DPhG

"Wie erkenne ich eine Arzneimittelfälschung?"

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Arzneimittelfälschungen und Arzneimittelsicherheit" waren sich einig: Wenn eine Fälschung "gut gemacht" ist, besteht kaum eine Chance, sie zu identifizieren. Daher arbeitet man zurzeit an der Entwicklung von Authentifizierungssystemen, mit deren Hilfe der Weg eines Arzneimittels vom Hersteller zum Endverbraucher über einen speziellen Code genau verfolgt werden kann.

Inhaltsverzeichnis: DPhG-Jahrestagung

Nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahre 2006 sind in den USA 5 bis 7% der Medikamente gefälscht. In Lateinamerika, Südostasien und Mexiko beträgt deren Anteil bis zu 30%, in Afrika sogar bis zu 50 oder 60%.

Längst werden nicht mehr nur Lifestyle-Medikamente wie z. B. Viagra® gefälscht; auch Zytostatika und Antidiabetika gehören zum Spektrum der "counterfeit drugs". Die WHO unterscheidet vier Arten von Fälschungen:

  • Arzneimittel unter falschem Label ("mislabeled counterfeits"),
  • Fälschungen mit weniger Wirkstoff,
  • Fälschungen mit falschem Wirkstoff,
  • Fälschungen ohne Wirkstoff.

Fälschungen treten immer dann in großem Umfang auf, wenn Arzneimittel aus irgendeinem Grund knapp sind. So gelangten beispielsweise während der Influenza-Pandemie, als sich viele Menschen mit Tamiflu® bevorrateten, viele Fälschungen dieses Medikaments in Umlauf – auch in Deutschland.

Arzneimittelfälschungen sind ein wachsendes Problem Auf dem Podium (von links): Dr. Gesine Bejeuhr, vfa, Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Universität Würzburg, BAK-Präsidentin Erika Fink und Michael Cramer, Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz.
Foto: DAZ/cb

Michael Cramer vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen bestätigte, dass Arzneimittelfälschungen ein wachsendes Problem sind. Nach Angaben des Landeskriminalamtes Mainz liegen die Zuwächse derzeit im zweistelligen Bereich. Um dieses Problem besser in den Griff zu bekommen, ist es seiner Meinung nach notwendig, die vorhandenen Potenziale effektiver zu nutzen. Insbesondere müssten die bestehenden Strukturen, d. h. die Ministerien, der Zoll, die Polizei, die Pharmaindustrie und die Apothekerschaft, enger miteinander vernetzt werden. In Rheinland-Pfalz wurde durch die Bildung einer entsprechenden Arbeitsgruppe bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung unternommen.

"Wir haben auch die Strategie der Überwachung geändert", berichtete Cramer. Während die Überwachungsbehörden früher fast ausschließlich bei den Herstellern Kontrollen durchgeführt hatten – häufig, ohne dabei Fälschungen zu finden – werden jetzt schwerpunktmäßig in der Vertriebskette Proben entnommen. "Unseriöse Großhändler und Parallelimporteure sind besonders im Fokus der Überwachungsbehörden. Es ist außerdem wichtig, hierbei europaweit gut zusammenzuarbeiten."

Wie erkennt man eine Fälschung in der Apotheke?

Medikamenten-Plagiate in der öffentlichen Apotheke zu erkennen, hält BAK-Präsidentin Erika Fink für schwierig, wenn nicht gar für unmöglich. "Wenn man eine Packung nur etwa einmal pro Woche abgibt, dann wird man eine leichte Abweichung im äußeren Erscheinungsbild kaum erkennen. Man müsste diese Verpackung schon 1000-mal – etwa so oft wie einen Geldschein – in den Händen gehabt haben", gibt sie zu bedenken. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Fälschungen vom äußeren Erscheinungsbild her oft viel "perfekter" als die Originalarzneimittel sind. Das trifft sowohl auf die Tabletten als auch auf die Umverpackungen zu.

Ein Weg, um Plagiate rasch als solche zu identifizieren, ist ihrer Meinung nach die Einführung eines fälschungssicheren Systems, wie es derzeit in Schweden erprobt wird. Außer dem Verfallsdatum und der Chargennummer wird dabei ein individueller Code auf die Packung aufgedruckt, mit dessen Hilfe der Weg jedes Arzneimittels genau zurückverfolgt werden kann.

"Jede Packung wird durchnummeriert"

Bei diesem vom europäischen Pharmaverband gemeinsam mit Großhändlern und Apotheken getesteten System zur Fälschungsabwehr handelt es sich um eine "End-to-End-Registrierung", erläuterte Dr. Gesine Bejeuhr vom vfa. Jede Arzneimittelpackung wird mit einem 2D-Barcode bedruckt, der eine individuelle, in einer Datenbank hinterlegte Packungsnummer enthält. Wird dieser Barcode in der Apotheke eingescannt, kann die Echtheit der Packung überprüft werden, denn jede Nummer wird nur einmal vergeben, und zwar während des Verpackungsprozesses beim Hersteller.

Erwartet wird außerdem ein europäisches Gesetzesvorhaben, das bestimmte Kennzeichnungsmaßnahmen vorschreibt. Nach Bejeuhrs Ansicht könnten auch stärkere Überwachungsmaßnahmen hilfreich sein, und zwar nicht nur bei den Arzneimittelherstellern, sondern auch bei den Wirkstoffproduzenten. Glücklicherweise sind in der legalen Vertriebskette in Deutschland bisher kaum Fälschungen aufgetreten. cb

Wie erkennen wir eine Fälschung?


  • Verfalldatum und Chargen-Nr. passen nicht zusammen
  • Charge wurde nie produziert
  • Druckfehler
  • Umkarton-Qualität: zu gut!
  • Farben: korrekt, aber Fluoreszenz?
  • Prägung durch Aufdruck ersetzt
  • Klebestellen: Form, Klebstoff
  • Blister: Bedruckung, Näpfchen, Schnitt
  • Geruch und Geschmack

Quelle: DPhG

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.