Tierpharmazie

Tipps zur Arzneimitteleingabe bei Tieren

Erfolgreiche Verabreichung als Voraussetzung für wirksame Arzneitherapie

Von Sabine Wanderburg

Nach der Abgabe von Tabletten für eine Katze oder einen Hund ergibt sich für den Tierbesitzer unweigerlich die Frage: Wie bekomme ich die Tabletten ins Tier? Das Problem der Compliance bekommt hier eine ganz neue Bedeutung. Während die Eingabe beim Hund noch relativ einfach ist, stellen Katzen uns oft vor ein Riesenproblem. Doch die erfolgreiche Verabreichung ist die erste Voraussetzung für eine wirksame Arzneitherapie bei Tieren. Für die Beratung von Tierhaltern informiert dieser Beitrag über praktische Tipps, technische Hilfsmittel und pharmazeutische Alternativen für besonders unkooperative Tiere. Neben der Verabreichung von festen und flüssigen Arzneimitteln geht es dabei auch um die Arzneimittelanwendung am Auge.
Abb. 1: Die direkte Eingabe ins Maul ist eine sichere Methode der Tablettenverabreichung. Leider lassen dies nicht alle Hunde über sich ergehen, so dass man zu anderen Maßnahmen und eventuell Hilfsmitteln greifen muss.
Foto: Sabine Wanderburg

Die meisten Hunde sind so verfressen, dass es für die erfolgreiche Tabletteneingabe ausreicht, die Tablette in Wurst oder ein Stück Fleisch einzuwickeln oder sie mit Leberwurst, Frischkäse oder Vitaminpaste zu umschmieren. Eine bewährte Alternative ist das Fangen von "Leckerlies". Bringt man dem Hund bei, kleine Futterstücke zu fangen, kann dies auch für die Tabletteneingabe genutzt werden. Wirft man dem Hund zwei bis drei Leckerlies zu, kann man als Viertes die Tablette werfen – und gleich hinterher wieder ein paar schmackhafte Bröckchen. Bevor der Hund merkt, dass ein Leckerlie anders war, ist es schon heruntergeschluckt. Das Timing seitens des Besitzers ist hier der Schlüssel zum Erfolg.

Wichtig: "Doktorspiele" vorher üben!

Sehr sinnvoll – nicht nur zur Arzneimittelverabreichung – ist es, wenn man den Hund von klein auf daran gewöhnt, allerlei Manipulationen über sich ergehen zu lassen. Jeder Hund sollte sich z. B. die Pfoten ansehen und ins Maul, in die Augen und Ohren gucken lassen. Bei Bedarf (Dorn im Fußballen, Ohrentzündung, Tabletteneingabe) ist es für den Besitzer dann kein Problem, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen und z. B. eine Tablette in den Rachen des Hundes zu stecken (Abb. 1).

Abb. 2: Nach der Tabletteneingabe ist es wichtig, dem Tier etwas Wasser einzugeben, vorzugsweise mit einer Einmalspritze von der Seite ins Maul. Auf diese Weise können auch flüssige Arzneimittel und sondengängige Tabletten, die zerkleinert und in etwas Wasser aufgelöst werden, eingegeben werden.
Foto: Sabine Wanderburg

Wichtig ist dabei, dem Hund anschließend Wasser einzugeben, vorzugsweise mit einer 5- oder 10-ml-Spritze von der Seite ins Maul (Abb. 2). Denn eine Tablette, die im Hals steckenbleibt, ist nicht nur für Menschen unangenehm. Statt Wasser bietet sich bei regelmäßig notwendiger Tablettengabe auch "Würschtelwasser", verdünnte Sahne oder Ähnliches an, je nach Vorliebe des Hundes. Dann verbindet der Hund diese leckere Flüssigkeit mit der Tabletteneingabe.

Und bei der Katze?

