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Gesundheitspolitik
Weihnachtsgeschäft
Wir alle erleben es gegenwärtig allerorts im Einzelhandel. Das Weihnachtsgeschäft boomt. Kaum eine Branche, die davon nicht profitieren könnte, zumindest aber wollte. Für einige Branchen ist das Weihnachtsgeschäft Überlebensfaktor, da der Anteil des Umsatzes, noch besser des Rohertrages in diesen Geschäften am Gesamtjahr im vierten Quartal überproportional hoch ist. Dazu zählen zweifelsfrei klassische Geschenkbranchen wie der Uhren-, Juwelen-, Gold- und Silberwareneinzelhandel. Etwas abgeschwächter finden wir diese Entwicklung in Elektronikfachmärkten oder im Buchhandel. Weniger geschenkebedingt, aber dem Anlass geschuldet, durch Weihnachtsfeiern vor Weihnachten, Weihnachten selbst, Zwischen-den-Jahren-Partys, Silvester und dem Neujahres-Hype sind auch bei Gütern des täglichen Bedarfs Sonderkonjunkturen im vierten Quartal angezeigt. Wie anders könnte man sich erklären, dass der Klassiker Lebkuchen und Vergleichbares ab Mitte September als saisonbedingtes Geschäft einen nicht unerheblichen Raum der Sonderflächen der Lebensmittelhändler prägt. Selbst in Drogerien, Naturkostgeschäften oder Reformhäusern gibt es hinreichend viele Spielwiesen für eine Sonderkonjunktur, denkt man an Cremes für die Großmutter, Franzbranntwein für die Schwiegermutter oder auch an Wellness-Produkte für die Verwandten, Freunde und Bekannten.
Von daher stellt sich die Frage, warum Apotheken so wenig vom Weihnachtsgeschäft zu halten scheinen. In den letzten Wochen habe ich, egal wo ich war, die Schaufenster aller Apotheken abgescannt, ob es Hinweise auf ein besonderes Weihnachtsangebot gibt. Fehlanzeige. Und beim Kauf eines Wellnessproduktes zum runden Geburtstag meiner Patentante wurde ich in meiner Wahrnehmung abgebügelt als ich fragte, ob man dies auch mit Geschenkpapier verpacken würde. Wer Produkte in Freiwahl anbietet und damit dem Kunden und seinen eigenen Mitarbeitern signalisiert, dass man auch außerhalb des Rx-Bereiches und damit weitreichenden staatlichen Regulierungen unterliegenden Sortimentsbereichen Geschäfte generieren will, muss sich vor normalen Maßstäben nicht scheuen. Und dies äußert sich eben im Setzen von Kaufimpulsen oder in ergänzenden Dienstleistungen wie einem Verpackungsservice usw. Der Konsument reagiert auf Impulse, diese im Schaufenster oder in der Offizin gezielt in der Vorweihnachtsphase angesiedelt und professionell vorbereitet, helfen dem Kunden und schaden der Apotheke mitnichten. Befürchtungen, derlei Gebaren könne das Image der Apotheke verwässern, sind lächerlich. Warum? Die Apotheke zeigt damit nur ihre Kundennähe, es sollen ja keine Barbie-Puppen angeboten werden, sondern Produkte, die in einer Apotheke auch sonst geführt werden und die den Rang eines Geschenkes erfüllen bzw. erfüllen können. Apotheken tun damit einem Teil der Kundschaft und deren Beschenkten einen immensen Gefallen, denn der Nutzen, den ein in einer Apotheke gekauftes Produkt stiftet, dürfte es mit vielen anderen Geschenken aufnehmen. Und: mit derlei Aktionen erzeugt man Frequenz und dies ist sowohl für die der Arzneimittelpreisverordnung unterliegenden wie auch für die frei kalkulierbaren Produkte maßgeblich. Und noch eins obendrauf: In diesem Feld können Apothekenleiter auch die Kreativität ihrer Mitarbeiter nutzen, die oftmals genau bei solchen Themen aus dem Schatten treten und mit tollen Ideen hinsichtlich der Ladengestaltung, aber auch der angebotenen Produktbündel zum Erfolg der Apotheke beitragen. Dies wird nicht an die Bedeutung des Weihnachtsgeschäftes im Juwelierhandel heranreichen, aber dem AMNOG zum Trotz: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
Andreas Kaapke
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de
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