Medizin

Was steckt eigentlich hinter … Schmerzen in der Hand?

Die Hände sind unerlässliche und täglich tausendfach benutzte Werkzeuge. Erkranken sie, kommt zu den Schmerzen eine mehr oder weniger ausgeprägte Funktionseinschränkung hinzu. Neben akuter Überlastung gibt es eine ganze Reihe von traumatischen, lokalen und systemischen Ursachen. Hilfreich ist, dass die präzise erfasste Symptomatik und der körperliche Befund meist schon der Fingerzeig auf die korrekte Diagnose sind.

Treten Schmerzen nach einem Trauma auf, sind zuerst Frakturen, Sehnen- und Bänderverletzungen auszuschließen. Gerade bei Beschwerden in der Nähe der Handwurzelknochen ist dazu manchmal eine sorgfältige bildgebende Diagnostik erforderlich.

Meistens handelt es sich aber "nur" um eine Zerrung, Quetschung oder Verstauchung. Ruhigstellen und abschwellende Maßnahmen – vom Hochlagern über Kühlung bis zu Salben – unterstützen die Heilung.

Über- und Fehlbelastungen führen oft zu einer Sehnenscheidenentzündung. Eine typische Ursache ist z. B. die Arbeit mit einer Computermaus. Schnelle Abhilfe ist fast unmöglich, denn für eine dauerhafte Beschwerdefreiheit ist der Auslöser zu beseitigen. Im akuten Stadium wird deshalb ruhiggestellt – notfalls mit einer Gipsschiene und über Wochen –, gekühlt und die Schmerzen mit NSAR, auch in Salbenform, behandelt.

Karpaltunnelsyndrom

Wird der Nervus medianus im Karpaltunnel eingeengt, kommt es zu typischen Beschwerden im Versorgungsgebiet des Nervs: dumpfe Schmerzen und Parästhesien v. a. an Zeige- und Mittelfinger, gelegentlich auch an Daumen und Ringfinger.

Das sogenannte Karpaltunnelsyndrom ist häufig: Jede(r) Zehnte über 40 Jahre ist irgendwann betroffen. Ursachen sind Schwellungen z. B. bei chronischen Entzündungen wie der rheumatoiden Arthritis oder bei Wassereinlagerungen. Oft findet sich allerdings keine klare Ursache.

Reichen konservative Maßnahmen wie Vitamin-B6 -Gabe, Ruhigstellen, NSAR und lokale Injektionen von Anästhetika oder Cortisonpräparaten nicht aus, wird der Karpaltunnel operativ gespalten. War der Nerv nicht zu lange oder stark eingeengt, erholt er sich vollständig.

Arthrosen

Ebenfalls häufig sind Arthrosen der Fingergelenke. Für einige Formen haben sich spezielle Namen eingebürgert. Bei der Bouchard-Arthrose sind v. a. die Fingermittelgelenke betroffen, die Schwellungen auf der Streckseite (Bouchard-Knoten) zeigen. Dagegen handelt es sich bei der Herberden-Arthrose um eine Arthrose der Fingerendgelenke mit typischen zweihöckrigen Knoten (Herberden-Knoten) ebenfalls an der Streckseite.

Besonders lästig ist die Rhizarthrose, eine Arthrose des Daumensattelgelenkes, die mit massiven Knorpelschäden und starken Bewegungsschmerzen einhergeht.

Genetische und hormonelle Faktoren spielen neben langfristigen Überlastungen eine Rolle. Daher sind ältere Frauen überproportional häufig betroffen. Bei einer akuten Arthrose (aktivierte Arthrose) werden entzündungshemmende Medikamente gegeben, ruhig gestellt und gekühlt. Im chronischen Stadium sind regelmäßige Übungen wie Kneten mit warmem Sand indiziert, um beweglich zu bleiben.

Bei ausgeprägten Schäden können Operationen zumindest einige Handfunktionen wieder herstellen.

Rheumatoide Arthritis

Neben lokalen degenerativen Prozessen führen auch viele rheumatische Erkrankungen zu Arthrosen und Arthritiden im Handbereich, am häufigsten die rheumatoide Arthritis.

Die Verteilung betroffener Gelenke weist auf die Ursache hin: Während bei Fingerarthrosen neben dem Daumengrundgelenk v. a. Fingermittel- und -endgelenke betroffen sind, befällt die rheumatoide Arthritis in erster Linie die Handwurzel, Fingergrund- und -mittelgelenke sowie das Daumenendgelenk. Die Psoriasis-Arthritis schließlich befällt den 1. und 2. Strahl (Daumen und Zeigefinger) sowie die Fingerendgelenke.

Die Therapie bei der rheumatoiden Arthritis umfasst neben der antientzündlichen Basistherapie v. a. eine regelmäßige, zweimal täglich durchzuführende Krankengymnastik. Sie ist die beste Methode, Kontrakturen zu verhindern und einer Muskelschwäche vorzubeugen. Kühlungen helfen allenfalls in entzündlichen Schüben. Ansonsten muss der Betroffene oft ausprobieren, was ihm gut tut. In ausgeprägten Fällen sind oft eine Synovektomie (Gelenkschleimhautentfernung), Gelenkversteifungen oder -ersatz angezeigt.

Im akuten Gichtanfall meldet sich typischerweise das Großzehengrundgelenk mit fast unerträglichen Dauerschmerzen, gelegentlich das Knie, nur selten dagegen Hand- und Fingergelenke. Bei chronischer Gicht hingegen schmerzen auch die Fingergelenke. Die Therapie besteht aus Allopurinol sowie einer entsprechenden purinarmen Ernährung und Gewichtsreduktion.