Solche relativ einfachen Tricks sind bei vielen Katzen leider erfolglos. Sie fressen um die Tabletten herum, spucken die mühsam eingegebenen Tabletten wieder aus oder wehren sich bei der Tabletteneingabe, als ginge es um ihr Leben. Nur bei hungrigen oder sehr verfressenen Katzen gelingt es, eine kleine Tablette im ersten Bissen des Futters zu verstecken. Den Rest des Futters bekommt die Katze erst dann, wenn sie den Bissen mit der Tablette aufgefressen hat. Etwas höher ist die Erfolgsquote, wenn man die Tablette in Butter, Schmelzkäse oder Leberwurst einhüllt, zumal sie dann auch besser geschluckt werden kann. Besonders problematisch sind bitter schmeckende Tabletten. Wenn die Katze auf die Tablette beißt und den bitteren Geschmack bemerkt, spuckt sie sie wieder aus und meidet in Zukunft möglicherweise das zur Umhüllung benutzte Futter sogar, wenn es keine Tablette enthält. Dies betrifft beispielsweise das bitter schmeckende Praziquantel, das Katzen mit Freilauf zur Entwurmung gegen Bandwürmer regelmäßig verabreicht werden muss.


Informationsmaterial



Eine anschauliche Fotoserie zum gleichen Thema bietet das Washington State University College of Veterinary Medicine unter: www.vetmed.wsu.edu/ClientED/cat_meds.aspx


Abb. 3: Easypills sind weich-elastische Leckerbissen, die von Katzen und Hunden gerne gefressen werden. Die ­Tablette wird in einen Snack-Teil gedrückt (rechts) und mit dem Snack in der Regel problemlos aufgenommen.
Fotos: OetNet

Hilfsmittel 1: Easypills®

Für solch schwierigen Fälle bieten sich Easypills® (Abb. 3, Fa. Alvetra, Vertrieb nur über Tierärzte) als Hilfsmittel an. Dies sind äußerst schmackhafte, weich-elastische Leckerbissen, die von Katzen gern gefressen werden. Zunächst sollte der Besitzer der Katze Easypill® -Snacks ohne Tablette anbieten, um sie an den Geschmack zu gewöhnen. Später kann die Tablette in einen Snack-Teil gedrückt werden. Die verbleibende Öffnung sollte durch Verstreichen der Ränder wieder verschlossen werden. Die Tabs halten durch ihre elastische Konsistenz die im Inneren versteckte Tablette fest.


Abb. 4: Hartgelatine-Kapseln mit Hähnchengeschmack Die durchsichtigen Kapseln können in Apotheken mit den üblichen Geräten gefüllt werden, sodass sich dies als besondere Dienstleistung aus der Apotheke anbietet.
Foto: Norbert Huber, Kapselwelt.de

Hilfsmittel 2: Hartgelatine-Kapseln

Besonders wenn dem Tier täglich mehrere Tabletten verabreicht werden müssen, ist es oft einfacher, diese Tabletten zusammen in einer Hartgelatine-Kapsel zu verabreichen. Die Kapseln können in Apotheken mit den üblichen Geräten gefüllt werden, sodass sich dies als besondere Dienstleistung aus der Apotheke anbietet. Im Handel sind durchsichtige Kapseln mit Hähnchengeschmack erhältlich, die von Hunden und Katzen gern aufgenommen werden (Abb. 4, nähere Angaben z. B. bei www.kapselwelt.de). Für Hunde ist Größe 1, für Katzen Größe 3 zu empfehlen. Die Kapseln sind auch für die Verabreichung schlecht schmeckender Tabletten gut geeignet. Damit die Kapsel leichter die Kehle herunterrutscht, kann sie mit etwas Butter eingeschmiert werden. Wichtig ist auch hier, anschließend einige Milliliter Wasser, Katzenmilch oder Ähnliches zu verabreichen, vorzugsweise aus einer Einmalspritze.

Direkte Tabletteneingabe in den Rachen

Wenn eine Katze alle wohlschmeckenden Hilfsmittel verweigert, bleibt noch die direkte Verabreichung der Tablette auf den Zungengrund. Ohne Tabletteneingeber gelingt dies nur bei gutmütigen Katzen. Wenn keine Hilfsperson zur Verfügung steht, setzt man sich mit der Katze auf den Fußboden und klemmt sich ihr Hinterteil zwischen die eigenen Beine. Ist man zu zweit, setzt man die Katze vorzugsweise auf einen Tisch.

