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Deutliche Kritik an Rabattverträgen: Gefahr für Ältere
Zunächst ging es in dem Beitrag "Ärzte in der Praxis" um "Patienten als Wirtschaftsobjekt". Es wurde erklärt, welche Probleme das Fallpauschalensystem im Krankenhaus aufwirft. Schwer kranke Patienten würden teilweise mehrfach operiert, weil eine zweite Operation zusätzlich honoriert wird, eine einzige umfangreichere Operation aber nicht. Das Grundvertrauen zwischen Ärzten und Patienten stehe damit auf dem Spiel.
Lebensgefährliche Verwechslung
Im zweiten Teil des Beitrages wurde dieses Problem anhand eines Beispiels aus der hausärztlichen Versorgung vertieft. Dabei ging es um Rabattverträge. In der Sendung wurde ein multimorbider Marcumar-Patient vorgestellt, der lebensgefährliche Blutungen erlitten hatte. Der Patient hatte aufgrund eines Rabattvertrages ein Phenprocoumon-Generikum in ganz anderer Aufmachung erhalten. Dies verwechselte er mit einem Magnesium-Präparat und nahm es "genau nach Anweisung" zwei Mal täglich – dies ergab eine starke Überdosierung. Im Beitrag wurde erklärt, dass solche Austausche täglich in Apotheken vorgenommen werden. Der Apotheker finde nur noch den Wirkstoff auf dem Rezept und suche heraus, mit welchem Hersteller die jeweilige Krankenkasse einen Rabattvertrag hat. Denn die Kassen wollten sparen. Als Konsequenz erhielten die Patienten andere Arzneimittel als gewohnt – mit der Gefahr der Verwechslung.
Klare Worte von Glaeske
Dazu äußerte sich Prof. Dr. Gerd Glaeske, Bremen: "Wir sehen immer wieder, dass ältere Menschen mit diesen Rabattvertragsarzneimitteln nicht zurecht kommen." Die Produkte sähen teilweise anders aus oder die Patienten fänden nicht einmal ihre Krankheit auf dem Beipackzettel, erläuterte Glaeske. "Insofern ist die Gefährdung für ältere Menschen durch die Rabattverträge tatsächlich als hoch einzuschätzen", folgerte Glaeske. In dem Beitrag wurde weiter erläutert, der Arzt könne seine Patienten mit einem einfachen Kreuz auf dem Rezept schützen, er mache dies aber nicht immer. Dazu erklärte der Arzt des Beispielpatienten, dies sei nicht der Sinn der Regelung. Außerdem machte er seine Furcht vor einem Regress deutlich, der schlimmstenfalls sogar seine Existenz bedrohen könnte, wenn Forderungen über mehrere Jahre auflaufen. Die "Markt"-Redakteure folgerten: "Verunsicherte Patienten, unzufriedene Ärzte – ein Ergebnis der Rabattverträge".
Dann stellten sie die Frage, ob die Rabattverträge denn beim Sparen helfen würden. Dazu äußerte sich wiederum Glaeske: "Das ist eine Blackbox." Er erläuterte, dass die Einsparungen nicht transparent seien. Es gebe Hinweise, dass 300 bis 400 Millionen Euro als Ersparnis angerechnet würden. Doch mahnte Glaeske an, auch die Gegenrechnung aufzumachen: "Wenn man das einmal bis zum Ende durchrechnet, das heißt auch die Kosten des Umsetzens, bleiben vielleicht 70 Millionen übrig", so Glaeske. Dieser Betrag sei aber weit weg von dem, was man allgemein den Rabattverträgen als Nutzen zuordne, meinte Glaeske. Mit Blick auf den Beispielpatienten folgerte der "Markt"-Redakteur schließlich, man habe in diesem Fall ein paar Euro gespart, aber die lebensrettenden Maßnahmen hätten Tausende Euro gekostet – und den Patienten fast das Leben.
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