Schnellender Finger

Beim ebenfalls häufigen "schnellenden Finger" (Digitus saltans, Tendovaginitis stenosans) blockiert eine Verdickung einer Beugesehne und eines Ringbandes am Fingergrundgelenk die Beugung und Streckung des Fingers. Erst nach Überwinden des Widerstandes schnellt der Finger ruckartig in die Beugung oder Streckung. Helfen Ruhigstellung, Kühlung und Entzündungshemmung nicht, wird das Ringband in einem kleinen Eingriff gespalten.

Raynaud-Syndrom

Fast genauso häufig ist das Raynaud-Syndrom. Bei der primären Form sind v. a. junge Frauen betroffen. Das sekundäre Raynaud-Syndrom ist eine Begleiterscheinung vieler anderer Erkrankungen, am häufigsten der Sklerodermie und des Lupus erythematodes. Die Finger werden plötzlich blass, Parästhesien und Schmerzen treten auf. Nach Minuten werden die Finger blau oder röten sich überschießend. Seltener sind Zehen, Ohrmuscheln, Nase oder Brustwarzen betroffen. Auslöser sind oft Kälte oder Stress.

Reichen Kälteschutz und Stressmanagement nicht aus, helfen Calciumantagonisten wie Nifedipin oder Nitrate.

Viel seltener als an den Füßen sind Durchblutungsstörungen und Polyneuropathien Ursache für vergleichbare Schmerzen an der Hand. In der Regel lässt sich eine Polyneuropathie zunächst an den Füßen nachweisen. Chronischer Alkholmissbrauch ist typischerweise die Ursache.

Nach sorgfältiger Diagnostik erlaubt ein optimales Zusammenspiel von Pharmakotherapie, Krankengymnastik und gezielten operativen Eingriffen fast immer den dauerhaften und schmerzfreien Gebrauch des Werkzeugs Hand.

 

Quellen

Fauci, A. S. et al.: Harrisons Innere Medizin, 17. Auflage 2009, ABW, Berlin

Niethard, F. U. et al: Orthopädie und Unfallchirurgie, 6.Aufl. 2009, Thieme-Verlag Stuttgart

Schäffler, A. (Hrsg.): Gesundheit heute, 2. Aufl. 2009, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart

 

Autor
Dr. A. Schäffler, Schäffler & Kollegen, Augsburg, www.schaeffler.cc

Ursachen für Schmerzen in den Händen
Ziehende Schmerzen nach ungewohnter oder monotoner Tätigkeit, z. B. Tippen
  • Schmerzen später auch in Ruhe
Sehnenscheidenentzündung
(Tendovaginitis)
Bewegungs- und Druckschmerzen am seitlichen Handgelenk , z. B. bei Tennisspielern
Styloiditis ulnae oder radii (Entzündung am Griffelfortsatz der
Elle bzw. Speiche)
Schmerzen, Kribbeln, Taubheitsgefühl an Fingerspitzen (außer kleinem Finger), evtl. auch Innenhand und Unterarm
  • nachts eingeschlafene Hand
Karpaltunnel-Syndrom
Langsam zunehmende Bewegungsschmerzen in Fingergelenken

  • knotige Auftreibung, zeitweise auch Schwellung und Rötung
  • morgendliche Steifigkeit
  • später auch Ruheschmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit
Arthrosen der Fingergelenke
(Fingerpolyarthrose), als
  • Bouchard-Arthrose in den
    Fingermittelgelenken
  • Heberden-Arthrose in den
    Fingerendgelenken
Zunehmende Schmerzen im untersten Daumengelenk

  • Kraftlosigkeit im Daumen
  • evtl. druckschmerzhafte Schwellung
Rhizarthrose (Arthrose des Gelenks zwischen Handwurzel und erstem Mittelhandknochen)
Zunehmende Bewegungs-, später auch Ruheschmerzen im Handgelenk

  • Zunehmende Einschränkung der Bewegungsfähigkeit
  • Evtl. Schwellung und Rötung
  • Handgelenksarthrose
  • Lunatummalazie (Absterben des Mondbeins), z. B. bei
    langjährigem Umgang mit vibrierenden Maschinen
Schubweise, meist symmetrische Schmerzen in Fingergrund- und -mittelgelenken

  • morgendliche Steifigkeit der Finger
  • spindelförmige Schwellungen
  • starker Druckschmerz z. B. beim Händedruck
  • oft auch andere Gelenke betroffen
Rheumatoide Arthritis, juvenile Arthritis
Schubweise auftretende, asymmetrische Schmerzen und Schwellungen an Finger- und Zehengelenken

  • schuppige Hautausschläge
Psoriasis-Arthritis (Arthritis bei Schuppenflechte)
Starke Schmerzen meist des Großzehengrundgelenkes , Rötung, sehr berührungsempfindlich
  • gelegentlich Knie, selten Fingergelenke
Gichtanfall
Bei chronischer Gicht häufiger schmerzende Fingergelenke
Schmerzhafte Streck- und evtl. Beugehemmung in Fingergrundgelenken

  • Überwinden des Widerstandes führt zu schmerzhaftem Schnappen
  • Druckschmerz und evtl. Knoten an der Beugeseite des Gelenks
Schnellender Finger,
gehäuft bei Sehnenscheidenentzündung, rheumatoider Arthritis, Karpaltunnel-Syndrom, Gicht, Diabetes
Anfallartige, scharf begrenzte Weißfärbung von Fingern mit Taubheitsgefühl, Kribbeln und Schmerzen
  • meist ausgelöst durch Stress oder Kälte
Raynaud-Phänomen, oft als Begleiterscheinung rheumatologischer Erkrankungen wie Lupus erythematodes, Sklerodermie

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