Arzneimittel und Therapie

Wie die Parkinson-Progression verzögert werden kann

Morbus Parkinson ist eine fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Unter anderem kommt es zu Einschränkungen und Kontrollverlust von Bewegungen, mit Rigor, Ruhetremor, Standunsicherheit, Sprachstörungen, Hypo- und Akinese. Im Volksmund wird dieses Krankheitsbild daher auch als Schüttellähmung bezeichnet. Eine frühzeitige sachgerechte Therapie kann die Krankheit zwar nicht heilen, aber die Progression um mehrere Jahre hinausschieben.
Parkinsonpatienten sind an ihrer vornüber gebeugten Körperhaltung, ihrem kleinschrittigen Gang, fehlender Mitbewegung der Arme und Gesichtsstarre zu erkennen. Die Bewegungen werden verzögert gestartet und können nur schwer beendet werden.
Foto: DAZ/Hammelehle

Die Gefahr, an Parkinson zu erkranken, steigt mit zunehmendem Lebensalter. Bei über 60-Jährigen ist einer von 100 betroffen, doch 40% aller Parkinsonpatienten erkranken schon vor dem 60. Lebensjahr, davon einige auch vor dem 40. Lebensjahr. Neben den motorischen Störungen prägen eine Vielzahl von vegetativen Symptomen das Krankheitsbild. Ein gestörter Geruchssinn kann ein wichtiges Frühsymptom sein. Wenn jemand beispielsweise den Geruch von Kaffee nicht mehr wahrnimmt, könnte das ein Frühzeichen einer Parkinsonerkrankung sein. Darüber hinaus ist die Wärme- und Schweißregulation gestört, eine überhöhte Talgproduktion führt zu dem typischen "Salbengesicht". Speichel- und Tränenfluss sind gesteigert. Zudem leiden die Betroffenen unter Kreislaufproblemen, Verstopfung und Blasenfunktionsstörungen. Hinzu kommen psychische Erkrankungen. Parkinsonpatienten sind oft apathisch und depressiv, Denkabläufe können verlangsamt sein. Mit zunehmender Dauer der Erkrankung steigt die Gefahr für geistige Behinderung und Demenz.

Neurodegeneration als Ursache

Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung. Die Symptome lassen sich vor allem durch den Untergang dopaminerger Neuronen in verschiedenen Arealen des Gehirns wie dem extrapyramidalen System oder dem Hirnstamm erklären. Ein daraus resultierender Dopaminmangel führt zu einer Gleichgewichtsverschiebung zwischen Dopamin auf der einen und Acetylcholin und Glutamat auf der anderen Seite.

Im Mittelpunkt der Therapie stehen daher Versuche, dieses Ungleichgewicht aufzuheben. Mit Dopaminergika wird versucht, die Dopamin-Konzentration zu steigern. Anticholinergika sollen dem Acetylcholin-Übergewicht entgegenwirken.

Goldstandard Levodopa

Goldstandard der Behandlung ist die Therapie mit Levodopa. Da Dopamin selber nicht die Bluthirnschranke passieren kann, muss auf Levodopa zurückgegriffen werden, das über einen spezifischen Transporter in das Gehirn gelangen kann und dort mithilfe der Dopa-Decarboxylase zu Dopamin umgewandelt wird. Um eine Decarboxylierung in der Peripherie zu verhindern, wird Levodopa mit einem Decarboxylasehemmer (Benserazid, Carbidopa) kombiniert. Da die Resorption von Levodopa durch Proteine behindert wird, muss es 30 bis 90 Minuten vor oder nach den Mahlzeiten eingenommen werden.

Während sich die Symptome zunächst noch mit einer dreimal täglichen Gabe von Levodopa kontrollieren lassen, kommt es nach etwa drei bis fünf Behandlungsjahren zu Wirkungsschwankungen, sogenannten Fluktuationen und Wirkunksverminderung.

Zur Ergänzung: dopaminerge Agonisten,

Neben Levodopa stehen dopaminerge Agonisten wie Bromocriptin (z. B. Pravidel®), Pergolid (z. B. Parkotil®) , Lisurid (Dopergin®), Cabergolin (z. B. Cabaseril®), Ropinirol (Adartrel® , Requip®), Pramipexol (Sifrol®) sowie seit Kurzem Rotigotin in Form eines transdermalen Systems (Neupro®) und Piribedil (Clarium®) zur Verfügung. Sie können im Spätstadium zusätzlich zu Levodopa eingesetzt werden, sind jedoch auch als Monotherapeutika zur Therapie im Frühstadium zugelassen. Allen Dopaminagonisten haften besondere Nebenwirkungen an, die mit der Rolle von Dopamin im Belohnungssystem zu erklären sind. Das sind beispielsweise Spielsucht, Hypersexualität, Kaufrausch, gesteigerter Alkoholkonsum und Essstörungen.

… Enzymhemmer

Eine Erhöhung der Dopaminkonzentration lässt sich auch mithilfe von Substanzen erzielen, die den Abbau von Dopamin hemmen. Dazu zählen die Catechol-O-Methyl-Transferasehemmer Entacapon (Comtess®) und Tolcapon (Tasmar®) sowie die Monaminoxidase-B-Hemmer Selegilin (z. B. Movergan®) und Rasagilin (Azilect®) • Sie sind zusammen mit Levodopa indiziert. Tolcapon ist hepatotoxisch und darf nur unter strenger Kontrolle der Leberfunktionswerte eingesetzt werden. Patienten sollten darüber aufgeklärt werden, dass sich unter Tolcapon der Urin gelb und unter Entacapon rötlich-braun verfärben kann.

… und Anticholinergika

Um das anticholinerge Übergewicht zu beheben, werden NMDA-Rezeptor-Antagonisten (Amantadin und Bupidin) sowie zentralwirksame Anticholinergika (z. B. Biperiden) eingesetzt. Wird Morbus Parkinson frühzeitig adäquat behandelt, dann können die Betroffenen mit einer normalen Lebenserwartung bei relativ guter Lebensqualität rechnen.

 

Quelle

Prof. Dr. Holger Stark: Morbus Parkinson – nur die Spitze eines Eisbergs. Vortrag Pharmacon Davos, 10. Februar 2009.

 

du

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