Kongress

Schmerz in der Regel - oft mit unerwartetem Hintergrund

Zwei Drittel aller Frauen haben Menstruationsbeschwerden, ein Sechstel sogar eine schwere Dysmenorrhö. Prof. Dr. Karl-Werner Schweppe, Westerstede, informierte über die Therapiemöglichkeiten und mahnte zugleich zur sorgfältigen Abklärung bei anhaltenden Beschwerden. Denn die Dysmenorrhö ist das häufigste Symptom der Endometriose, die oft erst nach Jahren diagnostiziert wird. Über die Behandlung der Endometriose berichtete Prof. Dr. Daniela Hornung, Lübeck.

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Prof. Dr. Karl-Werner Schweppe, Westerstede

Zu Menstruationsbeschwerden erklärte Schweppe: "Alles, was nicht mit einer Aspirin und einer Wärmflasche in Ordnung zu bringen ist, ist nicht in Ordnung und muss geklärt werden." Die Dysmenorrhö, eine Regelblutung mit krampfartigen Schmerzen und oft weiteren Beschwerden im Bauchraum, kann sehr vielfältige Ursachen haben, doch im Mittelpunkt steht dabei die Prostaglandinsynthese. Dies erklärt die Wirksamkeit nichtsteroidaler Antirheumatika, den günstigen Einfluss einer mediterranen Diät mit wenigen gesättigten Fettsäuren und den ungünstigen Effekt von Nahrungsmitteln mit hohem Gehalt an Arachidonsäure.

Therapie bei Menstruationsbeschwerden

Alle nichtsteroidalen Antirheumatika sind bei Menstruationsbeschwerden wirksam. Gemäß Studienlage zeigt Naproxen die beste Wirksamkeit, während Ibuprofen durch die geringsten unerwünschten Wirkungen bei ebenfalls guter Wirksamkeit überzeugt. Schweppe empfiehlt 2- bis 3-mal täglich 500 mg ASS oder 4- bis 6-mal täglich 200 mg Ibuprofen bis zum zweiten oder dritten Blutungstag. Die Behandlung sollte mit einer "loading dose", also einer doppelten Dosis, begonnen werden. Wärme mindert Menstruationsbeschwerden in 40 Prozent der Fälle. Weitere indirekte Therapiemöglichkeiten bieten Calciumantagonisten und Magnesium. Die Wirksamkeit von Placebo ist besonders hoch.

Außerdem werden orale Kontrazeptiva, reine Gestagenpräparate oder progesteronfreisetzende intrauterine Systeme gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Gestagene vermindern die Blutungsdauer und ‑stärke, können aber zu Schmierblutungen und verlängerten Blutungsintervallen führen.

Unter den oralen Kontrazeptiva wirken sich insbesondere ältere Präparate mit höheren Dosierungen günstig aus. Sie reduzieren eine Dysmenorrhö in 60 Prozent der Fälle. Noch besser sind die Ergebnisse bei Langzykluseinnahme oder kontinuierlicher Einnahme. Doch warnte Schweppe eindringlich: Wenn eine Dysmenorrhö trotz Anwendung eines oralen Kontrazeptivums über drei Monate bestehen bleibt, liegt bei der Hälfte der betroffenen Frauen eine Endometriose vor. Dies gilt auch für Teenager. Daher sollte keinesfalls ein anderes Kontrazeptivum ausprobiert oder vom Hausarzt ein Langzyklus empfohlen werden. Die Empfehlung eines Langzyklus könne nur vom Gynäkologen ausgesprochen werden, der eine Endometriose-Diagnostik durchgeführt hat, erklärte Schweppe. Die Maskierung einer Endometriose sei sehr ernst zu nehmen, weil die Diagnose dieser Erkrankung typischerweise sechs bis neun Jahre lang verschleppt wird.

Diagnose …

Eine Endometriose ist das Wachstum von Endometriumgewebe außerhalb des Cavum uteri. 5 bis 10 Prozent aller Frauen sind zwischen ihrer ersten Periode und den Wechseljahren betroffen, bei Infertilität sind es 30 bis 50 Prozent. Familiäre Häufungen kommen vor, erklärte Hornung.

Das häufigste Symptom ist eine schwere Dysmenorrhö. Außerdem können zyklusunabhängige Unterbauchbeschwerden oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten, es gibt aber auch Fälle ohne Schmerzen. Kleine Herde, besonders im Peritonealbereich, sind vielfach deutlich schmerzhafter als große Herde, weil Nerven zu den kleinen Herden wachsen.

Zur Diagnose gehören die ausführliche Anamnese, gründliche vaginale und rektale Untersuchungen, eine Ultraschalluntersuchung und unbedingt eine Nierensonographie, weil der Befall einer Niere zu Nierenversagen und zur Zerstörung der Niere führen kann. Ein unauffälliger Ultraschallbefund schließt eine Endometriose nicht aus, weil diese nicht am Ovar auftreten muss. Herde im Darm können zu einem Darmverschluss führen. Zur Diagnose kann auch eine Bauchspiegelung nötig sein. Teilweise verschafft erst der histologische Befund Klarheit. Daher wäre ein einfaches Testverfahren sehr hilfreich. Hornung verwies dazu auf ein eigenes Forschungsprojekt. Sie erwartet, dass ein solcher Test in einigen Jahren marktreif sein könnte.

Prof. Dr. Daniela Hornung, Lübeck

… und Therapieoptionen bei Endometriose

Bei ovarieller Endometriose empfiehlt Hornung eine Operation. Für die Operation spreche auch die höhere anschließende Schwangerschaftsrate. Bei der Operation gehe ein Teil des Ovars verloren, aber die Endometriose gefährde das Ovar noch mehr. Da die Ovarialendometriose zu einem zweifach erhöhten Risiko für ein Ovarialkarzinom führt, sollte bei Patientinnen ab 40 Jahren erwogen werden, die Ovarien zu entfernen. Bei kleinen peritonealen Herden ist eine Pharmakotherapie möglich. Tief infiltrierende Herde haben jedoch keine Rezeptoren mehr und sprechen daher nicht auf eine Hormontherapie an. Wenn sich bei einer Operation ein "Katastrophenbefund" ergibt, der den Operateur überfordert, sollte die Patientin kurzfristig in einem spezialisierten Zentrum erneut operiert werden. Das Ziel müsse die vollständige Entfernung der Endometriose sein, nicht eine Teiloperation. Eine Hormontherapie sei danach sinnvoll zur Rezidivprophylaxe.

Kontrazeptiva werden bei der Endometriose vorzugsweise im Langzyklus eingesetzt. Obwohl sie dann therapeutischen Zwecken – auch gegen Schmerzen – dienen, müssen sie von der Patientin selbst bezahlt werden, was Hornung scharf kritisierte. Voraussichtlich ab Mai wird das Gestagen Dienogest (Visanne®) als zugelassene Therapie gegen Endometriose verfügbar sein.

Wenn Kontrazeptiva zur Behandlung nicht ausreichen und keine Indikation für eine Operation vorliegt, können GnRH-Analoga eingesetzt werden. Sie sollten stets mit einer Hormonersatztherapie kombiniert werden, um die Nebenwirkungen zu begrenzen, empfahl Hornung.

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