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Arzneimittel und Therapie
Welche endokrine Therapie in der Postmenopause?
Beim frühen hormonrezeptorpositiven Brustkrebs wird nach der chirurgischen Entfernung des Tumors eine mehrjährige endokrine (antihormonelle) Therapie durchgeführt, um das Rezidivrisiko zu senken. Galt bei postmenopausalen Patientinnen lange Zeit Tamoxifen als Mittel der Wahl, so hat sich in den letzten Jahren eine leichte Überlegenheit der Aromatase-Hemmer herauskristallisiert. Diese können in unterschiedlichen Therapieschematas verabreicht werden:
- Upfront (Beginn mit einem Aromatase-Hemmer, Dauer fünf Jahre)
- Switch (zwei bis drei Jahre lang Tamoxifen und dann Wechsel auf einen Aromatase-Hemmer; Therapiedauer fünf Jahre)
- Extended (nach fünf Jahren Tamoxifen Umstellung auf einen Aromatase-Hemmer).
Welche dieser Optionen zu den besten Ergebnissen führt, wird in großen Studien geprüft. Sowohl für die Gabe von Aromatase-Hemmern von Beginn an als auch für den Beginn mit Tamoxifen mit einem anschließenden Wechsel auf einen Aromatase-Hemmer gibt es pro- und kontra-Argumente. Generell sind Aromatase-Hemmer der alleinigen Therapie mit Tamoxifen überlegen. Mit jedem Protokoll, das Aromatase-Inhibitoren vorsieht, wird im Vergleich zur alleinigen Tamoxifenbehandlung eine signifikant erhöhte krankheitsfreie Überlebenszeit erzielt. Bislang konnte in Upfront-Studien (ATAC und BIG; siehe Tabelle 1) noch kein Vorteil für das Gesamtüberleben festgestellt werden; eine neue Auswertung der BIG-Studie wird in Kürze erwartet. Für ein Switch-Regime konnte in der IES-Studie (siehe Tabelle 1) mit Exemestan ein Überlebensvorteil ermittelt werden.
Tab. 1: Wichtige Studien zur postmenopausalen endokrinen Therapie | |||
Upfront-Regime | Switch-Regime | ||
ATAC Anastrozol, Tamoxifen Alone or in Combination Trial | BIG 1-98 Breast International Group | IES Intergroup Exemestane Study | |
Tamoxifen mit Anastrozol verglichen (fünfjähriges Upfront-Regime). Nach 100 Monaten betrug der absolute Unterschied der Rate an krankheitsfrei überlebenden hormonrezeptorpositiven, postmenopausalen Patientinnen 4,8% zugunsten des Aromatase-Hemmers. Ein Überlebensvorteil wurde bislang nicht gezeigt. | Vierarmige Studie, die bei rezeptorpositiven, postmenopausalen Patientinnen neben dem Upfront-Einsatz von Tamoxifen und Letrozol auch den kreuzweisen Wechsel untersucht. Nach 51 Monaten hatten die mit Letrozol behandelten Frauen ein signifikant höheres rezidivfreies Überleben. Ein Überlebensvorteil konnte noch nicht gezeigt werden. | Postmenopausale Patientinnen nach zwei- bis dreijähriger Tamoxifentherapie wurden entweder zu Exemestan oder zu einer weiteren Tamoxifentherapie über jeweils zwei bis drei Jahre randomisiert. Der Wechsel auf Exemestan führte zu einer signifikanten Verbesserung des rezidivfreien Überlebens. Es konnte auch eine Verbesserung des Gesamtüberlebens gezeigt werden. | |
Anzahl der Follow up in | 5216 100 | 4922 51 | 4724 55,7 |
krankheitsfreies Überleben (absoluter Nutzen in %) Hazard ratio p-Wert | 4,8 nach neun Jahren 0,85 0,003 | 2,9 nach fünf Jahren 0,82 0,007 | 3,3 nach drei Jahren 0,76 0,0001 |
Hazard ratio p-Wert | 0,97 0,7 | 0,863 0,16 | 0,85 0,08 |
Anlehnung an Leitlinien
Eine definitive Aussage darüber, ob und wann ein bestimmtes Regime zu besseren Ergebnissen führt, kann erst nach Ende und Auswertung entsprechender Studien getroffen werden. Bis dahin sollte die endokrine Therapie unter Berücksichtigung aktueller Leitlinien und individueller Parameter erfolgen. So könnte man bei prognostisch günstigen Tumoren dem Switch-Regime (zwei Jahre Tamoxifen und anschließend drei Jahre Exemestan) und bei weniger günstigen Tumoren der Upfront-Therapie (fünf Jahre Letrozol) den Vorzug geben. Die entsprechenden Leitlinien (Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms sowie die Aktuellen Empfehlungen zur Therapie primärer und fortgeschrittener Mammakarzinome der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie; beide Stand 2008) lassen alle endokrinen Optionen zu.
