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DAZ aktuell
Kassenabschlag sinkt auf 1,75 Euro
Der Krankenkassenabschlag wird gemäß § 130 Absatz 1 SGB V bei jeder verschreibungspflichtigen Arzneimittelpackung fällig, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet wird. Der zuvor stets gesetzlich festgesetzte Abschlag sollte für 2009 erstmals in der Selbstverwaltung zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband ausgehandelt werden. Aus Verhandlungskreisen verlautete, dass die Krankenkassen ursprünglich einen Abschlag von 2,43 Euro und die Apotheker einen Abschlag von 1,43 Euro gefordert hätten. Bereits Anfang 2009 schien eine Einigung zum Greifen nahe, scheiterte dann aber unmittelbar vor der Unterschrift. Nach weiteren ergebnislosen Verhandlungen wurde im Juli 2009 das Schiedsverfahren gemäß § 129 SGB V eingeleitet. Die Schiedsstelle wurde mit den drei unabhängigen Vorsitzenden Dr. Rainer Daubenbüchel, Prof. Dr. Christian Starck und Prof. Dr. Ingwer Ebsen besetzt. Doch mehrere Verhandlungstermine der Verbände bei der Schiedsstelle brachten keine Einigung. Anfang Dezember mischte sich auch das Bundesgesundheitsministerium ein, das nur die Rechtsaufsicht, aber keine Weisungsbefugnis für die Schiedsstelle hat. In einem Schreiben an den Schiedsstellenvorsitzenden Daubenbüchel monierte der zuständige Referatsleiter Ulrich Dietz die von der Schiedsstelle vorgesehenen Berechnungsgrundlagen (siehe AZ 2009, Nr. 51, S. 1).
Rückzahlung für Apotheken
Bei einem erneuten Erörterungstermin am 21. Dezember wurde der neue Krankenkassenabschlag von 1,75 Euro mit 8 zu 5 Stimmen beschlossen. Demnach votierten die Vertreter der Apotheker und alle drei Vorsitzenden für diese Lösung. Für die etwa 570 Millionen Packungen, die seit Anfang 2009 von der Regelung betroffen sind, stehen damit etwa 314 Millionen Euro einschließlich Mehrwertsteuer zur Rückzahlung an. Dies sind durchschnittlich etwa 12.000 Euro netto pro Apotheke, für eine typische Apotheke jedoch unter 10.000 Euro. Es kann angenommen werden, dass die Krankenkassen bereits entsprechende Rückstellungen gebildet haben. Der Netto-Abschlag (ohne Mehrwertsteuer) sinkt von 1,93 Euro auf 1,47 Euro.
Wie aus Kreisen des Deutschen Apothekerverbandes verlautet, soll die Schiedsverhandlung ergeben haben, dass der jeweilige Kassenabschlag auch zur Berechnungsgrundlage für die Abrechnungen des Folgejahres wird. Demnach würde im Jahr 2010 der neue Abschlag von 1,75 Euro angewendet, bis ein neuer Abschlag für 2010 festgelegt wird. Zu der Frage, wie der für 2009 zu viel erhobene Abschlag an die Apotheken zurückgezahlt werden soll, erklärte der Vorsitzende des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ), Dr. Jörn Graue, gegenüber der DAZ, dies werde voraussichtlich über die Rechenzentren ausgeglichen. Dort lägen alle nötigen Daten über die Abrechnungen des Jahres 2009 vor.
Kritik an der Entscheidung
Der Pressesprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, bezifferte die Belastungen der gesetzlichen Krankenversicherungen durch die Senkung des Kassenabschlages auf etwa 330 Millionen Euro für 2009. "Wir bedauern die Entscheidung und haben wenig Verständnis dafür, dass gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Einkommen der Apotheker aus den Portemonnaies der Beitragszahler erhöht werden", kommentierte Lanz die Entscheidung der Schiedsstelle. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Krankenkassen gegen die Entscheidung der Schiedsstelle vorgehen werden.
Am 28. Dezember meldete sich auch Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, zum Thema Kassenabschlag zu Wort. "Nach der überflüssigen Steuersubvention für Hotelbesitzer ist dieser teure Apotheken-Bonus das nächste falsche Signal", wurde er in einer Agenturmeldung zitiert, die der Nachrichtensender "n-tv" auf seiner Internetseite verbreitete. Dies sei ein "millionenschweres Jahresendgeschenk" für die Apotheken. Steinmeier forderte die Bundesregierung auf, sich stärker gegen den "Druck der Apotheker-Lobby" zu stemmen. Angeblich würden Apotheken ohne zusätzliche Leistung Mehreinnahmen von jeweils 20.000 bis 40.000 Euro erhalten. Diese Zahlen sind jedoch offensichtlich viel zu hoch und nicht nachvollziehbar, zudem werden die beträchtlichen Mehraufwendungen durch die Rabattverträge ignoriert.
Planungssicherheit
Für die Apotheker ist die ganz große Unsicherheit mit der Entscheidung der Schiedsstelle erst einmal vom Tisch. Alle betriebswirtschaftlichen Auswertungen für 2009 standen bisher unter dem Vorbehalt einer Änderung des Kassenabschlages. Was für die Krankenkassen ein vergleichsweise überschaubarer Betrag ist, kann für viele Apotheken über den betriebswirtschaftlichen Erfolg oder zumindest über den Spielraum für Investitionen oder die Personalplanung entscheiden. Aus Apothekersicht ist die zu erwartende Rückzahlung daher eine erfreuliche Nachricht. Welche Daten den Ausschlag für die Entscheidung gegeben haben, kann bis zum Vorliegen der Begründung der Schiedsstelle nur spekuliert werden. Vor der Entscheidung war kontrovers diskutiert worden, ob und inwieweit der erhebliche Mehraufwand der Apotheken bei der Umsetzung der Rabattverträge beim Kassenabschlag zu berücksichtigen ist.
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