336 Krebspatienten untersucht. Mithilfe immunhistochemischer und Immunoblot-Methoden konnten sie feststellen, dass alle Tumoren den FSH-Rezeptor als biologischen Marker aufwiesen. Das follikelstimulierende Hormon (FSH), ein Glykoprotein und Sexualhormon (Gonadotropin) wird bei beiden Geschlechtern im Hypophysenvorderlappen gebildet. Bei Erwachsenen wird der Rezeptor ausschließlich in den Granulosazellen der Eierstöcke und den Sertoli-Zellen der Hoden exprimiert, in geringer Anzahl in den Endothelzellen der Blutgefäße der Keimzellen.

Ein möglicher Nachweis erfolgte durch vier spezifische monoklonale Antikörper, die unterschiedliche Epitope des FSH-Rezeptors erkennen, und einer in situ-Hybridisierung zum Nachweis des Rezeptors in Gewebeproben der Patienten. Bei allen untersuchten Patienten wurde der FSH-Rezeptor von Endothelzellen in Tumoren aller Stadien exprimiert, einschließlich des frühen Stadiums T1. Zu den Krebsformen zählten Prostata-, Brust-, Darm-, Blasen- und Nieren-, Lungen-, Leber- und Magentumore sowie Hoden- und Eierstocktumore. Nach chirurgischen Eingriffen konnte der FSH-Rezeptor in Gewebeproben, die mehr als 10 mm vom Tumor entfernt waren, nicht nachgewiesen werden. Die lymphatischen Gefäße exprimierten den Rezeptor hingegen nicht, und die endothelischen ausschließlich in einer etwa 10 mm dicken peripheren Schicht des Tumors. Mithilfe der Immunelektronenmikroskopie konnten die Forscher schließlich zeigen, dass der FSH-Rezeptor an der luminalen Oberfläche des Endothels liegt.

Die anormale Bildung der FSH-Rezeptoren in den Blutgefäßwänden der Tumoren führt offensichtlich zu einer Förderung des Tumorwachstums. Ihre Blockade wäre eine neue Therapieoption. Für eine Frühdiagnostik könnte die äußere Begrenzung der Tumore mit Antikörpern markiert und anschließend durch Kernspintomographie oder Ultraschall sichtbar gemacht werden.

Quelle Radu, A.; et al.: Expression of Follicle-Stimulating Hormone Receptor in Tumor Blood Vessels. N. Engl. J. Med. (2010) 363(17):1621 – 1630.

 

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Dr. Hans-Peter Hanssen

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