DAZ aktuell

Vorgehensweise für Musterprozess vereinbart

BERLIN (tmb). Der Musterprozess zum Umgang mit den Rabattverträgen wurde seit Monaten angekündigt. Nun sind die Weichen gestellt. In dem Streitverfahren soll das Bundessozialgericht entscheiden, ob Retaxationen auf null zulässig sind, wenn Apotheken anstelle eines Rabattarzneimittels ein anderes Produkt ohne Rabattvertrag abgeben. Jetzt muss jeder einzelne Apothekenleiter entscheiden, ob er der Vereinbarung mit den Krankenkassen beitreten will.
Falsches Präparat, null Erstattung? Ob diese Vorgehensweise der Kassen bei Abgabe eines Nicht-Rabattarzneimittels rechtens ist, soll im Musterprozess des DAV geklärt werden.
Foto: ABDA

Der Deutsche Apothekerverband und die Techniker Krankenkasse haben eine Musterstreitvereinbarung geschlossen, in der die Einzelheiten der gemeinsam angestrebten Prozesse geregelt sind. Nach der DAZ vorliegenden Informationen sind neben der Techniker Krankenkasse bisher die KKH, die Schwäbisch Gmünder und die Hamburg Münchener Krankenkasse der Vereinbarung beigetreten. Möglicherweise werden sich noch weitere Ersatzkassen anschließen. Für die Prozesse wurden Fälle aus zwei Apotheken in Schleswig-Holstein ausgewählt, bei denen nur die Frage strittig ist, ob die Krankenkasse eine Retaxation in voller Höhe vornehmen darf, wenn trotz gültigen Rabattvertrags ein Nicht-Rabattarzneimittel abgegeben wurde. Der Prozess dient gemäß der getroffenen Vereinbarung ausschließlich der Klärung der Frage, wie in einem solchen Fall zu verfahren ist. Andere Rechtsfragen oder sonstige Aspekte von Retaxationen sind hier nicht betroffen. Die Vertragspartner der Musterstreitvereinbarung streben eine Klärung durch das Bundessozialgericht an und wollen durch eine Sprungrevision möglichst schnell vor diese höchste Instanz gelangen. Dennoch dürfte ein solches Verfahren Jahre in Anspruch nehmen. Immerhin sieht die Musterstreitvereinbarung auch die Möglichkeit vor, zwischenzeitlich eine gütliche Einigung zu erzielen.

Einzelbeitritt gefragt

Nun sind die einzelnen Apothekenleiter gefragt, ob sie der Vereinbarung beitreten. Wenn der Beitritt den Ersatzkassen bis zum 15. Februar gemeldet wird, werden alle Vollabsetzungen wegen Nichtabgabe von Rabattarzneimitteln für die beigetretenen Apotheken in den Prozess einbezogen. Wenn Apotheken der Vereinbarung erst später beitreten, gilt die Regelung rückwirkend für Beanstandungen des Monats vor dem Meldetermin, aber nicht mehr für ältere Retaxationen. Dies dürfte insbesondere für Apotheken interessant sein, die bisher nicht retaxiert wurden und künftig erstmals eine solche Nullretaxation erhalten. Die Apotheken können ihre Teilnahme gegenüber ihrem Landesapothekerverband erklären, der auch für weitere Informationen zum Verfahren zuständig ist. Apotheken, die nicht Mitglied in einem Landesapothekerverband sind, können ihren Beitritt zur Vereinbarung über den Apothekerverband ihres Landes oder gegenüber dem Verband der Ersatzkassen erklären.

Interimsregelung

Wenn die beteiligten Krankenkassen bei den beigetretenen Apotheken künftig Fälle feststellen, bei denen trotz Rabattvertrags Nicht-Rabattarzneimittel angegeben wurden, wird die Retaxation 50 Prozent, aber maximal 25 Euro pro Packung einschließlich Mehrwertsteuer betragen. Vollabsetzungen wird es dann nicht mehr geben. Dies gilt allerdings erst für Retaxationen, die nach dem 1. Januar 2009 ausgesprochen werden. Sobald einer der Musterstreitfälle durch das Bundessozialgericht entschieden ist, sollen alle von der Musterstreitvereinbarung erfassten Fälle im Sinne der Gerichtsentscheidung gehandhabt werden. Auf die unterlegene Seite könnten dann erhebliche Belastungen zukommen.

Da die Musterstreitvereinbarung nur die Frage der Rechtmäßigkeit von Vollabsetzungen bei Nicht-Abgabe von Rabattarzneimitteln berührt, müssen alle anderen Rechtsfragen weiterhin auf den üblichen Rechtswegen geklärt werden. Daher sind weiterhin die üblichen Einspruchsfristen zu wahren. Für die beigetretenen Apotheken erübrigen sich nur die Einsprüche hinsichtlich der vom Musterverfahren betroffenen Fälle. Diese sollen von den Krankenkassen entsprechend gekennzeichnet werden.


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Rabattverträge

25.000 Rabattarzneimittel


BERLIN (ks). Mit mehr als 25.000 Rabattarzneimitteln gehen die gesetzlichen Krankenkassen ins Jahr 2009.

Für die korrekte Zuordnung all dieser Rabattverträge zu den einzelnen Versicherten müssen nach Berechnungen der ABDA derzeit mehr als 20 Millionen Datensätze in den Computern der Apotheken verarbeitet werden. Den Apotheken bescheren die Rabattverträge durch den hohen Erklärungsbedarf gegenüber den Patienten und die anspruchsvollere Logistik weiterhin erheblichen Zusatzaufwand. "Von Anfang an setzen die Apotheken die Rabattverträge konsequent in die Praxis um", betonte der DAV-Vorsitzende Fritz Becker am 19. Januar in Berlin. "Wir leisten somit unseren Beitrag, um die Ausgabensteigerungen zu dämpfen".

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