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Arzneimittel und Therapie
Inkretinmimetikum Liraglutid kann beim Abspecken helfen
Physiologische Aufgabe des zu den Inkretinen gehörenden Darmhormons GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) ist die Feinregulierung der Nahrungsaufnahme und -weiterleitung sowie der Insulinausschüttung. Durch ihre insulinotrope Wirkung auf die β-Zellen des Pankreas bereichern GLP-1-Analoga mit verlängerter Halbwertszeit wie Liraglutid die Therapie des Typ- 2-Diabetes. Da in den Zulassungsstudien auch eine Gewichtsreduktion beobachtet wurde, sind sie aussichtsreiche Kandidaten für die Behandlung von Übergewicht und Fettleibigkeit.
Testung gegen Placebo und Lipaseinhibitor
In 19 europäischen Studienzentren wurden 564 Studienteilnehmer zwischen 18 und 65 Jahren mit einem Body-mass-Index von 30 bis 40 kg/m2 in fünf etwa gleichstarke Therapiegruppen randomisiert. Ausgeschlossen waren Patienten mit bekanntem Typ-1- oder -2-Diabetes. Neben einer Diät und der Anleitung zu verstärkter körperlicher Aktivität mit einem zur Verfügung gestellten Podometer erhielten sie entweder Liraglutid als einmal tägliche subkutane Injektion in vier verschiedenen Dosierungen, den Lipaseinhibitor Orlistat oder eine subkutane Placeboinjektion. Da Orlistat dreimal täglich zu den Mahlzeiten oral verabreicht wurde, konnte dieser Therapiearm nicht doppelblind geführt werden.
Dosisabhängiger Effekt
Primärer Endpunkt dieser herstellerfinanzierten Studie war der Gewichtverlust innerhalb der 20 Wochen Studiendauer, der eine zweiwöchige Placebo-Run-in-Phase vorausging. Alle vier Liraglutid-Dosierungen (1,2 mg, 1,8 mg, 2,4 mg und 3,0 mg) konnten das Körpergewicht stärker senken als Placebo oder Orlistat. Die mittlere Gewichtsreduktion war dosisabhängig und betrug für aufsteigende Liraglutid-Dosierungen 4,8 kg, 5,5 kg, 6,3 kg, sowie 7,2 kg.
Der Placeboarm erreichte eine mittlere Gewichtsreduktion von 2,8 kg, die Orlistatgruppe 4,1 kg.
Von den Studienteilnehmern die 3,0 mg Liraglutid erhielten, konnten 76% ihr Körpergewicht um mehr als 5% absenken (Orlistatarm 44%) und 34% ihre Gewichtsklasse von "adipös" nach "übergewichtig" verändern (Placeboarm 11%).
Die sekundären Endpunkte umfassten eine Vielzahl von Stoffwechselparametern und Aspekte der Lebensqualität. So wurde der Blutdruck in allen Therapiearmen bereits in der Vorbereitungsphase gesenkt.
Übelkeit und Erbrechen häufigste Nebenwirkung
In den Liraglutidgruppen war das Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen ebenfalls dosisabhängig und häufiger als unter Placebo oder Orlistat. Übelkeit trat in 23 bis 44% und Erbrechen in 4 bis 11% der Patienten auf. Die Beschwerden waren vorübergehend und führten bei 13 Patienten zum Therapieabbruch. Vereinzelt wurden psychiatrischen Störungen wie Schlaflosigkeit, depressive Verstimmungen und Nervosität beobachtet.
Die Injektionstherapie führte bei 7% der Patienten zu Symptomen an der Injektionsstelle und war kein Grund für Therapieabbrüche. Das Auftreten von Hypoglykämien wurde nicht separat erfasst.
Langzeiteffekte noch offen
Die im Lancet publizierte Studie kann nach 20 Wochen allenfalls Hinweise auf eine dauerhafte Wirksamkeit der Adipositastherapie liefern. Die Langzeiteffekte der Therapie werden in einem 84-wöchigen Nachbeobachtungszeitraum erfasst, dessen Daten aber noch nicht vorliegen. Auch der Effekt auf harte Endpunkte wie Mortalität und kardiovaskuläre Risikoparameter sowie die Wirksamkeit bei Diabetikern mit Adipositas muss in weiteren Studien geklärt werden. Ein zweiter zugelassener GLP-1-Agonist Exenatid (Byetta®) wird ebenfalls in Studien auf Gewichtsreduktion untersucht. Auch hier werden zukünftige Untersuchungen zeigen, welche Substanz insbesondere in der Therapie von Diabetikern überzeugen kann.
Quellen
Apotheker Peter Tschiersch
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