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Schlagabtausch im Bundestag
FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach verteidigte die Pläne: Der Gesetzentwurf setze – wie schon das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) – auf Ausgabenbegrenzung sowie auf "strukturelle Elemente zur Sicherung der Nachhaltigkeit des Systems". Dies sei nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure im Gesundheitswesen möglich. Im GKV-Finanzierungsgesetz seien es Krankenkassen, Krankenhäuser, Ärzte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die herangezogen werden. Bereits im AMNOG seien Apotheken, Großhandel und Pharmaindustrie erfasst worden, betonte Flach. Es sei allerdings "kein Wunder", dass der Gesetzentwurf "keine Jubelstürme auslöst". Flach: "Niemand zahlt gern mehr oder verzichtet auf Zuwächse". Die Alternative wäre aber die Streichung von GKV-Leistungen – und das wolle auch keiner.
Mit der Reform steigt der Beitragssatz 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent – damit erreicht er wieder das Niveau, das die Große Koalition einst beschlossen hatte. Zudem werden einkommensunabhängige – und ungedeckelte – Zusatzbeiträge eingeführt, die sozial ausgeglichen werden. Damit komme man "zurück zur Beitragsautonomie der Krankenkassen", sagte Flach. Als Unfug kritisierte sie Vorwürfe, die Koalition sei Wünschen der Pharmalobby und der Privatkassen gefolgt.
Ferner: Weniger Netto vom Brutto
SPD-Fraktionsvize Elke Ferner konterte und kündigte an, 2013 "all diesen Murks" wieder rückgängig zu machen. Sie kritisierte, dass die Arbeitgeberbeiträge dauerhaft eingefroren werden und die Versicherten allein die Kostensteigerungen tragen müssen. Weiter hielt sie der Koalition vor: "Je höher die Kopfpauschalen steigen, desto weniger Netto vom Brutto wird es geben mit dieser Koalition." Der Sozialausgleich bringe mehr Bürokratie. Überdies kritisierte Ferner, dass der Privaten Krankenversicherung eine "Frischzellenkur" verpasst werde. Sie dürften mit Zusatzversicherungen die Rosinen herauspicken. Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn richtete Grundsatzvorwürfe an die Koalition. Der Gesetzentwurf stelle systematisch die Solidarität infrage und baue sie ab. Dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen für die Finanzierung verantwortlich sind, sei "ein Kernelement der sozialen Marktwirtschaft" gewesen.
Rösler: Teufelskreis durchbrechen
Minister Philipp Rösler (FDP) wies die Oppositionskritik zurück: "Ich halte es für ungerecht, wenn man, wie Sie von Grün und Rot, elf Jahre lang Verantwortung für ein Gesundheitssystem übernommen hat und dann den Menschen ein Milliardendefizit hinterlässt und sie damit alleine lässt." Rund zehn Milliarden Euro würden den Kassen ohne Reform kommendes Jahr fehlen. Rösler räumte ein, das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge sei keine angenehme Antwort auf die Herausforderungen. Doch nur so könne der Teufelskreis durchbrochen werden, dass mehr Gesundheitsschutz weniger Beschäftigung bedeute. Was die Zusatzbeiträge betrifft, betonte der Minister, dass es einen automatischen Sozialausgleich aus Steuermitteln geben und die Solidarität damit auf breitere Basis gestellt werde.
Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, betonte, als Gesundheitsminister Rösler sein Amt angetreten habe, habe die GKV ein Plus von 1,8 Milliarden Euro aufgewiesen. Im Übrigen sei die Reform von Schwarz-Gelb schlicht schlecht: Das würden nicht nur Experten bescheinigen, auch 85 Prozent der Bevölkerung lehnten sie ab. Lauterbachs Gegenspieler aus der Union, Jens Spahn (CDU), warf der SPD vor, seit 2003 ein Konzept einer Bürgerversicherung anzukündigen, bislang aber nicht über Grundzüge hinausgekommen zu sein.
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