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Aus Kammern und Verbänden
Inhaltsreiche Jubiläumsveranstaltung
Pudimat konstatierte einen langfristigen Trend zu immer geringeren Margen für die Apotheken, doch die Kosten würden weiter steigen. Die Leistungen der Apotheken würden vielfach nicht erkannt, weil trotz komplizierter Regeln alles gut laufe. Doch durch immer neue Regeln würden die Patienten unzufrieden mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt – und dies wegen Centbeträgen.
Sorgen wegen des AMNOG
Die anstehende Änderung der Großhandelsspannen habe für die Apotheken enorme Bedeutung. Die Treuhand Hannover erwarte für eine typische Apotheke einen Rückgang des Betriebsergebnisses um fast 17 Prozent. Im Westen müsse demnach ein Viertel der Apotheken mit ernsthaften wirtschaftlichen Problemen rechnen, für den Osten erwarte er eine ähnliche Entwicklung. Die ABDA sehe die Folgen noch dramatischer, weil sie weitere Einbußen im Direktgeschäft erwarte. "Die Apotheken werden deutlich überproportional und über das Ziel hinaus belastet", folgerte Pudimat. Die Belastungen dürften nicht mit dem gesenkten Kassenabschlag vermischt werden, denn dieser solle die verminderten Packungszahlen ausgleichen. Von den Apotheken werde erwartet, ihren Versorgungsauftrag gut zu erfüllen, doch bei persönlicher Existenznot könne dies nicht im Vordergrund stehen. Einen Bericht über die weiteren Vorträge zum AMNOG finden Sie auf Seite 18.
Im Zusammenhang mit dem Thema Versorgungsauftrag kritisierte Pudimat die Entwicklung um Produkte von Novo Nordisk. Dies zeige, "was der Versorgungsauftrag des Großhandels in Extremsituationen wert ist", so Pudimat – und keine Behörde habe eingegriffen. Doch Pudimat mahnte auch die Apotheker, die Berufsethik zu beachten. Wenn die Werbung der Industrie zur Beratung werde, sei der mündige Bürger nur noch Konsument. Die unabhängigen Apotheken seien der Schutz gegen eine solche Entwicklung. Große Konzerne würden sich dagegen an einer solchen kleinteiligen Struktur stören.
Zusammenarbeit mit der AOK
Neben den Bedrohungen auf Bundesebene sprach Pudimat eine erfreuliche Entwicklung auf Landesebene an. Eine vernünftige Zusammenarbeit mit Krankenkassen bringe mehr als Drohbriefe. Die AOK Mecklenburg-Vorpommern und der Apothekerverband hätten dazu Lösungen gefunden und er hoffe, dies werde sich fortsetzen, anstatt sich gegenseitig Probleme zu bereiten. Hintergrund dazu ist eine Vereinbarung zur vereinfachten Dokumentation der Arztgenehmigung für Änderungen der Packungsgröße bei Verordnungen von Omeprazol und Pantoprazol. Als Folge konnte der Anteil der abgegebenen Rabattarzneimittel bei diesen Wirkstoffen erheblich gesteigert werden.
Dies erläuterte Michael Hewelt, Bereichsleiter für Veranlasste Leistungen der AOK Mecklenburg-Vorpommern, in einem Grußwort. Er bestätigte: "Die AOK Mecklenburg-Vorpommern hat begonnen, mit dem Verband andere Wege zu gehen." Beide würden in Ideen denken, um die Versorgung in dem Flächenland sicherzustellen. Bereits in der Vergangenheit habe die AOK Mecklenburg-Vorpommern nicht auf den Versandhandel hingewiesen. Daher schreibe er auch nicht so einen Brief, wie ihn die Apotheker von der AOK Baden-Württemberg erhalten hätten.
Als Ergebnis der neuen Zusammenarbeit mit dem Verband sei die Umsetzungsquote des Omeprazol-Rabattvertrages von 26 Prozent zu Jahresbeginn auf etwa 67 Prozent im Juni gestiegen. Sie liege damit weit über dem Bundesdurchschnitt und dem Wert der AOK Baden-Württemberg. Dies schlage auf die Gesamtumsetzung der Rabattverträge durch. Im Januar hätten nur 73 von 355 Apotheken eine Umsetzung von über 50 Prozent erreicht, im Juni dagegen 292 von 354. "Das Bild hat sich gedreht", konstatierte Hewelt und folgerte: "Wir sind auf dem richtigen Weg gemeinsam mit dem Apothekerverband."
Geduld bei der Apothekenbetriebsordnung
Lutz Tisch, ABDA-Geschäftsführer für Apotheken- und Arzneimittelrecht, beschrieb die Entwicklung einer neuen Apothekenbetriebsordnung, die künftig wohl Apothekenbetriebsver ordnung heißen soll. Die erste Version dieser "Verfassung der Apotheke" sei bereits ab 1960 diskutiert worden, aber erst 1968 als Ersatz für die bis dahin geltenden Länderregelungen in Kraft getreten. Auch diesmal sei die Entwicklung ein langer Prozess, der angesichts der großen Bedeutung der Verordnung angemessen sei. Inhaltlich sieht Tisch das Ministerium vor der schwierigen Aufgabe, die stark unterschiedlichen Erscheinungsbilder der Apotheken und den differenzierten Berufsstand zu berücksichtigen. Denn es müssten auch Apotheken mit Versand und anderen speziellen Aufgaben sowie Hunderten von Mitarbeitern erfasst werden.