Abb. 5: Halten einer Katze Die Hilfsperson fixiert die Katze von hinten zwischen den Unterarmen und umfasst die Vorderbeine, sodass diese nicht nach der tabletteneingebenden Hand schlagen kann.
Foto: Sabine Wanderburg

Widerspenstige Katzen kann man notfalls bis zum Hals fest mit einem Handtuch umwickeln. Die Hilfsperson hält die Katze von hinten fest (Abb. 5). Nun nimmt man (als Rechtshänder) die Tablette zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, möglichst weit vorne an den Fingerspitzen. Mit der linken Hand umgreift man den Kopf, sodass Daumen und Zeigefinger den Oberkiefer fixieren, und hebt den Kopf an. Mit dem Mittelfinger der rechten Hand öffnet man den Unterkiefer und legt mit einer zügigen Bewegung die Tablette so weit wie möglich nach hinten in den Rachen, am besten auf den Zungengrund. Nun schließt man schnell den Fang, hält ihn zu und senkt den Kopf der Katze wieder nach unten, damit sie schlucken kann. Ein leichtes Massieren des Kehlkopfes oder Pusten in die Nase löst den Schluckreflex aus. Leckt sich die Katze über die Nase, ist das ein Zeichen, dass die Tablette erfolgreich abgeschluckt wurde. Auch bei dieser Variante sollte nach der Eingabe unbedingt Wasser oder Katzenmilch von der Seite ins Maul gegeben werden. Außerdem kann es helfen, vor der Tablettengabe etwas Wasser zu geben. Die Tabletten können vor der Eingabe mit etwas Butter oder Vitaminpaste bestrichen werden. Dadurch kommt der Eigengeruch und -geschmack der Tablette weniger zum Tragen und die Tablette kann besser geschluckt werden.

Hilfsmittel 3: Tabletteneingeber "Pillgun"

Mit einem Tabletteneingeber (Abb. 6) steigt auch bei eher widerspenstigen Katzen die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Tabletteneingabe. Zudem muss der Tierbesitzer nicht fürchten, in den Zeigefinger gebissen zu werden.

Abb. 6: Mit einem Tabletteneingeber können Tabletten tief auf den Zungengrund eingegeben werden. Am besten wird in den Tabletteneingeber etwas Wasser wie in eine Spritze aufgezogen. Dann wird die Tablette vorne im Eingeber festgeklemmt.
Foto: Sabine Wanderburg

Um ein besseres Abschlucken zu gewährleisten, wird in den Tabletteneingeber etwas Wasser wie in eine Spritze aufgezogen. Dann wird die Tablette vorn im Eingeber festgeklemmt. Die Katze wird wie oben beschrieben mit der linken Hand fixiert und eventuell von einer Hilfsperson zusätzlich von hinten festgehalten. Durch das Anheben des Kopfes öffnet sich das Maul so weit, dass man den Tabletteneingeber zügig bis zum Zungengrund einschieben und durch Drücken auf den Stempel entleeren kann. Auch hier sind das anschließende Senken des Kopfes und die Massage des Kehlkopfes zum besseren Abschlucken wichtig.

Alternativen zur Tabletteneingabe

Einfache Alternativen zu solchen Maßnahmen bieten vielfach flüssige Arzneiformen. Diese können mit einer Spritze eingegeben werden. Dabei kann das Maul der Katze geschlossen bleiben, sodass diese Methode für den Besitzer einfacher und ungefährlicher ist. Die Katze wird mit der linken Hand im Nackenfell gegriffen. Der Spritzenansatz wird nun von der Seite hinter den oberen Eckzahn in die Maulhöhle oder seitlich in die Backentasche geschoben. Dann wird langsam (!) die notwendige Menge appliziert. Bei einem zu schnellen Abdrücken der Spritze schießt die Flüssigkeit aus der anderen Maulseite heraus oder die Katze schreckt zurück und der Inhalt geht daneben. Nicht nur Pasten und Gele können so verabreicht werden, sondern es lassen sich auch sondengängige Tabletten zerkleinern und in etwas Wasser auflösen. Unmittelbar danach erhält die Katze aus einer zweiten Spritze etwas Wasser oder Katzenmilch.


Abb. 7: Auftragen eines Spot-on-Präparates Das Fell wird im oberen Nackenbereich nahe der Schädelbasis gescheitelt. Die Pipettenspitze wird auf die Haut aufgesetzt und der Inhalt durch mehrfaches Drücken der Pipette direkt auf die Haut entleert.
Foto: Sabine Wanderburg

Alternative Darreichungsformen

Wenn alle Versuche, der Katze oral ein Arzneimittel zu verabreichen, am Widerstand der Katze (oder am mangelnden Geschick des Tierhalters) scheitern, müssen alternative Applikationsformen zum Einsatz kommen. Als Alternative für die Entwurmung mit Tabletten bieten sich insbesondere Spot-on-Präparate an, z. B. Profender® -spot-on gegen Rund- und Bandwürmer, Droncit® -spot-on gegen Bandwürmer sowie Stronghold® und Advocate® gegen Rundwürmer. Eine Hilfsperson scheitelt dazu das Fell im oberen Nackenbereich nahe der Schädelbasis. Nun kann die Pipettenspitze auf die Haut aufgesetzt und der Inhalt durch mehrfaches Drücken der Pipette direkt auf die Haut entleert werden (Abb. 7).

