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Aus Kammern und Verbänden
Apothekertage – welches Konzept hat Erfolg?
Diese Einschätzung vertrat auch Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 17. November in Kiel. So könne die nächste Reform auch auf Landesebene anspruchsvoll diskutiert werden. Dazu seien die Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, Vertreter von Krankenkassen und ein Experte aus den Niederlanden eingeladen worden.
Kammerpräsident Gerd Ehmen beklagte, dass die Apotheker in der Öffentlichkeit wenig gehört werden. Doch auf einem Apothekertag könnten sie sich besser darstellen als am Rande einer Fortbildungsveranstaltung. Auch für Resolutionen sei ein politischer Rahmen nötig. Vor diesem Hintergrund hatte die Apothekerkammer Schleswig-Holstein 2010 erstmals ihre traditionsreiche Frühjahrsfortbildung in Damp um ein berufspolitisches Symposium erweitert und beides als Apothekertag veranstaltet.
Was bringen regionale Apothekertage?
Bei der jüngsten Kammerversammlung blieb dieses Konzept nicht unwidersprochen. Der Delegierte und frühere Kammerpräsident Holger Iven meinte, das bewährte Konzept der Fortbildung in Damp hätte nicht geändert werden sollen. Es gebe mittlerweile eine "Inflation von Apothekertagen". Doch die für die Apotheken maßgebliche Gesundheitspolitik werde nicht im Land gemacht. Apothekertage könnten nur erfolgreich sein, wenn Entscheidungsträger dabei sind, was aber in Damp nicht der Fall sei, erklärte Iven. Er könne sich einen Apothekertag in der Landeshauptstadt Kiel oder noch besser im Verbund mehrerer norddeutscher Länder vorstellen.
Dr. Roswitha Borchert-Bremer, Vizepräsidentin der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, entgegnete, dies spreche nicht dagegen, bei der Fortbildungsveranstaltung einen zusätzlichen politischen Akzent zu setzen.
Kritik am Deutschen Apothekertag
Iven kritisierte auch das Konzept des Deutschen Apothekertages. Er vermisse dort Visionen. Zudem würden viele Anträge ohne Ergebnis bleiben, oft beauftrage sich die ABDA gewissermaßen selbst. Besonders problematisch seien Arbeitskreise mit Podiumsdiskussionen vor dem Plenum, denn der Sinn eines Arbeitskreises bestehe darin, ein Thema mit einer überschaubaren Zahl von Delegierten intensiv zu diskutieren. Iven regte an, diese Vorgehensweise mithilfe eines Antrages beim Deutschen Apothekertag wieder zu installieren.
tmb
RANDNOTIZ
Was ist ein Apothekertag?
Auf den ersten Blick scheint das eine triviale Frage zu sein. Zumindest für den Deutschen Apothekertag ist die Aufgabenstellung klar. Er ist das wichtigste Beschlussgremium der ABDA, die politisch relevanteste Diskussionsplattform der Apotheker in Deutschland und zugleich eine Möglichkeit der Darstellung der Apotheker gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit, also ganz klar eine politische Veranstaltung.
Doch wie sieht es mit den Apothekertagen auf Landesebene aus?
Der Blick geht zunächst nach Bayern, das auf diesem Gebiet über die längste Tradition verfügt. Auch dort ist der Apothekertag überwiegend eine berufspolitische Veranstaltung mit entsprechender Beteiligung von Landespolitikern. Daneben gibt es einige Fortbildungsvorträge, ein viel beachtetes gesellschaftliches Programm und Veranstaltungen für die Öffentlichkeit. Doch ist aus Bayern inzwischen zu hören, dass der Anteil der Fortbildung in Zukunft steigen soll.
In Sachsen und Thüringen liegt das Schwergewicht noch deutlicher bei der Politik. Hinzu kommen Blicke über den Tellerrand mit Themen aus Wirtschaft, Geschichte oder Philosophie. Mindestens ebenso stark ist die politische Orientierung in Rheinland-Pfalz, denn dort findet der Apothekertag nur bei besonderen politischen Anlässen statt.
