Arzneimittel und Therapie

Geringes kardiovaskuläres Risiko durch HbA1c -Werte < 6,0%?

Die in den USA durchgeführte ACCORD-Studie hatte das Ziel zu klären, ob das kardiovaskuläre Risiko für Typ-2-Diabetiker durch eine konsequente Einstellung auf einen HbA1c -Wert von unter 6% im Vergleich zur derzeitigen Standardtherapie mit dem Ziel eines HbA1c -Werts von unter 7,5% gesenkt wird. Von besonderem Interesse sind die Ergebnisse, weil zu Beginn der Studie vor rund fünf Jahren in den Leitlinien der amerikanischen Diabetesgesellschaft ein HbA1c -Wert von unter sieben empfohlen wurde.

Das Akronym ACCORD steht für Action for Control Cardivascular Risk in Diabetes. Bereits nach 3,7 Jahren dieser insgesamt fünf Jahre dauernden randomisierten Studie wurde der intensivtherapeutische Arm mit dem Ziel-HbA1c -Wert von unter sechs Prozent jedoch wegen einer signifikant um 22% höheren Gesamtmortalität eingestellt. Über 10.000 Typ-2-Diabetiker, die zusätzlich mindestens zwei kardiovaskuläre Risiken erfüllten oder bereits von einer kardiovaskulären Erkrankung betroffen waren, wurden insgesamt in dieser Studie berücksichtigt. Während der Studie wurden 13 Gesundheitsassessments zur Ermittlung der Nieren- und Sehleistung sowie der neuropathischen Veränderungen mit beiden Studiengruppen von je rund 5000 Teilnehmern durchgeführt. Die eine Studiengruppe wurde mit den vorhandenen therapeutischen Maßnahmen auf einen HbA1c von unter sechs, die andere auf den als Standard-HbA1c -Wert in der Diabetestherapie von unter 7,5 festgelegten Wert eingestellt. Als primärer Endpunkt wurde die Mortalität, als sekundäre Endpunkte Albuminurie, Retinopathie und Neuropathie gewählt. Damit orientierte sich die Studiengruppe an der in Großbritannien bereits vor einigen Jahren durchgeführten UKPD-Studie.

Die Studienteilnehmer der intensivierten Therapie hatten ein dreifach erhöhtes Risiko gegenüber der Vergleichsgruppe eine Hypoglykämie zu erleiden. Das häufigere Auftreten der Hypoglykämien stand allerdings in keinem Zusammenhang mit der um 22% erhöhten Gesamtsterblichkeit. Trotz des Abbruchs profitierte dieses Patientenkollektiv jedoch von dem über dreieinhalb Jahre verfolgten niedrigeren HbA1c-Wert. So waren sie in einem geringeren Maß von mikrovaskulären Komplikationen wie einer Mikroalbuminurie oder der Inzidenz von Makroalbuminurie, der Kataraktentwicklung und dem damit verbundenen Verlust an Sehleistung und peripheren Neuropathien betroffen.

Dennoch empfehlen die Autoren der Studie eine Absenkung des in den Leitlinien empfohlenen HbA1c -Wertes nicht uneingeschränkt. Die mit einer solchen Absenkung verbundenen Risiken für die Patienten rechtfertigen nach Meinung der Autoren dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Dafür müssen weitere strategische, therapeutische und technische Optionen entwickelt werden. Das verfolgte Behandlungsregime war, so schlussfolgern die Autoren aus ihren Ergebnissen, für die in die Studie eingeschlossen Patienten mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren und einer zehnjährigen Diabeteserkrankung nicht zielführend. Gleichzeitig betonen die Autoren aber die Bedeutung eines gut eingestellten Diabetes zur Vermeidung von Folgekomplikationen, wie Amputationen oder Erblindung. Die vorliegenden Studienergebnisse dürften deshalb keinesfalls als Begründung für eine laxere Kontrolle der Blutzuckerwerte oder eine Vernachlässigung der Anstrengungen in der Diabetestherapie dienen.

Quelle Ismail-Beigi, F. et al.: Effect of intensive treatment of hyperglycaemia on microvascular outcomes in type 2 diabetes: an analysis of the ACCORD randomised trial. Lancet (2010) 376: 419 – 430. Klein, R.: Intensive treatment of hyperglycaemia: ACCORD. Lancet (2010) 376: 391– 392.

 


Apothekerin Dr. Constanze Schäfer

UKPDS


Bei der UK Prospective Diabetes Study (UKPDS) handelt es sich um die bisher größte Langzeitstudie zur Therapie von Typ-2-Diabetikern. Sie wurde 1977 begonnen. Im Jahr 1998 wurden die Ergebnisse zur intensivierten Diabetestherapie, zu diversen Behandlungsstrategien und der Co-Behandlung bei Bluthochdruck mit ACE-Hemmern und Betablockern vorgestellt. Zahlreiche der in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse sind inzwischen in die ärztlichen Leitlinien zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingegangen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.