Studien zur postmenopausalen endokrinen Therapie
ATAC-Studie
In der ATAC-(Anastrozol, Tamoxifen Alone or in Combination Trial-)Studie wird Tamoxifen mit Anastrozol (Arimidex®) verglichen (fünfjähriges Upfront-Regime). Nach 100 Monaten betrug der absolute Unterschied der Rate an krankheitsfrei überlebenden hormonrezeptorpositiven, postmenopausalen Patientinnen 4,8% zugunsten des Aromatase-Hemmers. Ein Überlebensvorteil wurde bislang nicht gezeigt.
BIG-Studie
In der vierarmigen BIG-1-98 (Breast International Group)- Studie wird bei rezeptorpositiven, postmenopausalen Patientinnen neben dem Upfront-Einsatz von Tamoxifen und Letrozol (Femara®) auch der kreuzweise Wechsel untersucht. Nach 51 Monaten hatten die mit Letrozol behandelten Frauen ein signifikant höheres rezidivfreies Überleben (absoluter Unterschied 2,9%). Ein Überlebensvorteil konnte noch nicht gezeigt werden. Eine neue Auswertung dieser Studie wird in Bälde erwartet.
IES-Studie
In der IES-Studie (Intergroup Exemestane Study) wurden postmenopausale Patientinnen nach zwei- bis dreijähriger Tamoxifentherapie entweder zu Exemestan (Aromasin®) oder zu einer weiteren Tamoxifentherapie über jeweils zwei bis drei Jahre randomisiert. Die Behandlungsdauer betrug fünf Jahre. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 56 Monaten zeigte sich, dass der Wechsel auf Exemestan zu einer signifikanten Verbesserung des rezidivfreien Überlebens geführt hatte (absoluter Unterschied 3,3%). Unter diesem Therapieregime konnte auch eine Verbesserung des Gesamtüberlebens gezeigt werden.
Tab. 2: Aktuelle Leitlinien zum Mammakarzinom | ||
S3-Leitlinie | AGO-Leitlinie | |
genaue Bezeichnung | Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms | aktuelle Empfehlungen zur Therapie primärer und fortgeschrittener Mammakarzinome |
Herausgeber | Deutsche Krebsgesellschaft und Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe | Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie |
Inhalt | fünf große Abschnitte zu den Themen Allgemeines, lokoregional begrenzte Primärerkrankung, das rezidivierte oder metastasierte Mammakarzinom, Behandlung, Betreuung, Begleitung, Versorgungskoordination und Qualitätsmanagement | 25 Themengebiete zum frühen und metastasierenden Mammakarzinom |
Stand | 2008 | 2008 |
Internet | www.g-i-n.net (Vollversion in Englisch) | www.ago-online.de |
Leitlinien zum Mammakarzinom
Wichtige Leitlinien zur Therapie und Diagnostik des Mammakarzinoms sind in Deutschland die S3-Leitlinie und die AGO-Leitlinie. Die neueste Version der "Interdisziplinären S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms" (herausgegeben von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) umfasst 298 Seiten und ist in fünf Abschnitte gegliedert (allgemeines; lokoregional begrenzte Primärerkrankung; das rezidivierte oder metastasierte Mammakarzinom; Behandlung, Betreuung, Begleitung; Versorgungskoordination und Qualitätsmanagement).
Die AGO-Leitlinie (herausgegeben von der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie in der Deutschen Krebsgesellschaft) ist eine interdisziplinäre kurz gefasste Leitlinie, die jedes Jahr aktualisiert wird. Die aktuelle 7. Version (Stand Januar 2008) enthält 25 Themengebiete zum frühen und metastasierenden Mammakarzinom.
Quelle
Prof. Dr. Nicolai Maass, Kiel, Prof. Dr. Marc Sütterlin, Mannheim; Prof. Dr. Michael Friedrich, Krefeld: "Im Fokus: Endokrine Therapie von Brustkrebs in der adjuvanten und metastasierten Situation", am 31. Oktober 2008 im Rahmen der 28. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Stuttgart; Satellitensymposium veranstaltet von Pfizer, Karlsruhe.
Aktuelle Empfehlungen zur Therapie primärer und fortgeschrittener Mammakarzinome, 1. Auflage, Zuckschwerdt Verlag 2008 (AGO-Leitlinie der Kommission Mamma).
Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. 2. Auflage. Zuckschwerdt Verlag 2008.
Huober J., et al.: Adjuvante endokrine Therapie des Mammakarzinoms. Therapeutische Umschau 65, 193-200 (2008).
Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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