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- AZ 38/2010
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Gesundheitspolitik
"Abschottung gegen Versandhandel"
In "mehreren Apotheken" (wie viele Apotheken es waren, verriet die Sendung nicht) kaufte das Plusminus-Team Erkältungspräparate für 51,82 Euro, die es bei Versandapotheken – für die in der Sendung kräftig Werbung gemacht wurde – um fast 20 Euro billiger gibt. Gerechtfertigt werde dies von den Vor-Ort-Apotheken mit persönlicher Beratung – aber die habe man nicht erhalten. Es soll beispielsweise keine Hinweise gegeben haben auf die Risiken von Paracetamol-haltigen Arzneimitteln. Genaues zu den Testkäufen erfuhr man allerdings nicht.
Dem von Plusminus als Gesundheitsökonom befragten Professor Glaeske von der Uni Bremen kommt das Verhalten der Apotheken in Deutschland wie ein "Zunftwesen" vor: "Das heißt, man hat eine Abschottung gegen alles andere, was einem aus Konkurrenzgründen problematisch werden könnte. Man hat den Versandhandel diskreditiert. Man spricht immer über Fälschungen, obwohl die nun mit dem Versandhandel überhaupt nichts zu tun haben. Wir haben ganz normale Arzneimittel im Versandhandel, die gleichen Großhändler, die gleichen Hersteller. Man kann das alles nachvollziehen."
Mit diesem professoralen Auftakt läutet Plusminus die Werbestrecke für Versandapotheken ein. Mehrere Logos von Versandapotheken werden eingeblendet, man bekomme dort entsprechende Medikamente "natürlich nur auf Rezept" und "die Beratung gibt es am Telefon, und auch hier werden nur ‚echte Medikamente’ verkauft", so das Wirtschaftsmagazin.
"Geschickte Lobbyarbeit"
Nächster Angriff ist die "geschickte Lobbyarbeit" der Apotheker, der auch Glaeske Respekt zollt: "Da kann man nur den Hut ziehen, dass die Apotheker es geschafft haben, praktisch ihre Darstellung des Problems mit in den Koalitionsvertrag hineinzubringen. Ich denke, das ist die Handschrift der FDP." Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, stellt daraufhin gleich fest: "Unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten ist es aus unserer Sicht bedauerlich, dass der Versandhandel eingeschränkt werden kann. Sofern es hier Sicherheitsbedenken gibt, kann man die sicherlich durch eine entsprechende Regulierung gut in den Griff bekommen und das Ausland macht vor, dass es auch anders geht."
Und schließlich wird dem Zuschauer die Präsenz der Apotheker mit einem Stand auf den FDP-Parteitagen quasi als "verdeckte Parteienfinanzierung" verkauft. Immerhin könne so ein Stand schon mal 20.000 Euro betragen.
Das Sahnehäubchen am Schluss der Sendung setzt allerdings Glaeske: "Bei allen Reformen wurden alle anderen Berufe, Ärzte, Krankenhäuser, selbst die Krankenkassen erheblich belastet. Die Apotheker haben es immer wieder geschafft, mehr oder weniger unbelastet aus diesen Reformen hervorzugehen."
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