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DAZ aktuell
Heiße Phase der Beratungen läuft an
Bereits zu Beginn der Verhandlungen zwischen den Regierungsfraktionen und dem Bundesgesundheitsministerium erfolgte die erste Korrektur an Röslers Plänen: GKV-Versicherte, die den künftig von den gesetzlichen Krankenkassen verlangten Zusatzbeitrag nicht bezahlen, sollen mit einem Aufschlag von zwei Prozentpunkten auf den Einheitsbeitrag "bestraft" werden. So steht es im "Diskussionsentwurf" zum GKV-Finanzierungsgesetz. Danach sollen säumige Versicherte statt 8,2 Prozent 10,2 Prozent zahlen.
Einkassieren sollten laut Rösler die Arbeitgeber die Strafzahlung. Die Krankenkasse sollten die Arbeitgeber dazu über die Zahlungsunwilligkeit des Versicherten informieren. Prompt protestierte der Arbeitgeberverband BDA gegen die zusätzliche Aufgabe für die Personalabteilungen: "Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums schaffen neue Belastungen für die Arbeitgeber. Die Anhebung des Beitragssatzes verteuert die Arbeitskosten und gefährdet damit die wirtschaftliche Erholung", schimpfte der Präsident der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt und stieß in den Fraktionen von Union und FDP auf Gehör.
Aber auch der Datenschutz steht gegen Röslers Pläne: Es gehe den Arbeitgeber nichts an, ob sein Mitarbeiter beim Kassenbeitrag säumig sei, heißt es nun. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Ulrike Flach, stellte daher rasch klar: "Es wird auf jeden Fall Säumniszuschläge geben, nur ist die Organisation noch nicht ausgereift." Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), sagte, man sei sich einig, dass es nachvollziehbare und angemessene Sanktionen für die geben müsse, die ihre Zusatzbeiträge nicht bezahlten.
Das scheint auch dringend notwendig. Denn nach aktuellen Zahlen verweigern viele Versicherte die von den Krankenkassen geforderten Zusatzbeiträge. Rund eine Million gesetzlich Versicherte haben bisher nicht gezahlt. Nach Recherchen der "Bild"-Zeitung beträgt der Anteil der säumigen Mitglieder je nach Krankenkasse damit bis zu 30 Prozent. So hätten beispielsweise bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) zehn Prozent der 4,6 Millionen Mitglieder den Zusatzbeitrag bisher nicht entrichtet. Bei der KKH-Allianz liege der Anteil etwas über zehn Prozent. Mit hohen Säumnisraten von rund 30 Prozent hätten nach eigenen Angaben beispielsweise die BKK Gesundheit und die BKK für Heilberufe zu kämpfen. Den Kassen zufolge erhielten die Versicherten derzeit schriftliche und telefonische Zahlungsaufforderungen.
Zur Deckung des in 2011 erwarteten GKV-Defizits von bis zu 11 Mrd. Euro will die Bundesregierung den Einheitsbeitrag wieder auf 15,2 Prozent erhöhen und für die Arbeitgeber mittelfristig festschreiben. Künftige Ausgabensteigerungen der GKV sollen dann allein über die Zusatzbeiträge finanziert werden.
Aber auch in anderen Bereichen gibt es noch erheblichen Beratungsbedarf. So protestieren die Hausärzte mit der Drohung von Praxisstreiks gegen die geplanten Honorarkürzungen in den noch nicht rechtskräftigen Hausarztverträgen.
Nachträglich untergebracht werden im GKV-Finanzierungsgesetz soll zudem noch ein Wahlversprechen der FDP: Die Wechselfrist von der GKV zur PKV soll wieder von drei auf ein Jahr verkürzt werden, wenn sich der Verdienst von Versicherten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von 3750 Euro bewegt.
Umstritten vor allem in der CSU ist Röslers Absicht, das Prinzip der Kostenerstattung in der GKV zu stärken. Bisher nutzen nur wenige tausend Kassenpatienten die Möglichkeit, sich in der Arztpraxis gegen Rechnung behandeln zu lassen und diese bei ihrer Kasse einzureichen. Der Ärzteverband KBV hat jetzt selbst die Ausstellung von Patientenquittungen als Kontrollinstrument für die Abrechnung ambulanter Leistungen ins Gespräch gebracht.
Insgesamt will Rösler bei den GKV-Leistungsanbietern im kommenden Jahr bereits 3,5 Mrd. Euro sparen, im Jahr 2012 vier Milliarden Euro. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die gesetzlichen Kassen vor der nächsten Bundestagswahl 2013 auf breiter Front Zusatzbeiträge erheben müssen. Beitragserhöhungen in Wahljahren sind bisher noch keiner Bundesregierung politisch gut bekommen.
Neben den Ärzten müssen auch die Kassen selbst den Gürtel enger schnallen: Ihre Verwaltungskosten werden auf dem Niveau dieses Jahres eingefroren. Auch die Kliniken müssen im kommenden Jahr 500 Mio. Euro weniger ausgeben, im Jahr 2012 sogar 570 Mio. Euro
Und dem Arzneimittelgroßhandel will Rösler 450 Mio. Euro seiner Marge streichen. Umstritten ist, wie viel davon als Einbuße bei den Apotheken ankommt. Der Bundesgesundheitsminister bezifferte den Sparbeitrag der Apotheken im DAZ-TV-Interviev auf 175 Mio. Euro. Phagro-Chef Thomas Trümper kündigte ebenfalls im DAZ-TV-Interview an, dass der Großhandel mangels finanzieller Spielräume die Einsparung komplett über die Kürzung der Apothekenrabatte weitergeben muss. Auch in dieser Sache ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Verhandlungen laufen weiter. Erst im September herrscht Klarheit.
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