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Neuer Chef, neue Verträge?

Wenn eine Apotheke von ihrem bisherigen Inhaber verkauft wird, versucht der künftige Chef häufig schon vor "Amtsantritt", durch neue Arbeitsverträge Realitäten zu schaffen. Doch müssen sich die Mitarbeiter das gefallen lassen?

Auf der Teamsitzung Anfang Oktober war die Bombe geplatzt: Apotheker A. hatte seinen Betrieb zum Jahresende an einen jüngeren Kollegen verkauft. Der künftige Chef sprach kurz über seine Pläne für die Zukunft, unter anderem war von längeren Öffnungszeiten die Rede – und außerdem hatte er neue Verträge für die angestellten Kolleginnen und Kollegen mitgebracht. Einige von ihnen unterschrieben gleich – aus Angst, sonst nicht übernommen zu werden. Dabei akzeptierten sie eine Veränderung ihrer Wochenarbeitszeiten, die nicht in ihrem Interesse war. Zwei Gewerkschaftsmitglieder aus dem Team wandten sich an die ADEXA-Rechtsberatung. Die Rechtsexpertinnen gaben die Auskunft, dass Angestellte bei einem Betriebsübergang Anspruch auf Übernahme und Weiterbestehen der bisherigen Verträge haben. Aufgrund dieser Information konnten sie ihre alten Verträge behalten. Die von den anderen Kolleginnen bereits unterschriebenen Neuverträge wurden allerdings nicht zurückgenommen. Soweit die Geschichte, die auf einem realen Fall beruht.

"Hey, alles glänzt, so schön neu. Hey, wenns dir nicht gefällt, mach neu. "

Peter Fox, Stadtaffe: Alles neu


Achtung: Für neue Apothekeninhaber gilt das nicht uneingeschränkt!

Rechte und Pflichten bleiben gleich

Ein Betriebsübergang ist generell mit Risiken für die betroffenen Arbeitnehmer verbunden. Für einen gewissen Schutz sorgt § 613a BGB. Dort ist sichergestellt, dass die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber mit übergehen. Auch Gehälter, Sonderzahlungen, Urlaubsregelungen u. a., der sogenannte "soziale Besitzstand", sind für eine begrenzte Zeit und in gewissem Umfang gesichert.

Ein neuer Apothekeninhaber übernimmt die Rechte und Pflichten des bisherigen Chefs. Für arbeitsvertragliche Regelungen, die nicht dem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung unterliegen, gilt: Wenn der Betriebsübergang erfolgt ist, kann der neue Inhaber vor Ablauf der Jahresfrist die Bestimmungen der bestehenden Arbeitsverträge nur soweit verändern, wie dies der alte Arbeitgeber auch hätte tun können. Dies kann durch einen Änderungsvertrag, einen neuen Vertrag oder eine Änderungskündigung erfolgen. Ein Änderungsvertrag oder neuer Vertrag setzt beiderseitiges Einverständnis, d. h. die Einigung mit dem Arbeitnehmer voraus. Die Änderungskündigung ist nach den allgemeinen Regeln überprüfbar.

Wenn sich die Rechte und Pflichten durch die Tarifbindung des alten Leiters ergeben, der neue Inhaber aber kein Mitglied seiner Tariforganisation ist, darf erst nach Ablauf von einem Jahr zuungunsten der Arbeitnehmer davon abgewichen werden. Diese Jahresfrist gilt auch für Betriebsvereinbarungen.

Für Ansprüche der Arbeitnehmer, zum Beispiel Sonderzahlungen oder Urlaubsansprüche, die im Jahr nach dem Betriebsübergang fällig werden, haftet der neue Inhaber.

Informationspflicht

§ 613a BGB regelt auch, dass alle betroffenen Arbeitnehmer vom alten oder neuen Chef noch vor der Übernahme schriftlich informiert werden müssen. Dabei geht es um folgende Punkte:

  • (geplanter) Zeitpunkt des Übergangs
  • Grund für den Betriebsübergang
  • rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen für die Mitarbeiter
  • geplante Maßnahmen, die die Arbeitnehmer betreffen.

Innerhalb eines Monats nach dieser schriftlichen Unterrichtung kann ein Arbeitnehmer dem alten oder neuen Chef gegenüber Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses einlegen.

Keine neuen Verträge unterschreiben!

Neue Verträge sind bei einem Betriebsübergang nicht erforderlich! Da sie häufig schlechter sind als die bisherigen, sollten ADEXA-Mitglieder grundsätzlich keine neuen Verträge unterschreiben. Gegebenenfalls können der alte Vertrag und der neue Vertragsentwurf im Justiziariat geprüft werden.

Kündigung wegen Betriebsübergang ist unwirksam

Eine Kündigung – sei es durch den alten Chef, der seine Apotheke dadurch "attraktiver" zu machen hofft, sei es durch die neue Leitung, der die eine oder andere "Nase" nicht passt – ist unwirksam, wenn sie allein durch den Betriebsübergang begründet ist. Andere Kündigungsgründe, zum Beispiel eine fristlose Kündigung wegen geschäftsschädigendem Verhalten, sind davon unberührt.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

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