Medizin

Was steckt eigentlich hinter… Leberwerten?

Die Leber ist mit 1,5 kg eines der größten Organe des Menschen und hat eine zentrale Stellung im Stoffwechsel: Sie produziert die Galle, ist an vielen Schritten des Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels beteiligt und entgiftet u. a. Alkohol, Ammoniak und viele Medikamente. Vor allem Alkohol macht der Leber aber auch zu schaffen: Jede zweite Lebererkrankung ist auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen.

Bei der Diagnostik und Verlaufskontrolle spielen die Laborwerte neben den bildgebenden Verfahren eine wichtige Rolle. Laborwerte zeigen das Ausmaß von Leberzellschäden und Störungen der Syntheseleistungen gut an. Die serologischen Untersuchungen identifizieren meistens auch die Ursache einer Hepatitis.

Leberzellschäden

Folgende Enzyme zeigen Leberzellschäden an: Gamma-Glutamyltransferase (γ-GT), Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT), Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) und Glutamat-Dehydrogenase (GLDH). Auf die Ursache geben sie allerdings nur Hinweise.

Die γ-GT findet sich in höheren Konzentrationen auch in den Nieren und im Dünndarm, die im Blut messbare γ-GT kommt aber fast immer aus der Leber. Da die γ-GT außen an der Zellmembran sitzt, führen schon leichte Schäden zur Freisetzung. Die γ-GT ist daher ein früher und empfindlicher Parameter, allerdings auch sehr unspezifisch.

Die GPT liegt v. a. im Zytoplasma von Leberzellen vor und taucht schon bei leichten Leberschäden vermehrt im Blut auf. Sie eignet sich mit einer Sensitivität von > 80% als Suchtest auf Lebererkrankungen.

Die GOT kommt neben Leberzellen auch in Herzmuskel- und Muskelzellen vor. Da sich 2/3 der GOT in den Mitochondrien befinden, ist ihr Wert v. a. beim Untergang von Zellen erhöht. Sie eignet sich zur Beurteilung der Schwere von Leberschäden, besonders in Kombination mit dem GPT-Wert, da bei Leberzellschäden die GOT stärker als die GPT ansteigt.

Die Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) kommt zwar überall im Körper vor, in besonders hoher Konzentration aber in der Leber. Die GLDH befindet sich vollständig in den Mitochondrien und gelangt nur bei schweren Lebererkrankungen mit Untergang von Leberzellen ins Blut.

Die Zusammenschau von γ-GT, GPT, GOT und GLDH erlaubt eine Einteilung der Schwere des Leberschadens:

  • leicht: nur γ-GT erhöht
  • mittel: zusätzlich Anstieg der GOT und v. a. der GPT
  • schwer: weiterer Anstieg der GOT und Anstieg der GLDH.

Von den alkalischen Phosphatasen (AP) sind diagnostisch die Leber-AP und die Knochen-AP am bedeutsamsten. Meist reicht die Bestimmung der Gesamt-AP, die v. a. bei unklaren Knochen-, Leber- oder Gallenwegserkrankungen gemacht wird.

 

LeberwerteNormalbereich im Blut
 FrauenMänner
Gamma-Glutamyltransferase ( -GT)< 38 U/l< 55 U/l
Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)
Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)
< 35 U/l< 50 U/l
Glutamat-Dehydrogenase (GLDH)< 5 U/l< 7 U/l
Cholin-Esterase (ChE)

4,9 – 12,0 kU/l

Schwangere, Einnahme von 
Kontrazeptiva: 3,7 – 9,1 kU/l

Albumin

1 – 60 Jahre: 35 – 53 g/l

> 60 Jahre: geringere Werte

Quickwertje nach Methode: 70 –130%. 
INR (international normalized ratio): 0,85 –1,15
Alkalische Phosphatasen (AP)< 105 U/l< 130 U/l
Alpha-Fetoprotein (AFP)  

Syntheseleistung

Die Syntheseleistung der Leber lässt sich u. a. an der Cholinesterase (ChE), am Albumin und am Quickwert abschätzen.

Die ChE inaktiviert den Neurotransmitter Acetylcholin, der u. a. die Muskelkontraktion vermittelt. Sie wird bei Lebererkrankungen und Verdacht auf Pestizidvergiftung bestimmt. Vor Narkosen wird die ChE bei Verdacht auf einen genetisch bedingten verzögerten Abbau des Muskelrelaxans Succinylcholin gemessen.

Erhöhte ChE-Werte kommen auch beim Diabetes und bei Fettstoffwechselstörungen vor, spielen aber keine diagnostische Rolle.

Albumin wird in der Leber gebildet und ist das wichtigste Transportprotein im Blut. Es macht 55 bis 70% der Bluteiweiße aus und ist damit hauptverantwortlich für den kolloidosmotischen Druck.

Der Quickwert (Thromboplastinteit, TPZ) wird zur Kontrolle einer Cumarintherapie gemessen, wird aber auch zum Screening vor Operationen und zur Kontrolle bei schweren Lebererkrankungen eingesetzt.

Alkoholmissbrauch

Leberzellen werden durch die toxische Wirkung der Alkoholabbauprodukte geschädigt. Eine Fehl- und Mangelernährung kommt oft hinzu, später die Folgen der verminderten Synthese- und Entgiftungsleistung der Leber. Laborchemisch zeigen sich v. a. eine erhöhte γ-GT, AP, GOT und GPT.