Der kürzlich diskutierte Arbeitsentwurf, "der eigentlich gar nicht existiert", sei nicht mit der Leitung des Ministeriums abgestimmt gewesen. "Das Ministerium selbst hat deutlich gemacht, dass noch nachhaltig daran gearbeitet wird", erklärte Tisch und folgerte, es sei müßig, auf dieser Grundlage Forderungen zu stellen. Einzelne juristische und praktische Ungereimtheiten in einem solchen Entwurf sollten nicht im Detail diskutiert werden, wenn ohnehin noch wesentliche Überarbeitungen zu erwarten sind. Doch das Verordnungsverfahren sei noch nicht einmal eröffnet. Dies beginne mit der Vorlage eines offiziellen Entwurfs. Dieser sei wohl erst im Jahr 2011 zu erwarten. Demnach werde die neue Verordnung frühestens Mitte 2011 erlassen werden können.
Hilfe für die Hilfsmittelbelieferung
Über eine bereits jetzt wirksame praktische Hilfe für den Apothekenalltag berichtete Matthias Clasen, Geschäftsführer des Apothekerverbands Sachsen-Anhalt. Er stellte die länderübergreifende Clearingstelle für Hilfsmittel, Medizinprodukte und Diätetika vor, die in der Geschäftsstelle des Verbandes in Magdeburg angesiedelt ist. Nach drei Jahren Erfahrung in Sachsen-Anhalt richtet sich das Angebot inzwischen auch an Apotheken in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Das Konzept wurde vom Apothekerverband Westfalen-Lippe initiiert und wird im Apothekenrechenzentrum Haan (ARZ Haan) umgesetzt.
Die Clearingstelle kümmert sich für die Apotheken um die Genehmigung der Hilfsmittel bei den Krankenkassen. Hintergrund für die Gründung der Clearingstelle war die zunehmende Zahl schwer überschaubarer Vertragsbestimmungen bei verschiedenen Krankenkassen, so Clasen. In drei Jahren seien in Sachsen-Anhalt etwa 78.000 Anträge aus 350 Apotheken bearbeitet worden. Seit Beginn des Angebots in Mecklenburg-Vorpommern würden dort etwa 100 Apotheken teilnehmen.
Monique Meyer erläuterte als zuständige Mitarbeiterin der Clearingstelle den praktischen Ablauf. Demnach faxt die Apotheke das Hilfsmittelrezept zusammen mit einem speziellen Formular an die Clearingstelle. Diese prüft die Formalitäten und leitet den Antrag über die Technik des ARZ Haan an die Krankenkasse weiter. Clasen betonte, dass jede Nutzung eine einzelne Entscheidung des Apothekers ist: "Sie können jedes Mal entscheiden, ob Sie selbst den Antrag stellen möchten." Den Apotheken biete das Konzept einen Ansprechpartner für Fachfragen und einen standardisierten Ablauf, bei dem der Stand der Bearbeitung laufend überwacht wird. Clasen sieht darin eine "Win-Win-Situation für Apotheken und Krankenkassen". Auch die Krankenkassen sähen inzwischen die Vorteile, weil dort nur noch formal korrekte und genehmigungsfähige Anträge eingehen. Für die Zukunft erwartet Clasen, dass über die Clearingstelle auch die künftig nötigen elektronischen Kostenvoranschläge abgewickelt werden können.
Rückblick auf 20 Jahre
Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern erinnerte Dr. Gerhard Behnsen, Vorsitzender des Verbandes von 1991 bis 2003, an die Gründungszeit und die folgende Entwicklung. Die Apotheken im Osten hätten seit 1990 eine "Erfolgsgeschichte, die sich sehen lassen kann", erlebt. Eine wichtige Grundlage dafür sei gewesen, dass die dortigen Apotheker die Apotheken damals zu einem fairen Preis von der Treuhandanstalt erwerben konnten. In die Verhandlungen mit der Treuhandanstalt habe sich Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, direkt eingebracht. Behnsen betonte mehrfach die besondere Rolle des Hamburger Apothekervereins. Insbesondere Graue und seine Stellvertreterin Traute Köhler hätten die Apotheker in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt und "ihnen das Laufen beigebracht" – auf dem Weg in das neue Apothekensystem mit allen seinen wirtschaftlichen Herausforderungen.
Wie Behnsen ausführte, wurde der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern am 28. August 1990 – in den letzten Tagen der DDR – gegründet. Die Geschäftsstelle war
zunächst im Keller der Ostsee-Apotheke in Rostock untergebracht, Anfang 1992 zog sie mit anderen Organisationen in eine Baracke in Schwerin. Behnsen würdigte den Einsatz vieler ehemaliger und heutiger Vorstandsmitglieder und dankte insbesondere dem Geschäftsführer des Verbandes, Dr. Heinz Weiß, der seit März 1992 "dafür sorgt, dass wir immer auf der Höhe der Zeit sind", so Behnsen. Als Konsequenz aus seinem Rückblick folgerte Behnsen: "Der Blick zurück sollte uns Ausdauer und Zuversicht für kommende Zeiten geben."
tmb
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