Einige Entwurmungspräparate und viele andere Arzneimittel können auch als subkutane Injektion durch den Tierarzt verabreicht werden. Für die Antibiotikatherapie bietet sich insbesondere Cefovecin (Convenia®) an. Das Cephalosporin der 3. Generation wirkt nach einmaliger Injektion 14 Tage lang. Dies erspart viele mühsame Tabletteneingaben. Als Alternative zur täglichen Eingabe von Felimazole® -Tabletten gegen Hyperthyreose bei Katzen kann eine Thiamazol-Salbe als Rezeptur angefertigt werden (siehe DAZ 34/2010 ). Eine stecknadelkopfgroße Menge dieser Salbe wird dann täglich mit Handschuhen (!) auf die unbehaarte Innenseite der Ohrmuschel der Katze aufgetragen.

Und bei anderen Kleintieren?

Bei anderen Kleintieren wie Meerschweinchen und Kaninchen gibt es meist keine Probleme mit der Gabe von Medikamenten. Vitamintropfen und andere wasserlösliche Formulierungen können leicht über das Trinkwasser eingegeben oder auf ein Stück Gurke oder Apfel geträufelt werden. Bei Arzneimitteln, bei denen es auf eine sehr genaue Dosierung ankommt (z. B. Antibiotika oder Entwurmungsmittel), zieht man die zu verabreichende Menge unter Umständen mit Wasser verdünnt – in eine Einmalspritze auf. Die Flüssigkeit kann nun tropfenweise von der Seite in die "Lücke" hinter den Schneidezähnen direkt ins Mäulchen von Meerschweinchen und Kaninchen verabreicht werden. Es ist dabei sinnvoll, dass eine zweite Person das Tier von hinten festhält, damit es keine Abwehrsprünge machen kann.


Abb. 8: Zur Verabreichung von Augensalben setzt man die Hand mit der Tube so auf die Stirn des Tieres auf, dass man mit dem kleinen Finger das Augenlid etwas hochziehen kann. Mit der anderen Hand fixiert man den Kopf am Unterkiefer, zieht mit einem Finger das Unterlid herunter und lässt etwas Salbe in den Bindehautsack fallen.
Foto: Sabine Wanderburg

Applikation am Auge

Augentropfen oder -salben sollten vor der Verabreichung etwas angewärmt werden, vorzugsweise über einige Minuten in der Hosentasche. Bei der Anwendung kann eine zweite Person hilfreich sein, um das Tier festzuhalten. Alternativ setzt man das Tier so in eine Ecke, dass es nicht nach hinten entweichen kann. Nun setzt man (als Rechtshänder) die rechte Hand mit der Tropfflasche oder Salbentube so auf die Stirn des Tieres auf, dass man mit dem kleinen Finger das Augenlid etwas hochziehen kann (Abb. 8). Das Aufsetzen der Hand auf den Kopf ist auch sinnvoll, um bei Kopfbewegungen des Tieres immer einen gleichmäßigen Abstand der Flasche oder Tube zum Auge zu gewährleisten und nicht mit der Spitze des Behältnisses die Hornhaut zu verletzen. Dann fixiert man mit der linken Hand den Kopf am Unterkiefer, zieht mit einem Finger das Unterlid herunter, lässt einen Tropfen oder etwas Salbe in den Bindehautsack fallen und schließt das Auge kurzzeitig, damit sich die Arzneizubereitung gut verteilen kann. Der ganze Vorgang sollte zügig und fließend ablaufen. Daher ist es sinnvoll, diese Maßnahmen öfter zu simulieren und "trocken" zu trainieren – sowohl für das Tier als auch für den Besitzer.

Quelle www.felinecrf.info/tipps_zum_medikamentieren.htm www.kapselwelt.de -> Tierkapseln

 


 

Anschrift der Verfasserin 
Tierärztin Sabine Wanderburg
Seeweg 5a, 23701 Süsel

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