Ein spezifischer Wert ist das Carbohydrate-deficient transferrin (CDT), das allerdings erst bei einem Alkoholkonsum von über 50 bis 80 g pro Tag über mehr als eine Woche sicher erhöht ist. CDT wird v. a. zur Abstinenzkontrolle und forensisch bestimmt.

Virushepatitis

Nach dem Alkohol sind Virushepatitiden die zweithäufigste Ursache für Leberschäden. Sechs bekannte Hepatitis-Viren können eine akute oder chronische Hepatitis hervorrufen. Sie können anhand der Symptome weder untereinander noch von einer Mitentzündung der Leber im Rahmen anderer Virusinfektionen abgegrenzt werden.

Die Labordiagnostik

  • zeigt die Schwere der Entzündung an, u. a. mit γ-GT, GPT, ChE,
  • bestimmt serologisch das ursächliche Virus: zuerst Suchtests auf die in Deutschland häufigen Hepatitis-Viren A bis C, bei negativem Ergebnis auf die selteneren Hepatitis-Viren.

Bilirubin

In der Leber wird das an Albumin gekoppelte, indirekte Bilirubin glukuroniert. Das entstandene wasserlösliche, direkte Bilirubin wird mit der Galle ausgeschieden. Bei Leberschäden sind daher sowohl direktes wie indirektes Bilirubin in variablem Verhältnis erhöht.

Alpha-Fetoprotein

Das Alpha-Fetoprotein (AFP) ist ein Tumormarker für Keimzell- und Leberzelltumoren. Eine Bestimmung ist daher nur im Rahmen einer Tumortherapie oder bei hohem Tumorrisiko sinnvoll.

IGeL: Leber-Check

Die Bestimmung von Leberwerten wird oft im Rahmen von IGeL empfohlen. Das scheint zwar sinnvoll zu sein, da Lebererkrankungen verhältnismäßig häufig sind und anfangs keine oder nur unspezifische Beschwerden verursachen. Andererseits gibt es keine Studien zur Evidenz routinemäßiger Leberwertbestimmungen bei Beschwerdefreiheit. Beschwerdefreie Menschen, die keine Drogen nehmen, wenig Alkohol trinken, keinen ungeschützten Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern haben und keine Blutprodukte erhalten haben, leiden sehr wahrscheinlich nicht an einer Lebererkrankung.

Bei einem Screening reichen meistens γ-GT, GPT und ChE. Damit wird eine Lebererkrankung mit über 95%-iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.

 

Quellen

Schäffler, A.; Menche, N. (Hrsg.): Gesundheit heute Laborwerte, Knaur, München. 1. Aufl.

Thomas, L.: Labor und Diagnose, 7. Aufl., TH-Books2007

 


Autor 

Dr. med. Arne Schäffler & Kollegen, Augsburg, www.schaeffler.cc

Wert
Veränderungen
γ-GT
erhöht:
  • Galleabflussstörungen
  • akute Hepatitis
  • Leberdurchblutungsstörungen
  • Alkoholmissbrauch. Andere Leberwerte oft noch normal
  • Herzinfarkt
  • Antiepileptika, Antirheumatika, Diuretika, Kontrazeptiva
  • Schwangerschaft
GPT
erhöht: Lebererkrankungen jeder Ursache
GOT
erhöht:
  • Leberzellschäden
  • Herzinfarkt
  • Muskelerkrankungen
GLDH
  • erhöht: Lebererkrankungen jeder Ursache mit Leberzelluntergang
  • stärkste Erhöhungen bei Pilzvergiftungen, akuten Durchblutungsstörungen der Leber, akuter Gallenwegsverlegung
AP
erhöht:
  • Leber- und Gallenwegserkrankungen, v. a. bei Gallenstau
  • Knochenerkrankungen mit vermehrter Knochenbildung
  • Hyperparathyreopidismus
  • Medikamente, z. B. ACE-Hemmer, Allopurinol, Antidepressiva, Paracetamol, NSAR, Tetracyclin
erniedrigt:
  • oft ohne Krankheitswert
  • Kontrazeptiva, Hypothyreose
ChE
erniedrigt:
  • eingeschränkte Leberfunktion, z. B. Leberzirrhose, chronische Hepatitis
  • Schock, schwere Erkrankungen
  • Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
  • Mangelernährung
  • Knollenblätterpilz-, Pestizid-
    vergiftung
leicht erniedrigt:
  • angeborene ChE-Varianten
  • Schwangerschaft
Albumin
erhöht: Exsikkose
erniedrigt:
  • schwere Entzündungen,
    Verbrennungen
  • chronische Lebererkrankungen
  • Eiweißverlust über die Nieren oder den Darm
  • Überwässerung
  • Eiweißmangelernährung
  • Schwangerschaft
Quickwert
erniedrigt (INR erhöht):
  • Cumarintherapie
  • Vitamin-K-Mangel
  • schwere Lebererkrankungen
  • Gerinnungsfaktorenmangel
  • Verbrauchskoagulopathie
CDT
erhöht: Alkoholmissbrauch, Lebererkrankungen, Transferrin-Varianten

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.