Fortbildung

Die Hospizidee muss Einzug in die Schulmedizin finden

"Schmerzen lassen sich fast immer in den Griff bekommen, wenn man sich mit stark wirksamen Opioiden auskennt und auf den Patienten eingeht", so Prof. Dr. Eberhard Klaschik, Oberdorf. Leider schauen Ärzte oft nur nach den körperlich bedingten Schmerzen und weniger auf die seelisch bedingten. Klaschik fordert eine Integration der psychischen, sozialen und geistig-seelischen Probleme in die palliative Therapie.

Inhaltsverzeichnis: "48. Internationale Fortbildungswoche der Bundesapothekerkammer in Meran"


Eberhard Klaschik
Foto: DAZ/ck

Hier bestehe ein großes Defizit, vor allem die kommunikativen Fähigkeiten der Ärzte und Betreuer sind gefragt!

Besonderheiten der Tumorschmerzen

Tumorbedingte Schmerzen sind auf Palliativstationen mit 81% am häufigsten. Tumorschmerzen entstehen durch eine Kompression von Nerven durch Tumorgewebe, Frakturen angrenzender Knochen durch Metastasen, eine Infiltration von Nerven oder Blutgefäßen, die zur Reizung sensorischer Nervenendigungen führen oder durch Verschluss eines arteriellen oder venösen Gefäßes. Auch eine Infiltration und Schwellung von Geweben, die eng von Faszien, Periost oder anderen schmerzempfindlichen Strukturen umschlossen sind, lösen starke Schmerzen aus. In der Regel ist im Laufe der Erkrankung eine Zunahme der Schmerzintensität zu beobachten. Dabei sind die Schmerzen von Kopf bis Fuß verteilt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schmerzschwelle bei Tumorpatienten oft durch Schlaflosigkeit, Depressionen und Angst, soziale Isolation und soziale Abhängigkeit erniedrigt ist. Zusätzlich können schwere Nebenwirkungen der Tumortherapie und körperliche Veränderungen auftreten. Eine Kausaltherapie ist oft nicht möglich. Da in der Palliativmedizin unheilbar Kranke betreut werden, steht auch nur eine zeitlich begrenzte Phase zur Verfügung. Zudem sind auch die Angehörigen hochbelastet und müssen mitbetreut werden. Auf einer Palliativstation sollten Patienten mit weit fortgeschrittenen Erkrankungen und einer begrenzten Lebenserwartung ganzheitlich behandelt werden. Auch die psychologischen, sozialen und spirituellen Probleme der Patienten und ihrer Angehörigen müssen ernstgenommen werden. Dabei ist nicht die Verlängerung der Überlebenszeit um jeden Preis das Ziel, sondern die Lebensqualität, die Wünsche, Ziele und das Befinden der Patienten stehen im Vordergrund der Behandlung. Vor allem jungen Menschen, die noch voll im Leben stehen, fällt es schwer, zu begreifen, dass ihre Lebensmöglichkeiten auf einmal so reduziert werden.

Ursache einer unzureichenden Schmerztherapie

Etwa 70% der Patienten die auf einer Palliativstation aufgenommen werden, haben von ihren Hausärzten eine Medikation erhalten, die nicht für eine ausreichende Schmerzfreiheit genügt. Dabei unterschätzen die niedergelassenen Ärzte häufig die Schmerzintensität. Und die Ärzte trauen sich oft nicht, Schmerzen der Stärke, wie sie der Patient schildert, angepasst zu titrieren. Oft werden auch falsche Therapieverfahren angewendet: so dürfen bei Kachexie oder starkem Schwitzen keine Pflaster oder bei starkem Durchfall oder Erbrechen keine Tabletten gegeben werden. Zu häufig werden schwache Opioide eingesetzt, aber starke Opioide allein reichen auch nicht aus, so Klaschik, auch Antidepressiva sollten eingesetzt werden.

Orale Schmerztherapie ist Methode der Wahl

Bei 90% der Tumorschmerzpatienten können durch eine orale medikamentöse Applikationsweise die Schmerzen ausreichend reduziert werden, so Klaschik. Daneben sind als nicht-invasive Verfahren die sublingualen intranasale Applikation und die rektale Gabe von Opioiden möglich. Bei Schluckstörungen, Ileussymptomatik oder therapieresistenten Nebenwirkungen von oralen Opioiden ist die transdermale Applikation indiziert. Treten Schluck- oder Passagestörungen auf oder kommt es therapie- oder tumorbedingt zu Übelkeit und Erbrechen, so müssen invasive Verfahren eingesetzt werden. Auch wenn die Schmerzreduktion unter der eben noch erträglichen oral verabreichten Dosis nur unzureichend ist oder die Nebenwirkungen nicht mehr tolerabel sind, so sollten Analgetika subkutan oder intravenös appliziert werden. Die subkutane Opioidapplikation gilt als ein einfaches und sicheres Verfahren, bei der auch Bolusgaben oder der Einsatz von Pumpensystemen mit konstanter Flussrate möglich sind. Wenn die Volumina der subkutanen Gabe zu hoch sind, so ist eine intravenöse Analgetikazufuhr sinnvoll. Um auch unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen einer Therapie zu erkennen und erträglich zu gestalten müssen sämtliche Maßnahmen individuell getroffen und sehr gut dokumentiert werden. ck

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