Gesundheitspolitik

Die Krake Versanderlaubnis

Peter Ditzel

Mit dem Beispiel der gleichlangen Spieße zwischen Versandapotheke und Vor-Ort-Apotheke, also den gleichen Wettbewerbsbedingungen – damit hatte uns Ulla Schmidt im Jahr 2004 die Zulassung des Versandhandels für Arzneimittel angedreht. Was daraus geworden ist, können wir heute am Markt sehen: Neben den Discount-Versendern in Deutschland (kein Nachtdienst, keine oder mangelhafte Beratung) werkeln Versandapotheken in den Niederlanden, Großbritannien und der Tschechei. Sie dürfen munter nach Deutschland liefern, die deutschen Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung aber gelten für sie natürlich nicht. Ständiges Suchen und Probieren der ausländischen Apotheken, wie man Wettbewerbsvorteile für sich herausholt, an bestehenden deutschen Vorschriften vorbei, sorgen für Unruhe, Klagen und Prozesse.

Die stärksten Auswüchse sind die Pick-up-Stellen von dm in Zusammenarbeit mit der niederländischen Europa-Apotheek sowie die Schleckersche Vitalsana-Apotheke mit Sitz in den Niederlanden und einer operativen Dependance in Deutschland. Selbst mit der Anrufung von Gerichten scheint man der Hydra Versandhandelserlaubnis und ihren Auswüchsen nicht beizukommen. Die Bundesregierung sieht das daraus entstandene Übel, sie möchte die Pick-up-Stellen gesetzlich verbieten. Aber sie eiert mächtig herum, wie das juristisch hieb- und stichfest geschehen könnte.

Die jüngste Entscheidung zur Vitalsana-Apotheke zeigt, dass Gerichtsurteile alles noch schlimmer machen und Geschäftsmodelle wie die von Schlecker mit Vitalsana sogar noch bestätigen: Ein deutsches Drogerie-Unternehmen, das mit Apotheken nichts zu tun hat, darf in den Niederlanden eine Versandapotheke eröffnen, nach Deutschland über eine Drogerie-pick-up-Stelle liefern und sogar operative Einheiten für Logistik und Callcenter in Deutschland selbst betreiben. Die Versandapotheke muss laut Gericht lediglich darauf achten, ein paar Formalien in der Werbung und beim Callcenter zu erfüllen. Das ist die vollkommene Aufweichung der Apothekenbetriebsordnung. Mich würde es nicht wundern, wenn solche Modelle bald Nachahmer finden. (Warum machen wir’s nicht selbst, z. B. als "Genossenschaftsapotheke" in den Niederlanden, an denen alle Apotheker der jeweiligen Genossenschaft beteiligt sind?) Die Köpfe der Hydra Versandhandelserlaubnis sind noch lange nicht abgeschlagen – und wenn, ein neuer wächst sofort nach.


Peter Ditzel

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