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Arzneimittel und Therapie
Plötzlicher Herztod unteratypischen Neuroleptika
Dass klassische (typische) Neuroleptika wie Haloperidol und Thioridazin dosisabhängig das QT-Intervall verlängern und das Risiko für schwere ventrikuläre Arrhythmien (Torsades de pointes) und plötzlichen Herztod erhöhen, ist bekannt. Zudem müssen die antipsychotischen Wirkungen mit extrapyrimidal-motorischen Nebenwirkungen erkauft werden. Da mit den neueren atypischen Neuroleptika Clozapin, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon das Problem extrapyrimidale Nebenwirkungen umgangen werden kann, haben sie die alten weitgehend aus der Therapie verdrängt. Doch über das kardiale Sicherheitsprofil dieser neuen Substanzen ist wenig bekannt, obwohl kardiale Effekte nicht auszuschließen sind. Denn auch Vertreter dieser Klasse blockieren Kalium-Kanäle und verlängern die ventrikuläre Repolarisation. Darüber hinaus lassen sich bei einigen von ihnen ähnliche elektrophysiologische Effekte wie unter den klassischen Vertretern beobachten und es liegen Berichte über Torsade-de-pointes-Reaktionen unter atypischen Neuroleptika vor.
Vor diesem Hintergrund sind amerikanische Forscher um Wayne Ray der Frage nachgegangen, ob auch unter den neuen atypischen Neuroleptika die Gefahr für einen plötzlichen Herztod steigt. Dazu haben sie anhand von Medicaid-Daten des Staates Tennessee eine retrospektive Kohortenanalyse durchgeführt und konnten auf Daten von 93.307 Patienten zurückgreifen, die in der Zeit von 1990 bis 2005 mit klassischen (n = 44.218) oder atypischen Neuroleptika (n = 46.089) behandelt worden waren. Verglichen wurden diese Daten mit denen von 186.000 Patienten, die nicht mit Neuroleptika behandelt worden waren. Wie erwartet war unter den klassischen Neuroleptika das Risiko für einen plötzlichen Herztod im Vergleich zu Nichtanwendern erhöht. Die Autoren ermittelten eine relative Inzidenzrate von 1,99. Überraschend war, dass die Anwendung atypischer Neuroleptika mit einem noch größeren Risiko für einen plötzlichen Herztod einherging. Die relative Inzidenzrate bezogen auf Nichtanwender lag hier bei 2,26, bezogen auf Anwender der klassischen Neuroleptika bei 1,14. Sowohl für klassische als auch für atypische Neuroleptika steigt das Risiko dosisabhängig:
- die relative Inzidenzrate wird für niedrige Dosierungen von klassischen Neuroleptika mit 1,31 angegeben, für hohe mit 2,42.
- die relative Inzidenzrate für niedrige Dosierungen von typischen Neuroleptika liegt bei 1,59, für hohe Dosierungen bei 2,86.
Die Studiendaten geben keinen Aufschluss darüber, über welchen Mechanismus die einzelnen Antipsychotika zu dem plötzlichen Herztod führen. Die Autoren halten es jedoch für wahrscheinlich, dass schwere ventrikuläre Arrhythmien beispielsweise als Folge einer Kalium-Kanal-Blockade oder einer verlängerten kardialen Repolarisation für den plötzlichen Herztod verantwortlich sind.
Während die Autoren aus ihrer Studie keine Empfehlungen für die Therapie ableiten, wird in einem Editorial zu der Publikation vorgeschlagen, vor Beginn einer Behandlung mit Antipsychotika und kurz nach Behandlungsbeginn ein EKG anzufertigen oder zumindest vor Beginn einer hochdosierten Antipsychotikatherapie ein Screening auf ein verlängertes QT-Intervall durchzuführen. Denn eine Studie habe ergeben, dass bei 3% der mit Risperidon und Quetiapin behandelten Schizophrenie-Patienten das QT-Intervall verlängert war. Findet man ein verlängertes QT-Intervall, dann bestehe die Möglichkeit, die Dosis zur reduzieren oder das Antipsychotikum abzusetzen. Bei Weiterbehandlung raten die Autoren des Editorials zu engmaschigen EKG-Kontrollen. Empfohlen wird auch, die laufende Medikation auf QT-Zeit-verlängernde Interaktionen hin zu überprüfen.
Quellen
Ray W et al.: Atypical Antipsychotic Drugs and the Risk of Sudden Cardiac Death. N Engl J Med 2009; 360: 225 – 235
Schneeweiss MD, Avorn J: Antipsychotic Agents and Sudden Cardiac Death – How Should We Manage the Risk? N Engl J Med 2009; 306: 294 – 296
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