Einen Sonderfall bildet Mecklenburg-Vorpommern. Dort ist der Apothekertag mit der Scheele-Tagung verbunden. Dies ist die Fortbildungsveranstaltung der Scheele-Gesellschaft, deren Tradition weit in DDR-Zeiten zurückreicht. Die Politik wird beim Apothekertag abgehandelt, die Scheele-Tagung ist für die Fortbildung da. So entsteht eine Gesamtveranstaltung, bei der die Fortbildung überwiegt.
Eine erfolgreiche Verbindung aus Politik und Fortbildung gibt es auch in Niedersachsen und seit 2007 in Westfalen-Lippe. Beide veranstalten ihre Apothekertage alle zwei Jahre und mischen darin politische Inhalte, fachliche Fortbildung, Vorträge zu übergeordneten Themen sowie ein gesellschaftliches Rahmenprogramm. Hinzu kommen pharmazeutische Ausstellungen beträchtlicher Größe und in Westfalen-Lippe ein zusätzliches Programm für die Öffentlichkeit. Die großen Teilnehmerzahlen sprechen für den Erfolg dieses Konzepts, Westfalen-Lippe hat sogar bereits bei seiner Premiere einen Teilnehmerrekord für einen regionalen Apothekertag aufgestellt. Auch in der Landespolitik finden diese Veranstaltungen gute Resonanz. Niedersachsen und Bayern belegen, dass dies auch in großen Flächenländern in der sogenannten Peripherie außerhalb der Landeshauptstädte gut möglich ist.
Eine andere Aufgabe stellt sich in Schleswig-Holstein. Dort wurde die bewährte Fortbildung in Damp 2010 erstmals um ein berufspolitisches Symposium ergänzt und als Apothekertag veranstaltet. Dort wird also die Politik in eine Fortbildung eingebaut – es stellt sich die umgekehrte Aufgabe wie in Bayern.
Was ist der Extrakt aus dieser Vielfalt? – Ein Apothekertag ist immer eine politische Veranstaltung. Er wird meist von Kammer und Verband gemeinsam organisiert. Politiker des Landes gehören als Gäste unbedingt dazu. Fortbildung kann, muss aber nicht dabei sein. Doch der Trend geht eher zu mehr Fortbildung – und ein großer Fortbildungsanteil scheint für den Erfolg sehr förderlich zu sein. Öffentlichkeitswirkung kann ein wichtiges Ziel sein. Dass dies mit relativ umfangreicher Fortbildung vereinbar ist, wird in Westfalen-Lippe und Niedersachsen besonders deutlich.
Doch der Blick auf die Fortbildung zeigt auch einen deutlichen Unterschied zwischen Landes- und Bundesebene. Das Wort Apothekertag ist dasselbe, aber auf der Bundesebene kommt eine Aufgabe hinzu, die sich auf Landesebene erübrigt. Denn in den Ländern gibt es Mitglieder- und Kammerversammlungen, in denen die "Basis" der Apotheker vertreten ist. Auf der Bundesebene geht das nur über die Delegierten des Deutschen Apothekertages. Das macht die Besonderheit dieser Veranstaltung aus. Darum sollte der Deutsche Apothekertag nicht als Fortbildungs- oder Motivationsveranstaltung für Delegierte verstanden werden, sondern als der Ort, an dem Grundsatzentscheidungen ergebnisoffen diskutiert und dann als Auftrag an die Berufspolitiker verabschiedet werden. Dies erfordert geeignete zeitliche und organisatorische Rahmenbedingungen. Der Vorschlag, Arbeitskreise einzurichten, in denen Podium und gut informierte Delegierte gemeinsam konstruktiv an einer Sache arbeiten, würde genau dies erleichtern. Vor etlichen Jahren waren solche Arbeitskreise bereits erfolgreich tätig.
Dr. Thomas Müller-Bohn
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